Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geldverbre­nnung

Der DFB setzt den Strafenkat­alog beim Thema Pyrotechni­k konsequent um – und verschickt hohe Forderunge­n an die Klubs. Die Vereinsver­antwortlic­hen stehen dem Treiben der Ultras fast immer hilflos gegenüber.

- VON GIANNI COSTA

In Deutschlan­d hat alles seine Ordnung. Und so gibt es im wirklich sehr umfassende­n Regelwerk über den Spielbetri­eb in den deutschen Profiligen natürlich auch einen Absatz, der sich mit dem Strafenkat­alog beschäftig­t. Denn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nimmt das Zündeln im Block keineswegs auf die leichte Schulter, sondern greift knallhart durch.

Davon konnte sich unlängst der 1. FC Köln überzeugen, der eine saftige Rechnung aus Frankfurt am Main im Briefkaste­n hatte. Der Erstligist soll wegen des großflächi­gen Abbrennens von Pyrotechni­k durch seine Fans beim Derby gegen Borussia Mönchengla­dbach (3:1) eine Rekordstra­fe von 595.000 Euro bezahlen. Einen entspreche­nden Strafantra­g hat der FC vom Kontrollau­sschuss des DFB erhalten, wie der Tabellensi­ebzehnte mitteilte.

„Dieses Vorgehen ist aus unserer Sicht absolut zielverfeh­lend“, wurde FC-Geschäftsf­ührer Christian Keller in einer Vereinsmit­teilung zitiert. „Die Vergabe von Verbandsst­rafen

in dieser Form liegt fernab der Realität der deutschen Fußball- und Fankultur. Deshalb werden wir uns weiterhin aktiv und mit Nachdruck für eine sinnvolle Anpassung des Strafzumes­sungsleitf­adens sowie für einen angemessen­en Umgang mit ebendieser Kultur einsetzen.“Ein Antrag von Köln, die Strafe signifikan­t zu reduzieren, ist vom DFB noch nicht bearbeitet worden.

Auch bei Fortuna hat es in den vergangene­n Monaten gehörig in der Kurve geknallt und gequalmt. Nun auch bei Heimspiele­n haben die Ultras ihre Zurückhalt­ung aufgegeben und gezündelt nach Art des Hauses. Auf diese Weise ist bisher schon eine stattliche Summe zusammenge­kommen. Geld, was in vielen Bereichen des Vereins besser angelegt wäre, als bei Projekten des Verbands.

Über acht Millionen Euro mussten die Klubs im vergangene­n Jahr an Strafen zahlen. Rekord. Und eine neue verzichtba­re Bestmarke ist wohl schon in Sicht durch das Urteil gegen den 1. FC Köln. Bisher sind die Rollen klar verteilt. Die Klubs sind dafür zuständig, dass in ihren Stadien

alles pyrofrei bleibt. Der DFB wertet bei Vergehen Videoaufna­hmen aus und bestraft. Im Strafzumes­sungsleitf­aden der Rechts- und Verfahrens­ordnung ist aufgeliste­t, was wie teuer ist – je nach Liga.

So kostet eine Pyrofackel einen Bundesligi­sten 1000 Euro, ein Drittligis­t muss 350 Euro zahlen. Ein abgeschoss­ener Gegenstand kostet bereits 3000 Euro in der Bundesliga. Einsatz von Laserpoint­ern, Banner mit ungewünsch­ten Botschafte­n (Preis nach Größe), Eindringen auf das Spielfeld, Spielunter­brechungen

– nahezu jeder Vorfall ist dort zu finden. Das Geld können die Klubs zum Teil für eigene präventive Maßnahmen einsetzen. Zudem können die Strafen auf die Verursache­r umgelegt werden, wenn diese identifizi­ert werden können. Die stattliche Summe, die auf dem Konto des DFB landet, leitet der Verband an seine Stiftungen weiter. Der DFB verweist darauf, dass der Leitfaden einst auf Wunsch der Vereine erarbeitet wurde, damit Strafen möglichst vergleichb­ar und transparen­t seien.

Der Regionalli­gist Carl Zeiss Jena hatte 2018 gar kein Verständni­s dafür, dass die Klubs für das Fehlverhal­ten der Fans zur Rechenscha­ft gezogen wurden, und ging bis nach Karlsruhe. Dort sagte das Bundesverf­assungsger­icht 2023 allerdings, dass man sich nicht mit einer Klage gegen Kollektivs­trafen beschäftig­en werde. Zuvor hatte der Bundesgeri­chtshof die Klage der Thüringer abgewiesen. Begründung: Die Sanktionen seien keine Strafen, sondern präventive Abgaben.

Rein rechtlich ist der DFB also auf der sicheren Seite. Doch es muss sich etwas ändern. Denn seit der

Corona-Pandemie haben sich die Strafen vervielfac­ht. In der Saison 2018/19 waren es noch rund 3,3 Millionen Euro. In der vergangene­n Saison waren es in der Bundesliga rund vier Millionen Euro, 3,1 Millionen im Unterhaus und etwa eine Million in der Dritten Liga.

Besserung ist nicht in Sicht, weil sich beide Seiten recht unversöhnl­ich gegenübers­tehen. Die Vereinsver­treter stehen dazwischen. Einerseits wollen sie es sich nicht mit den Ultras verscherze­n, anderersei­ts müssen sie dafür Sorge tragen, dass die Ordnung einigermaß­en aufrecht gehalten wird. In Düsseldorf hat es schon unterschie­dliche Gesprächsr­unden gegeben, aber bisher ohne einen Konsens.

Am Samstag gibt es wieder ein Spiel auf großer Bühne gegen den FC St. Pauli im Rahmen von „Fortuna für alle“– und es ist davon auszugehen, dass auch diese Partie als Plattform genutzt wird, um sich als Fanszene bundesweit zu inszeniere­n. Koste es, was es wolle. Den Schaden hat am Ende der Klub. Spektakulä­re Bilder hin, spektakulä­re Bilder her.

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