Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mehr Angriffe auf Einsatzkräfte im Rhein-Kreis
Der Rhein-Kreis führt Statistik über jede einzelne Attacke auf Sanitäter oder Feuerwehrhelfer. Damit die Politik aus erster Hand erfährt, was so ein Angriff für die Einsatzkräfte bedeutet, berichten zwei über ihren Einsatz in Neurath.
Einsatzkräfte von Rettungsdienst beziehungsweise Feuerwehr wurden im vergangenen Jahr 18 Mal Opfer von Gewalthandlungen. Damit wurden mehr Fälle registriert als im Jahr zuvor, berichtet Marcus Mertens. Der Leiter des Kreis-Ordnungsamtes erklärt den Anstieg nicht mit zunehmender Aggressivität, sondern damit, dass solche Übergriffe immer häufiger gemeldet und erfasst werden. „Dazu ermuntern wir ausdrücklich“, sagt Mertens. „Denn niemand muss sich beleidigen lassen, wenn er seine Arbeit tut. Und angreifen lassen schon gar nicht.“
Von den 18 Fällen kamen am Ende neun zur Anzeige. Ein 22-jähriger Grevenbroicher, der im Oktober vorigen Jahres in Grevenbroich-Neurath einen Sanitäter des DRK so heftig in den Unterleib geschlagen haben soll, dass dieser ins Krankenhaus musste, wird sich demnächst dafür vor Gericht verantworten müssen. Tatvorwurf: Körperverletzung und tätlicher Angriff gegen einen Rettungsdienst-Angehörigen. Damals habe auch der Verdacht bestanden, referiert ein Sprecher der Polizei aus der Ermittlungsakte, dass eine Drogenintoxikation des Tatverdächtigen vorlag, dieser also unter dem Einfluss von Rauschmitteln handelte.
Die strafrechtliche Aufarbeitung läuft – aber wie geht es den Opfern solcher Attacken? Um das der Politik vor Augen zu führen, sind am Donnerstag (25.) zwei Sanitäter in den Ausschuss für Rettungswesen,
Feuer- und Katastrophenschutz des Kreises eingeladen, die den Einsatz in Neurath übernommen hatten. Trotz der Schulungen zum Verhalten in kritischen Situationen sei das eine gewesen, berichtet Simon Thomas, „die Angst macht.“Solche Einsätze vergesse man nicht „und nimmt sie nach Dienstschluss auch mit nach Hause“.
Thomas war damals als Fahrer eingeteilt und von der Kreisleitstelle nach Neurath dirigiert worden.
Krampfanfall lautete das Stichwort. Man sei zeitgleich mit dem Notarzt vor Ort eingetroffen, wo die Eltern des Patienten öffneten. „Der wirkte auf uns bewusstseinseingetrübt“, hält Thomas in seinem Bericht für den Ausschuss fest, sei jedoch im Laufe der ersten Untersuchung „aufgeklart.“Weil keine akute Notfallsituation festgestellt werden konnte, bereitete Thomas den Transport vor. Während seine Kollegen dem Patienten aufzuhelfen versuchten,
attackierte dieser einen der Sanitäter heftig. Der Angegriffene rettete sich ins Freie. Er musste ins Krankenhaus gebracht werden, wo, wie Thomas hervorhebt, keine Organschädigungen festgestellt wurden.
Das RTW-Team hatte gleich nach dem Angriff die Polizei alarmiert, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. „Für Situationen wie diese, die leider kein Einzelfall sind, gibt es keinen standardisierten Arbeitsablauf“, stellt Thomas heute fest.
Das wurde aber auch von anderen schon erkannt und bemängelt. Verantwortliche der Kreisleitstelle und der Leitstelle der Feuerwehr hätten schon zusammengesessen, um die Kommunikation zu verbessern, sagt Ordnungsamtsleiter Mertens. Es sei geplant, Stichworte für die Polizei zu definieren, damit die gleich weiß, was passiert ist, sagt er.
Der Verband der Feuerwehren unterstützt das, wie der Vorsitzende Stefan Meuter erklärt. Die Leitstellen
der Feuerwehr und der Polizei würden bei Anrufen über die jeweilige Notrufnummer unterschiedliche Fragen stellen, sagt er. Es müsste aber schnell klar gemacht werden, dass eine direkte Bedrohung besteht. Zudem sei eine technische Lösung in Vorbereitung, damit per Notrufknopf am Funkgerät direkt ein Hilferuf abgesetzt werden kann.
Meuter wird an der Ausschusssitzung nicht teilnehmen, weil er zur gleichen Zeit mit der SPD-Landtagsfraktion über das gleiche Thema spricht. Ihn habe geärgert, gibt Meuter zu, dass im vergangenen Jahr eine Gesetzesinitiative der SPD im Landtag keine Mehrheit gefunden hat. Er habe darauf die Fraktionen mit der Frage angesprochen, was die Politik denn alternativ plant. Das Eindämmen der Gewalt gegen Einsatzkräfte und die Verfolgung der Täter, erklärt Meuter seine Motivation, „muss ein Thema bleiben.“