Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Geisterhafter Soul von Niecy Blues
Soul Niecy Blues kommt aus
South Carolina, hinter dem Künstlernamen verbirgt sich die Musikerin Janise Robinson, und sie klingt wie Rihanna auf Ritalin. Man mag kaum glauben, dass „Exit Simulation“ihr Debütalbum ist, es mutet wenig impulsiv an, sondern ausgetüftelt, zu Ende gedacht, makellos. Das ist RnB, der Richtung Jazz ausfranst. Niecy Blues singt mit sich selbst im Duett, lässt sich von ihrer eigenen Stimme aus dem Background begleiten. Sie haucht ihre Worte, die Lyrics schweben über vagen Arrangements aus Elektronik, akustischer Gitarre und gelegentlich Piano und Perkussion. Das sind geisterhafte Songs, die körperlos zu diffundieren scheinen, sie muten düster an, Gespenster-Soul.
Die Arrangements schwellen an und ab, ihre Elemente wirken wie geschichtet, mit dem Spatel übereinander gestrichen, aber zart und allmählich. Die Songs erweitern sich zu großen Hallräumen, die in allen Farben grau angemalt wurden. Darin schleichen die Harmonien wie durch Nebel, manchmal wehen Fetzen von Konversationen vorüber.
Vielleicht könnte man diese Musik als eine Ambient-Version von
RnB bezeichnen. Das heißt aber nicht, dass sie blutleer wäre und man darin kein Herz schlagen hörte. Niecy Blues flüstert Texte, als kämen sie direkt aus ihrem Unterbewusstsein. Sie erzählen von Zweifeln und von dem, was Kraft geben könnte, und das sehr tolle Stück „U Care“endet im Sample einer Gospel-Aufnahme mit LiveCharakter.
Dann und wann brechen unvermittelt Momente purer Freude durch die nachtwärts strebenden Songs. Die meditative Atmosphäre ist gesprenkelt mit Augenblicken der Ausdrücklichkeit, die sich vor der diesigen Grundatmosphäre umso deutlicher abheben.
„Exit Simulation“ist ein faszinierendes Album, das einen über Wochen beschäftigen kann. Es erschließt sich mit jedem Hören auf eine andere, tiefere Weise. Und es erhöht die Spannung: Was wird diese Künstlerin als Nächstes veröffentlichen?