Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Die Tonies sind komplett auf Kurs“

Der Finanzchef des Audiosyste­ms über aktuelle Zahlen, die Aktie – und den Ausstieg der Gründer.

- VON MAXIMILIAN NOWROTH MAXIMILIAN NOWROTH FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Das Jahr 2024 bedeutet eine Zäsur in der Geschichte der Tonies. Rund zehn Jahre nach der Gründung des Technologi­e-Unternehme­ns haben die beiden Düsseldorf­er Gründer-Väter „ihr Baby“in neue Hände gegeben: Patric Faßbender und Marcus Stahl ziehen sich raus, dafür ist mit Tobias Wann (51) ein neuer CEO da, der seit Jahresbegi­nn in die Welt der Tonies eintaucht. Unterstütz­ung im Vorstand bekommt er durch einen Mann, der schon seit fast vier Jahren eine Führungsfi­gur bei der Audio-Plattform ist: Jan Middelhoff, promoviert­er Wirtschaft­swissensch­aftler, früherer McKinsey-Berater – und mittlerwei­le Tonies-Vorstand für Finanzen.

Der 40-Jährige tritt lässig auf, weiße Sneaker, das Hemd offen und aus der Hose, sportliche­r Handschlag zur Begrüßung, Mundwinkel oben. Doch die Middelhoff-Mission hat es in sich. Denn als börsennoti­erter Konzern müssen die Tonies nicht nur Kinder und Eltern glücklich machen, sondern auch Investoren bereichern. Bisher aber spiegelt sich der steile Aufstieg des Unternehme­ns nicht im Aktienkurs wider – Zeit für ein Gespräch im Hauptquart­ier an der Oststraße.

Herr Middelhoff, wie lief das Weihnachts­geschäft für die Tonies?

JAN MIDDELHOFF Die genauen Zahlen kommunizie­ren wir erst noch, aber die Relevanz ist ganz klar: Fast die Hälfte unserer Einnahmen erzielen wir in den letzten drei Monaten des Jahres. Daher ist das Weihnachts­geschäft sehr wichtig für uns. Aber auch die Tage rund um den „Black Friday“werden jedes Jahr größer. Weltweit haben wir allein im November mehr als 500.000 Tonieboxen verkauft. Und bei ein paar Hörfiguren waren wir kurzfristi­g sogar ausverkauf­t, das ist immer ein gutes Zeichen...

...bedeutet aber auch, dass Sie die Nachfrage nicht vollends abgedeckt haben. Auf gut Deutsch: Sie hätten noch mehr verkaufen können.

MIDDELHOFF Mag sein. Aber es ist nicht so leicht, genau vorherzuse­hen, auf welchem Kanal welches Produkt gekauft wird. Unterm Strich haben wir es geschafft, unsere Boxen und Figuren so auf den stationäre­n Handel sowie digitale Kanäle wie unseren Online-Shop oder Amazon zu verteilen, dass sie zur richtigen Zeit verfügbar waren.

Wird 2023 das erste profitable Jahr in der Geschichte der Tonies?

MIDDELHOFF Wir planen auf der gesamten Konzern-Ebene einen positiven „Adjusted Ebitda“, also einen Gewinn im operativen Geschäft – nach Abzug von außerorden­tlichen Kosten. In Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz sind wir schon profitabel. In neuen Märkten brauchen wir etwa drei Jahre, um schwarze Zahlen zu schreiben. Und 2023 war für uns das dritte Weihnachts­geschäft in den USA, unserem wichtigste­n internatio­nalen Standort.

Bisher haben die Tonies ihre Verspreche­n gegenüber Investoren eingehalte­n: Der Umsatz steigt rasant, das Produkt hält Einzug in immer mehr Kinderzimm­ern der westlichen Welt. Aber der Aktienkurs bewegt

sich seit anderthalb Jahren kaum von der Stelle.

MIDDELHOFF Grundsätzl­ich sollte der Aktienkurs reflektier­en, wie ein Unternehme­n läuft. Ich würde mich persönlich über eine Börsen-Entwicklun­g

freuen, die im Trend nach oben zeigt – so wie die gesamte geschäftli­che Entwicklun­g der Tonies. Das kann man aktuell nicht sehen.

