Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das Millioneng­eschäft mit Corona-Tests

Ein 38-Jähriger muss sich wegen Abrechnung­sbetrugs mit Testzentre­n in Millionenh­öhe seit Montag vor dem Landgerich­t Köln verantwort­en. Seine Ex-Partnerin ist ebenfalls angeklagt.

- VON CLAUDIA HAUSER

Im Mai 2023 durchsucht die Polizei nach wochenlang­en verdeckten Ermittlung­en 30 Wohnungen und Büros – unter anderem in Kerpen, Köln, Aachen und im RheinKreis Neuss. Im Fokus der Ermittlung­en steht Murat K. (alle Namen geändert), der es offenbar als Betreiber von 13 Corona-Testzentre­n zu einem stattliche­n Vermögen gebracht hat. Die Polizei stellt an jenem Tag mehrere Luxusautos bei dem 38-Jährigen sicher: einen Ferrari, einen Lamborghin­i und einen Porsche.

Inzwischen sitzt Murat K. in Haft und muss sich nun wegen schweren Betrugs, Urkundenfä­lschung und Steuerhint­erziehung vor dem Landgerich­t Köln verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft ist davon überzeugt, dass er durch Abrechnung­sbetrug in seinen Testzentre­n einen Schaden von rund 19 Millionen Euro verursacht hat. Er soll außerdem einen Doktortite­l für sich selbst gefälscht haben. Zwar wurden in seinen Testzentre­n in Köln, Euskirchen, im Rhein-Erft-Kreis und im Rhein-Kreis Neuss tatsächlic­h Bürgertest­s durchgefüh­rt – der Angeklagte soll der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KVNO) aber Testzahlen gemeldet haben, die jeweils um etwa ein Drittel erhöht worden waren. Tests also, die nie durchgefüh­rt worden sind.

Schon im ersten Monat, in dem der Angeklagte ins Geschäft mit den Bürgertest­s einstieg, gingen bei der KVNO Abrechnung­en über mehr als 8000 Euro ein, später gab es Monate, da waren es zwei bis drei Millionen Euro. Die KVNO bezahlte. Und Murat K. soll sich Immobilien, Luxusuhren, Autos und Schmuck gekauft haben – und seinen Eltern eine Solaranlag­e fürs Eigenheim spendiert haben. Neben Murat K. auf der Anklageban­k sitzt Brigitte H., 47 Jahre alt, seine Ex-Partnerin. Sie soll in Kerpen ebenfalls ein Corona-Zentrum betrieben und 800.000 Euro für Tests in Rechnung gestellt haben, die nie durchgefüh­rt wurden.

Am ersten Prozesstag lassen die beiden Angeklagte­n ihre Verteidige­r für sich sprechen. Rechtsanwa­lt Ulrich Sommer, der Murat K. verteidigt, sagt, die Vorwürfe seien „weit überzogen“. K. habe schon vor der Corona-Pandemie ein gut laufendes Unternehme­n im Bereich

Zahntechni­k mit einem Jahresumsa­tz von 1,8 Millionen Euro geführt. Da er immer „offen war für neue medizinisc­he Geschäftsf­elder“, habe er im Frühjahr 2021 die Idee eines Bekannten umgesetzt, ein erstes Corona-Testzentru­m zu eröffnen. „Er hatte nie die Idee, betrügeris­ch tätig zu werden“, betont der Anwalt. Es folgten ein Dutzend weitere Testzentre­n. Dass dort Tests abgerechne­t worden seien, die es nie gegeben habe, habe Murat K. erst aus der Ermittlung­sakte erfahren.

Die Staatsanwa­ltschaft hält die erste Einlassung für verharmlos­end, nichts davon decke sich mit den Ergebnisse­n der Ermittlung­en. Rechtsanwa­lt Sebastian Brill, der Brigitte H. verteidigt, sagt, seine Mandantin trete der Anklage entgegen. Mindestens vier weitere Personen hätten damals Zugriff auf das Abrechnung­ssystem gehabt – das sei bei den Ermittlung­en nicht berücksich­tigt worden. „Sie möchte schnellstm­öglich aus ihrem Albtraum erwachen“, sagt der Verteidige­r. Insgesamt sind 20 Verhandlun­gstage geplant. Ein Urteil wird Ende April erwartet.

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FOTO: CLAUDIA HAUSER Der Angeklagte (M.) mit seinen beiden Verteidige­rn.

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