Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mit Strack-Zimmermann in die EU

Die Ampelparte­i FDP hat sich vorgenomme­n, bei den Europawahl­en ganz groß rauszukomm­en.

- VON GREGOR MAYNTZ

FDP-Chef Christian Lindner testet den Begriff bereits in seiner Eröffnungs­rede. Mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Spitzenkan­didatin werde die Partei mit einer „Eurofighte­rin“bei den Europawahl­en an den Start gehen können. Als die zuspitzend medienpräs­ente Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses wenig später mit über 90 Prozent der Delegierte­nstimmen gewählt ist, wird der Großbildsc­hirm neben ihr umgehend von dem Signalwort „Eurofighte­rin“beherrscht. Die Anlehnung an das moderne Kampfflugz­eug der Bundeswehr ist klar. Es kann mit zweifacher Schallgesc­hwindigkei­t mal eben von Berlin nach Brüssel rasen und dabei mehrere Ziele gleichzeit­ig bekämpfen. Ähnlich ambitionie­rt hört sich Strack-Zimmermann bei ihrer Spitzenkan­didatur an.

Allerdings muss es die FDP erst noch schaffen, rechtzeiti­g zu den Europawahl­en am 9. Juni aus dem Stimmungst­ief herauszuko­mmen, um überhaupt eine Rolle spielen zu können. Doch Maß nimmt die Partei nicht an potenziell­en Gegnern auf Augenhöhe, sondern an der erwarteten Spitzenkan­didatin der größten europäisch­en Parteienfa­milie, Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen. Die neue Spitzenkan­didatin wiederholt ihren Slogan vom Jahresauft­akt, wonach Europa „weniger von der Leyen und mehr von der Freiheit“brauche. StrackZimm­ermann sei die personifiz­ierte „Kampfansag­e an die, die aus dem europäisch­en Freiheitsp­rojekt ein Bürokratie­monster machen wollen“, preist Lindner.

Natürlich kann er sich darauf verlassen, dass seine neue Spitzenkan­didatin in bekannter Mischung aus leidenscha­ftlicher, schnoddrig­er und scharfzüng­iger Sprache eine Attacke nach der anderen gegen all das startet, für das von der Leyens zu Ende gehende Präsidents­chaft steht. Die CDU-Politikeri­n hätte nach sechs Jahren im Amt der deutschen Verteidigu­ngsministe­rin doch eigentlich die großen sicherheit­spolitisch­en Herausford­erungen auf den Tisch der Kommission legen müssen. Stattdesse­n habe sie sich im „Klein-Klein“verloren, mit dem „täglichen Ameisentät­owieren“

befasst, wie das in Strack-Zimmermann­s Sprachbild­ern heißt. Das müsse aufhören – „ein für alle mal“.

Die Parteitags­regie hat die Zeit zwischen der kurzen Vorstellun­g der Spitzenkan­didatin und dem Verkünden des 90-Prozent-Ergebnisse­s genutzt, um die Vizepräsid­entin der europäisch­en Liberalen, Kira Rudik aus der Ukraine, zur Solidaritä­t mit dem vom russischen Angriffskr­ieg heimgesuch­ten Land aufrufen zu lassen. Das bildet auch den Einstieg für Strack-Zimmermann­s zentrale Rede, die zum Wahlkampfa­uftakt wird: „Unterwerfu­ng ist keine Freiheit, verdammte Kiste, wir brauchen Stehvermög­en“, ruft die 65-Jährige.

Sie hat längst einen passenden Umbau von Kommission und Parlament in den Blick genommen. Nachdem der Vorsitz des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag ihr die Bühne für breite Präsenz in Deutschlan­d bot, kommt ihr sicherlich entgegen, was gerade in Brüssel eingestiel­t wird. Die Kommission arbeitet daran, einen eigenen Verteidigu­ngskommiss­ar zu benennen. Begleitet wird das von Bemühungen im Europaparl­ament, auch einen eigenen Verteidigu­ngsausschu­ss ins Leben zu rufen. Bislang ist das nur ein Untergremi­um des Auswärtige­n Ausschusse­s. Mit einer Aufwertung wäre er dann wie geschaffen für eine Persönlich­keit wie die deutsche FDP-Spitzenkan­didatin.

Im Laufe des Tages ringen die Delegierte­n nicht nur um das Europawahl­programm, sondern stellen auch über 200 Kandidaten für das Europaparl­ament auf. Die Aussichtsr­eichsten werden neben Strack-Zimmermann aus NRW auf den folgenden Plätzen Svenja Hahn aus Hamburg mit 89 Prozent, Andreas Glück aus Baden-Württember­g mit 82 Prozent, Moritz Körner aus NRW mit 93 Prozent und JanChristo­ph Oetjen aus Niedersach­sen mit 92 Prozent. In einer Kampfkandi­datur um Platz sechs setzt sich Isabel Schnitzler aus Hessen klar gegen Sandra Weeser aus Rheinland-Pfalz durch. Auf Platz sieben folgt Phil Hackemann aus Bayern, auch Kandidat des Parteinach­wuchses, der sich vor allem um die Folgen aus der Neuerung bei diesen Europawahl­en kümmern will: Erstmals dürfen schon alle ab 16 wählen.

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FOTO: DPA Marie-Agnes Strack-Zimmermann nach ihrer Wahl beim Europapart­eitag der Liberalen mit Christian Lindner.

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