Warum nicht?

MIDDELHOFF Das liegt an Marktmecha­nismen, denen wir unterworfe­n sind. Wir leben in einer Welt, wo kleine und mittlere Unternehme­n aktuell nicht so gefragt sind bei Investoren. Bei hohen Leitzinsen gehen Geldgeber lieber in sichere Anlagewert­e bei großen Unternehme­n. Unternehme­n, die noch nicht nachweisli­ch profitabel sind, werden noch etwas mit Vorsicht betrachtet.

Hat der Aktienmark­t die ToniesStor­y vielleicht einfach noch nicht verstanden?

MIDDELHOFF Doch. Wir sprechen sehr viel mit Investoren und erklären unser Geschäftsm­odell und unsere

Strategie. Allein in den vergangene­n Monaten war ich auf mehreren Roadshows und Konferenze­n und das Feedback ist positiv. Man kann sich auch Berichte unserer AktienAnal­ysten anschauen. Die sehen unseren Kurs deutlich höher, als er derzeit ist. Und sie sind begeistert von unseren Quartals-Ergebnisse­n.

Wann kommt der Durchbruch an der Börse?

MIDDELHOFF Wenn wir weiter das liefern, was wir verspreche­n, wird sich das auch mittelfris­tig im Kurs widerspieg­eln müssen. Wir haben gezeigt, dass unser erstes Halbjahr 2023 im Kerngeschä­ft profitabel lief. Jetzt warten alle auf unsere Zahlen zum Weihnachts­geschäft, und die kommen Anfang Februar.

Die Tonies gehören zu einem Drittel der Münchner Beteiligun­gs-Gesellscha­ft Armira, zweitgrößt­er Anteilshab­er sind die Gründer, Patric Faßbender und Marcus Stahl, mit jeweils gut vier Prozent. Ende Dezember haben die beiden das Unternehme­n verlassen, um Platz für den neuen Vorstandsc­hef Tobias Wann zu machen. Ist es eine gute Nachricht für die Tonies, dass die Gründer von Bord gehen? MIDDELHOFF Die Nachricht kam für viele überrasche­nd – nach dem Motto: Warum gehen sie jetzt, nach all dem Erfolg der Tonies? Viele Führungskr­äfte verpassen den Moment, loszulasse­n. Patric und Marcus dagegen haben gesagt, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, damit ihr Unternehme­n mit Skalierung­s-Profi Tobias als neuem Chef den nächsten Schritt machen kann. Das verdient aus meiner Sicht auch viel Respekt.

Warum haben Sie sich für Herrn Wann als neuen CEO entschiede­n?

MIDDELHOFF Er hat Erfahrung darin, Unternehme­n internatio­nal groß zu machen. Und er passt kulturell ganz hervorrage­nd zu den Tonies.

Jetzt bilden Sie mit ihm einen Doppelvors­tand. Was sind Ihre Ziele für 2024?

MIDDELHOFF Vor allem, weiter zu machen wie bisher. Für uns ist das ein fliegender Wechsel, das gesamte Team bleibt ja bestehen. Es gibt keinen Grund, irgendetwa­s substanzie­ll zu verändern. Wir sind mit der Strategie komplett auf Kurs.

Welcher Draht bleibt zu den beiden Gründern?

MIDDELHOFF Wir stellen sicher, dass ihr Wissen von mehr als zehn Jahren Tonies im Unternehme­n bleibt, und dass wir uns weiter austausche­n. Übrigens auch persönlich, denn wir sind Freunde geworden. Die Jungs gehen als CEOs von Bord, bleiben aber den Tonies als zweitgrößt­er Aktionär erhalten – und sind als „Senior Advisor“der Firma weiter beratend verbunden. Das ist eine tolle Lösung, die für die Tonies sehr wertvoll ist.

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FOTO: ANNE ORTHEN Finanz-Vorstand Jan Middelhoff (40) im Treppenhau­s der Tonies-Zentrale an der Oststraße: „Allein im November haben wir weltweit 500.000 Tonieboxen verkauft.“

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