Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Rückenschmerzen lindern im Team
Im St. Elisabeth-Hospital in Lank suchen auch Patienten mit chronischen Schmerzen Hilfe.
Schmerzen sind ein Warnsignal. Sie schaffen Aufmerksamkeit dafür, dass etwas nicht stimmt. Bei Rückenschmerzen etwa kann ein Bandscheibenvorfall oder eine Entzündung der Wirbelsäule die Ursache sein. „Das sind spezifische Rückenschmerzen mit einem darstellbaren, behandelbaren Grund“, sagt Tilmann Lewan, Chefarzt der Klinik für Konservative Orthopädie und Schmerztherapie des St. Elisabeth-Hospitals in Meerbusch-Lank. Menschen, die mit spezifischen Rückenschmerzen zum Arzt gehen und in die Klinik kommen, machen jedoch nur eine Minderheit aus. Der Großteil der Patienten leidet an unspezifischen Rückenschmerzen, die ohne erkennbaren Grund auftreten. Etwa beim Hexenschuss. Der Patient steigt aus dem Auto, plötzlich fährt ihm ein scharfer Schmerz durch den Rücken und schränkt seine Bewegungsmöglichkeit stark ein. Aber: „Bewegung zu vermeiden ist der größte Fehler bei Rückenschmerzen“, erklärt Lewan.
Besser sei es, so bald wie möglich wieder in die Bewegung zu kommen. Dazu: „Geduld, Wärme, Gelassenheit und das Bewusstsein, dass bald eine Besserung eintritt“– das sorge für die nötige Entspannung.
Angesichts oft starker Schmerzen möchten viele Patienten aber genau wissen, was die Ursache für ihre Beschwerden ist und lassen sich von Lewan und seinem Experten-Team untersuchen. Wichtig ist zunächst, dass ernsthafte Erkrankungen wie
etwa ein Tumor ausgeschlossen werden, so der Chefarzt.
Ist geklärt, dass es sich um unspezifische Schmerzen handelt, dann sind zur weiteren Klärung bildgebende Verfahren wie Röntgen und
MRT eher selten notwendig. Darauf weisen auch die Leitlinien zur Behandlung hin. Meist lassen sich wichtige Informationen über den Bewegungsapparat über eine gute manuelle Untersuchung ertasten.
Bei der ausführlichen Anamnese gehört das Gespräch mit dem Patienten ebenso dazu wie die körperliche Untersuchung und die Beobachtung seiner Bewegungen. Um den Gründen für den Schmerz auf die Spur zu kommen, ist es hilfreich zu verstehen, dass verschiedene Faktoren zusammenwirken. Die Experten sprechen von einem bio-psycho-sozialen Schmerzmodell.
Biologische Grundlagen wie Muskulatur, Gelenke, Nerven und Hormone sind nur eine Ebene. Gedanken, Gefühle, Stimmung und Verhalten beeinflussen den Schmerz ebenfalls. Eine weitere Rolle spielt das Umfeld mit Arbeit, Familie und Freizeit und weiteren Kontakten. Halten unspezifische Rückenschmerzen über mehrere Wochen an, sei wichtig abzuklären, ob der Patient Stress am Arbeitsplatz oder familiäre Belastungen hat. „Persönliche Konflikte, Traumata und vieles andere – alles kann Schmerzen andauern lassen oder gar erzeugen“, so Tilmann Lewan.
Werden solche Faktoren ausgespart, kann dies im ungünstigsten Fall zu chronischem Schmerz führen. „Dabei handelt es sich um eine Schmerzstörung. Die Beschwerden werden als stark empfunden, obwohl kein Schaden vorliegt. Dennoch handelt es sich nicht um eine Einbildung, denn der Schmerz ist da“, sagt Lewan.
So behandelte sein Team zum Beispiel einen Patienten, der von seinem Hausarzt gegen seine nicht endenden Schmerzen über Jahre hinweg immer höher dosierte und schließlich opiathaltige Schmerzmittel bekam. Dabei geriet der Patient in eine Medikamentenabhängigkeit. In der Klinik machte er erst einen Entzug.
Bei der in Meerbusch angewandten „mulitmodalen Schmerzbehandlung“lernte der Patient, anders mit seinen Beschwerden umzugehen. Bei diesem fächerübergreifenden Ansatz arbeiten Fachärzte, Physio- und Ergotherapeuten, Psychologen, Pfleger und Sozialarbeiter zusammen. „Auch der Patient ist ein Teil des Therapieteams“, erklärt Chefarzt Lewan. Mit der Unterstützung der Therapeuten erweitert der Patient seine Bewegungsund Handlungsspielräume. Dabei macht er die Erfahrung, dass er Einfluss nehmen kann und dem Schmerz nicht hilflos ausgeliefert ist. Außerdem erlebt er, dass dazu nicht immer eine Operation notwendig ist.