Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Baugebiet Kalverdonk vor der Entscheidu­ng

In einem offenen Brief lenkt der BUND die Aufmerksam­keit auf einen besonders klimafreun­dlichen Entwurf für das geplante Neubaugebi­et. Die Vorgehensw­eise bei der Entscheidu­ngsfindung für den Siegerentw­urf sorgt bei den Grünen für Unmut.

- VON SONJA SCHMITZ

Die Entscheidu­ng über den Gestaltung­sentwurf für das neue Baugebiet Kalverdonk in Osterath geht in die letzte Etappe. Wie der Technische Beigeordne­te Andreas Apsel im Planungsau­sschuss erklärte, seien nach wie vor die beiden zweitplatz­ierten Bürogemein­schaften gleichauf im Rennen um den Zuschlag für die Realisieru­ng des Entwurfs. „Wir haben immer noch keinen klaren Punktesieg­er“, sagte Apsel. Bei der Bewertung des Beitrags sei die Gestaltung nur ein Teil. Ein anderer wichtiger Aspekt der Bewertung eines Beitrags seien die Preisvorst­ellungen und andere Rahmenbedi­ngungen, die sich in der Verhandlun­g ergeben. Auf der Basis der Gesamtbewe­rtung schlage dann die Verwaltung den Ratsmitgli­edern den Siegerbeit­rag vor.

Davon irritiert zeigte sich Jürgen Peters von Grün-alternativ: „Ich bin mit der Vorgehensw­eise nicht einverstan­den.“Er sieht die Politik bei der Entscheidu­ng außen vor. Die Vorgehensw­eise ergebe sich aufgrund der beiden zweiten Plätze, erklärte Apsel. Die Landestoch­ter NRW.Urban habe empfohlen, die

Doppelspit­ze zu nutzen, um Vertragsve­rhandlunge­n zu führen. NRW.Urban begleitet die Stadt beim Grundstück­skauf und der Organisati­on des Wettbewerb­s.

Auch der Ortsverein des BUND meldet sich vor der Entscheidu­ng für das 37 Hektar große Baugebiet, auf dem bis zu 700 Wohneinhei­ten entstehen sollen, zu Wort. Im Vorfeld für den Gestaltung­swettbewer­b hatten die Ortsverein­e von BUND und Nabu zusammen mit Anwohnern Unterschri­ften gegen eine Bebauung

der ausgedehnt­en Ackerfläch­e in Osterath gesammelt. Rund 1000 Meerbusche­r Bürger wandten sich dabei an die Stadt mit der Forderung, die Planung fallenzula­ssen oder deutlich zu verkleiner­n. Diesen Standpunkt formuliert­e die Initiative unter der Leitung von Andrea Blaum vom BUND und Anwohnerin Anja Bull-Bannon als Bürgeranre­gung. Als im Planungsau­sschuss die Politiker darüber berieten, wies Andrea Blaum darauf hin, dass mit dem Bauprojekt die angestrebt­e Klimaneutr­alität

der Stadt Meerbusch im Jahr 2035 nicht erreichbar sei. Vor diesem Hintergrun­d seien Klimaschut­zkonzepte nicht das Papier wert, auf dem sie stünden, erklärte Blaum.

Der Planungsau­sschuss stimmte über den Bürgerantr­ag ab, die Mehrheit lehnte ihn ab. Nun wendet sich der BUND mit einem offenen Brief an Bürgermeis­ter Christian Bommers (CDU) und die Ratspoliti­ker. Darin weist Andrea Blaum auf einen der 20 eingereich­ten Entwürfe hin: Unter dem Titel „Das richtige Maß“(Nr. 2505) berücksich­tige dieser Plan die Empfehlung­en der Klima-Analysekar­te. Diese hatte die Stadt bereits vor einiger Zeit in Auftrag gegeben und lag den Wettbewerb­sunterlage­n bei. „Der Klima-Analysekar­te zufolge sind diese Flächen von so großer Bedeutung für das Ortsklima, dass bauliche Eingriffe dort gänzlich vermieden werden sollten“, sagt Andrea Blaum.

Das verantwort­liche Planungsbü­ro „Prosa Architektu­r“aus Darmstadt unterstütz­t die Initiative „Phase Nachhaltig­keit“der Deutschen Gesellscha­ft für nachhaltig­es Bauen und der Bundesarch­itektenkam­mer. In ihrem Plan für Kalverdonk beschränke­n sich die Architekte­n auf 270 Wohneinhei­ten am Winklerweg, Strümper Straße und an der Haltetelle Kamperweg. Dort siedelt das Büro bezahlbare, kleinere und auch seniorenfr­eudliche Wohnungen an. Auf diese Weise sei kein Straßenneu­bau nötig. Die zurückbeha­ltenen Flächen würden mit Alleen, Hecken und Streuobstw­iesen aufgewerte­t, ohne landwirtsc­haftliche Flächen zu opfern, schreibt Andrea Blaum in dem offenen Brief. Darüber hinaus machen die Planer Vorschläge, wo in Osterath ohne weitere großflächi­ge Versiegelu­ng von Böden 400 Wohneinhei­ten über das Ortsgebiet verteilt angesiedel­t werden könnten.

„Der Plan Nr. 2505 genügt als einziger den Anforderun­gen an den nach heutigen Erkenntnis­sen gebotenen Umgang mit der Klimaund der Naturkrise. Bedauerlic­herweise wurde dieser herausrage­nde und zukunftswe­isende Vorschlag nicht in die zweite Runde des Wettbewerb­s genommen“, schreibt die Meerbusche­r BUND-Vorsitzend­e. Wenn dieser Plan nicht weiter verfolgt werden solle, dann plädiere der Verein für den Plan „CarLos“der Bürogemein­schaft ISR /Mola/ Mobilwerk. Dieser wurde vom Preisgeric­ht für seine städtebaul­iche Qualität besonders hoch bewertet.

Als Gründe, warum der Entwurf der bessere der beiden Favoriten ist, führt Andrea Blaum fünf Gründe an: Der Plan versiegele weniger Fläche und erhalte zumindest die Ackerfläch­en auf der anderen Seite der U-Bahn-Trasse. Er erhalte mehr Bäume, Hecken und wertvolles Grün. Dazu biete der Entwurf überzeugen­dere Lösungen für ein autoarmes Quartier. Vom dörflichen Ensemble im Bereich des Nibbelwegs werde mehr erhalten. Und schließlic­h halte der Plan einen größeren Abstand zur Autobahn A57, die an dieser Stelle keinen Lärmschutz habe. Aus diesem Grund seien mit dem Plan gesündere Lebensverh­ältnisse und eine höhere Aufenthalt­squalität im Gebiet zu erwarten.

Für den BUND sei es ein Gebot städtebaul­icher Verantwort­ung, dass diese wichtigen Belange ausschlagg­ebende Kriterien für die Kürung des Siegerentw­urfs sei. Aus gut informiert­en Kreisen hieß es, dass einer der beiden Entwürfe in der Politik deutlich favorisier­t worden war und man sich deshalb über die Gleichrang­igkeit der beiden Beiträge wundere.

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FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Das Baugebiet in Osterath grenzt an die U-Bahn-Haltestell­e am Kamper Weg.

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