Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Proteste: Landwirte ziehen positives Fazit
Es gibt kaum einen Bauern im Rhein-Kreis, der sich nicht beteiligt hat – da ist sich der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach sicher. Doch was haben die Aktionen aus Sicht der Landwirte gebracht?
RHEIN-KREIS Lange Trecker-Konvois, blockierte Straßen und Hupkonzerte gehörten in den vergangenen zwei Wochen zum Alltag. In ganz Deutschland gingen die Landwirte auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen. Den Höhepunkt erreichten die bundesweiten Bauernproteste am Montag in Berlin: Tausende Landwirte demonstrierten gegen die Einsparungspläne der AmpelKoalition – die auf die Proteste auch prompt reagierte. Am Donnerstag diskutierten sie über Maßnahmen für eine zukunftssichere Landwirtschaft. Im Rhein-Kreis Neuss ist diese Ankündigung aber kein Anlass für Begeisterung. Welches Fazit ziehen die Bauern in der Region nach den Protest-Wochen?
„Unser Fazit fällt positiv aus“, betont Johannes Küppers, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach. Die Aktionen seien friedlich verlaufen und es herrsche nach wie vor großer Rückhalt in der Bevölkerung. Das kann Kreisgeschäftsführer Peter Herzogenrath bestätigen: Die Verkehrsbehinderungen seien allem Anschein nach überwiegend mit Verständnis hingenommen worden – „zumal es im Zuständigkeitsgebiet der Kreisbauernschaft wohl auch nicht zu Blockaden von Autobahnauffahrten und erst recht nicht von Autobahnen als solchen gekommen ist.“Laut Küppers gibt es kaum einen Bauern im Rhein-Kreis, der sich nicht an den Aktionen beteiligt hat.
Einer von ihnen: Oliver Hilden. Auch er zieht mit Blick auf die Aktionen im Rhein-Kreis ein positives Fazit. „Unsere Themen sind in der Bevölkerung angekommen“, sagt der Neusser Landwirt. Natürlich gebe es auch Kritiker, doch viele Menschen unterstützten die Bauern in ihrem Anliegen. Auch im Rahmen der Proteste in Düsseldorf seien „gute Gespräche“mit den Parteien geführt worden, so Hilden.
Anders als in Berlin. „Man versucht uns in meinen Augen mit schwammigen Aussichten auf Besserung zu vertrösten. Doch das befriedigt weder mich noch meinen Berufsstand“, kritisiert der Neusser Landwirt. Ein Abbau der Bürokratie sei den Bauern schon früher in Aussicht gestellt worden. Und auch Einzelmaßnahmen wie die Tierwohlabgabe verbessern die Situation laut Hilden nur in Teilbereichen. „Deshalb müssen wir weiter dran bleiben, bis wir etwas Konkretes erreicht haben“, betont er. Auch der Bauernverband droht mit neuen bundesweiten Aktionen bereits in der kommenden Woche, sollte die Ampel den Abbau der Agrardiesel-Subventionen nicht zurücknehmen.
Küppers hingegen mahnt mit Blick auf anhaltende Proteste Vorsicht an. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überziehen“, warnt der Kreisvorsitzende. Er zweifelt daran, ob die Bauern nach wie vor auf den Rückhalt aus der Bevölkerung zählen können, wenn sie weiterhin auf die Straße gehen – genauso wie er an
einem Einlenken in Sachen Agrardiesel-Begünstigung zweifelt. Andernfalls drohe der Bundesregierung ein Gesichtsverlust, so Küppers.
„Deshalb sollten wir versuchen, einen guten Kompromiss zu erzielen.“Doch wie sieht der aus? Den aktuellen Vorschlägen sieht er skeptisch entgegen. Die Forderung nach mehr Tierwohl gibt es laut Küppers schon länger, scheiterte bislang aber am Geld. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich daran etwas geändert hat“, entgegnet er. Dem Kreisvorsitzenden zufolge braucht es konkrete Maßnahmen, welche die Arbeit der Bauern erleichtern anstatt sie zu erschweren – auch finanziell. Ein Beispiel: Die Abschaffung der Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Agrarflächen. Denn die Bauern können auf dieser Fläche, für die weiterhin Pacht fällig wird, keinen Gewinn erzielen.
„Wenn aus Regierungskreisen hingegen nur schöne Worte und Ankündigungen kommen, werden sich die Kollegen damit nicht zufriedengeben“; betont Küppers. Schon jetzt erlebe er, dass viele das Vertrauen in die Politik verlieren oder verloren haben. Deshalb kann er nicht ausschließen, dass die Landwirte auch im Rhein-Kreis Neuss wieder auf die Straße gehen werden.