Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Winter an der Strümper Straße
Eine Heizung gibt es nicht, die Bewohner heizen mit Öfen. Dabei entzündete sich ein Feuer. Die Vorbereitungen für den Neubau laufen.
MEERBUSCH Die Tage der Obdachlosenunterkunft an der Strümper Straße sind gezählt. Im September 2022 war nach langer Diskussion beschlossen worden, die Gebäude abzureißen und am Standort eine neue Unterkunft zu errichten. So soll zum einen der dringende Bedarf nach mehr Kapazitäten erfüllt werden, zum anderen auch eine moderne Form der Unterbringung ermöglicht werden. Bis es soweit ist, müssen die Bewohner mit den aktuellen Verhältnissen zurecht kommen.
Dazu gehört auch, bei den winterlichen Temperaturen sehr relevant, dass es in den Häusern der Obdachlosenunterkunft keine Heizungen gibt, sondern jede Wohneinheit lediglich mit einem Ofen ausgestattet ist. Die Bewohner der Unterkunft heizen selbst. Wer Transferleistungen bezieht, kann hier beim Jobcenter oder Sozialamt den sogenannten Winterbrand, eine Beihilfe für Brennstoff, beantragen und bekommt dann Holz oder Kohle geliefert. Selbstzahler müssen sich eigenständig um Heizmaterial kümmern. „Es muss also niemand frieren, der sein Heizmaterial sachgemäß verwendet“, betont ein Sprecher der Stadt auf Nachfrage unserer Redaktion. Klagen über zu kalte Räume habe es bislang nicht gegeben.
Einer der Bewohner der Unterkunft ist Michael, 34, aus Lank. Er wohnt seit einem Jahr an der Strümper Straße – und das eigentlich gern. Im Baumarkt hat er eine Elektroheizung besorgt, diese schaltet er an, wenn es zu kalt wird. „Aber eigentlich ist es in den Gebäuden warm genug und insgesamt okay“, so Michael. Allerdings weiß er auch von Problemfällen unter den Bewohnern.
So gab es Anfang des Jahres ein Feuer in der Obdachlosenunterkunft. Dieses wurde von einem Kocher verursacht, der an eine Gasflasche angeschlossen war. Die Bewohner der Wohnung konnten sich selbst ins Freie retten, weitere Hausbewohner wurden von der Polizei in Sicherheit gebracht. Personen wurden glücklicherweise nicht verletzt, auch ein größerer Schaden entstand nicht. Laut Hausordnung ist, so die Stadt, die Nutzung von Gaskochern in den Gebäuden an der Strümper Straße untersagt. Bereits in der Vergangenheit hatte es in der Unterkunft kleine Brände gegeben, diese waren durch Zigaretten oder Zündeleien der Bewohner ausgelöst worden.
Insgesamt leben aktuell 40 Menschen in den Häusern der Notunterkunft – vier Familien mit insgesamt 14 Personen, außerdem zwei Ehepaare und 22 Einzelpersonen. Anders als in den Notschlafstätten, wie es sie in den größeren Städten gibt, ist die Unterkunft nicht nur für Übernachtungen vorgesehen, sondern auch tagsüber zugänglich. Dennoch soll die Unterbringung dort eigentlich nur vorübergehend sein. Wegen diverser Probleme der Menschen vor Ort ist dies jedoch häufig nicht der Fall – manche Bewohner leben schon seit zwei Jahrzehnten und länger an der Strümper Straße.
Dass an dieser Stelle Handlungsbedarf besteht, wird von der Meerbuscher Politik seit vielen Jahren betont. SPD-Ratsfrau Heidemarie Niegeloh spricht von „unhaltbaren Zuständen“, die dringend geändert werden müssen. Die Stadt bezeichnet die Unterkunft als „sehr einfach, aber funktional“, sie entspreche dem Schlichtwohnungsstandard.
Nicht nur die Bedingungen vor Ort machen das Handeln an den Häusern aus den 1960er Jahren notwendig, sondern auch der gestiegene Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten. Lange hatte die Politik
für eine Sanierung im Bestand gestimmt, was Kosten sparen und schneller bessere Bedingungen für die Bewohner schaffen würde. Die Stadt hingegen sprach sich für einen Abriss und Neubau aus, um mehr Kapazitäten schaffen zu können – und setzte sich letztendlich durch. Nach teils erbitterten Diskussionen stimmte die Politik im September 2022 schließlich dem Neubau zu.
Seither laufen die Vorbereitungen für ein Projekt, dass es so in Meerbusch bisher nicht gab. Denn die Stadt will die neue Unterkunft nicht selbst bauen, sondern den Auftrag an einen Investor vergeben und das Gebäude anschließend anmieten. Allerdings sollen im Vorfeld die Ansprüche der Stadt bezüglich
Raumaufteilung, Außengelände und auch der widerstandsfähigen Einrichtung abgestimmt werden. Aktuell läuft das Vergabeverfahren, genauere Informationen zu Interessenten gibt es aber noch nicht. Geplant ist, die neue Unterkunft im Jahr 2026 fertigzustellen. „Vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung und explodierender Baukosten sind aber noch viele Fragen offen“, heißt es von der Stadt.
Eine der wichtigen Fragen ist auch, was mit den Menschen, die an der Strümper Straße leben, geschieht, während die Einrichtung umgebaut wird. Die Verantwortung, diese unterzubringen, liegt beim Investor. Möglichkeiten wären etwa die zeitweise Anmietung anderer Wohnungen oder ein stückweiser Abriss und Bau der neuen Unterkunft. Wie genau der Prozess hin zur neuen Unterkunft verlaufen wird, ist aber noch nicht bekannt.