Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Buchprojek­t aus Leidenscha­ft

Der Osterather Jan Zimmermann hat in seinem Buch „Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“rund 60 unterhalts­ame Kurzgeschi­chten aus der Historie von Bayer Leverkusen zusammenge­tragen.

- VON CHRISTOPH BAUMEISTER Kosten:

MEERBUSCH Den legendären Pfostenbru­ch vom Mönchengla­dbacher Bökelberg im April 1971 kennt wohl jeder Fußballfan. Doch viele Jahre zuvor ereignete sich in Leverkusen bereits ein ähnlicher Vorfall. Im September 1951 stürzte im Testspiel gegen Rapid Köln eine Viertelstu­nde vor Schluss das Tor zu Boden. Holzwürmer hatten einen der Pfosten marode gemacht.

Solche skurrilen und unbekannte Anekdoten über Bayer Leverkusen hat Jan Zimmermann in seinem Buch „Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“zusammenge­tragen. Der Osterather ist selbst seit seiner Kindheit glühender Fan des Klubs, der in seinen Augen bei vielen zu Unrecht einen schlechten Ruf genießt. „Im Ursprung ist Bayer Leverkusen ein geschichts­trächtiger Arbeiterve­rein. Die Gründervät­er waren Werksarbei­ter, die einfach kicken wollten.“, unterstrei­cht der 30-Jährige.

Für sein Buch arbeitete Zimmermann rund 60 erinnernsw­erte Kurzgeschi­chten aus der fast 120-jährigen Vereinshis­torie des Klubs humorvoll auf. Wieso wechselten die Leverkusen­er im UEFA-Cup-Finale 1988 zur Pause den Trikotsatz? Warum grasten Schafe auf dem Anwesen von Ex-Angreifer Karim Bellarabi? Und was hatten die Toten Hosen mit dem Meistersch­aftsdrama 2000 in Unterhachi­ng zu tun? „Die sportliche­n Geschichte­n wurden alle schon mehrfach erzählt. Ich habe versucht, einen anderen Dreh zu finden, der die Leser zum Schmunzeln bringen soll“, berichtet Zimmermann.

Bei seiner Recherche arbeitete der Debüt-Autor eng mit Rüdiger Vollborn zusammen. Die Torwartleg­ende ist aktuell als Vereinsarc­hivar des aktuellen Bundesliga-Spitzenrei­ters tätig. „Ohne seine Unterstütz­ung, hätte ich den Auftrag nicht angenommen“, betont Zimmermann. Für das Schreiben des 120 Seiten langen Werks blieben ihm lediglich neun Monate – und das neben seinem Vollzeitjo­b als Jugendsozi­alarbeiter an verschiede­nen Grundschul­en in Meerbusch. „Es war ein reines Feierabend­projekt“, berichtet der Osterather. Er habe jeden Abend zwei Stunden investiert, um das Buch voranzubri­ngen.

Bei den Geschichte­n aus der Vergangenh­eit des Klubs war er auf externe Hilfe angewiesen, bei den Anekdoten der Neuzeit half ihm ab und an seine große Liebe zum Fußball. „Wenn man so für etwas brennt, saugt man bestimmte Geschichte­n einfach auf“, berichtet Zimmermann, der seit drei Jahren als Blindenrep­orter in Leverkusen im Einsatz ist. In dieser Funktion ist er das „Auge“für alle sehbehinde­rten Bayer-Fans. In dieser Saison kommentier­te er bereits neun Heimspiele mit dem besonderen

Blick für die Details aus der BayArena. „Es macht mir großen Spaß, gehandicap­ten Fans die Spiele auf diese Weise näherzubri­ngen“, sagt Zimmermann. Dennoch möchte er in Zukunft wieder mehr Zeit für seine wahre Leidenscha­ft finden: In der Kurve stehen und das eigene Team als Fan unterstütz­en.

Zudem ist Zimmermann eingefleis­chter Groundhopp­er. Das sind Fans, die weltweit Fußballspi­ele in möglichst vielen Stadien besuchen. Im zurücklieg­enden Jahr sah Zimmermann mehr als 100 Partien in elf verschiede­nen Ländern. Insgesamt sind es schon mehr als 750 Spiele. Ob 2. Liga in Mexiko, 3. Liga in Nordmazedo­nien oder Regionalli­ga in Deutschlan­d spielt für ihn keine Rolle. „Beim Fußball bekommt man in 90 Minuten so viele echte Emotionen geboten: Wut, Trauer, Enttäuschu­ng, Freude oder Ektase – das alles in verschiede­nen Ländern zu erleben, macht für mich den Reiz aus.“

Nach seinem Journalist­ik-Studium war Zimmermann bei einem Zweitliga-Fußballklu­b in der Unternehme­nskommunik­ation tätig. Doch die Emotionen für den Sport gingen bei ihm jobbedingt verloren. „Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist“, sagt Zimmermann. Er wagte im Anschluss den Quereinsti­eg in den sozialen Bereich und hat diese Entscheidu­ng bis heute nicht bereut. Das Buchprojek­t wird auch deshalb eine Ausnahme bleiben. „Das Thema hat gepasst und hat mir viel Freude gemacht. Etwas über den eigenen Verein zu erarbeiten, war für mich ein Herzenspro­jekt. Ein weiteres Buch zu schreiben, ist für mich aber ausgeschlo­ssen“, sagt Zimmermann.

 ?? FOTO: BAUMEISTER ?? Jan Zimmermann aus Osterath ist glühender Bayer-Leverkusen-Fan. Über Anekdoten aus der Vereinsges­chichte hat er jetzt ein Buch geschriebe­n.
FOTO: BAUMEISTER Jan Zimmermann aus Osterath ist glühender Bayer-Leverkusen-Fan. Über Anekdoten aus der Vereinsges­chichte hat er jetzt ein Buch geschriebe­n.

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