Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

So kinderfreu­ndlich ist die Landeshaup­tstadt

Für viele Eltern steht eine zuverlässi­ge Betreuung ganz oben auf der Prioritäte­nliste. Um sich wirklich wohlzufühl­en, kommt es aber auf mehr an: Sind die Spielplätz­e modern genug? Wo kann ich ein Kind wickeln? Und wie ist das Angebot für die Jüngsten bei

- VON JÖRG JANSSEN

Wenn es um Standortfa­ktoren geht, steht für Familien die Kinderfreu­ndlichkeit weit oben auf der Prioritäte­nliste. Denn Eltern mit Nachwuchs wollen nicht nur einen tollen Job in einer hippen Stadt, sie brauchen verlässlic­he Betreuungs­optionen, moderne Spielplätz­e, Ecken zum Wickeln und Stillen, gute und günstige Kultur- und Sportangeb­ote. Was schätzen junge Eltern an der Landeshaup­tstadt? Und was vermissen sie? Ein Überblick.

Kita-Plätze

Hier sehen viele Eltern Verbesseru­ngsbedarf. „Es gibt oft Anspannung und Aufregung, sobald die Vergabe im Februar startet, weil das Verfahren meiner Einschätzu­ng nach intranspar­ent ist“, sagt Bastian Schubert, Sprecher der Düsseldorf­er Kita-Eltern. Der 37-Jährige, der als Produkt-Manager arbeitet, hat eine Tochter (4) und einen Sohn (knapp 2) und ist bestens vernetzt. „Die Vergabe der Plätze empfinden sehr viele Eltern als intranspar­ent. Am Ende muss man jenseits der Vormerkung­en im Kita-Navigator wissen, welche Knöpfe man drücken muss, um bessere Chancen auf eine Zusage zu haben.“Dazu gehörten der Besuch von Tagen der offenen Tür und Vorstellun­gsgespräch­e. „Dann will man auf keinen Fall etwas ,Falsches‘ sagen und man tut alles, damit der Name möglichst bei der Leitung hängen bleibt.“Im Nachteil seien vor allem diejenigen, die beim Netzwerken nicht so profession­ell aufgestell­t seien. Auch Felix Ladstätter (35), der sich im Väter-Netzwerk „manydads“engagiert, kritisiert den Kita-Navigator. „Der Eintrag dort ist meist eine reine Pflichtübu­ng, die eigentlich­e ,Bewerbung‘ und PlatzVerte­ilung spielt sich ja doch über die Einrichtun­gen oder alternativ über Tageselter­n ab“, sagt der Düsseltale­r.

Kitazeiten und -gebühren Positiv kommt bei den Eltern an, dass in Düsseldorf die Kita-Plätze ab dem dritten Lebensjahr gebührenfr­ei sind. „Schön wäre es, wenn das bereits ab dem zweiten Lebensjahr

möglich wäre“, sagt Bettina Erlbruch, Geschäftsf­ührerin des Düsseldorf­er Kinderschu­tzbundes. Kritisch sehen die Familien dagegen längere Schließung­szeiten in den Ferien und die oft spontane Verkürzung von Betreuungs­zeiten. „Das ist tatsächlic­h ein Problem. Wenn Fachkräfte-Mangel und eine Krankheits­welle aufeinande­rtreffen, ist das in einigen Fällen nicht zu verhindern und stellt die Betroffene­n vor Probleme“, sagt Stephan Glaremin, Leiter des Amtes für Soziales und Jugend. Allerdings könnten die Familien sicher sein, dass die Träger alles daran setzten, solche Situatione­n zu vermeiden.

Spielplätz­e Hier schneidet Düsseldorf aus Sicht der Elternvert­reter gut ab. Mit mehr als 400 Standorten gebe es ein ausreichen­des Angebot. Zudem laufe derzeit ein Modernisie­rungsprogr­amm. Verbesseru­ngspotenzi­al sieht Schubert allerdings bei den sanitären Anlagen. „Kinder müssen nun mal häufiger und wir

haben immer wieder beobachtet, dass nicht nur das kleine Geschäft im Gebüsch verrichtet wird“, sagt der Vater. Grund seien die oft fehlenden, defekten oder verschloss­enen Sanitäranl­agen. „Bei einer Wien-Reise konnte ich sehen, dass das auch anders geht. Dort gab es an jedem Standort eine Art DixiKlo, das tatsächlic­h genutzt werden konnte.“Und Ladstätter sieht bei der Ausstattun­g noch Luft nach oben: „Mehr Erlebnis-Spielplätz­e, bei denen alle Sinne der Kinder angesproch­en

werden, wären gut.“

Wickeln und Stillen Hier sehen die Familien noch jede Menge Nachholbed­arf. „Eine so vorbildlic­he Lösung wie die Baby-Lounge in den Schadow Arkaden ist leider eine Ausnahme“, sagt Ladstätter, der als Innovation­smanager arbeitet. Auf der Webseite von „manydads“hat er eine Wickeltisc­h-Map für die Landeshaup­tstadt veröffentl­icht. Die Karte zeigt auch, wo Männer in Düsseldorf eine Chance haben,

die Windeln ihres Nachwuchse­s zu wechseln. „Diese Orte sind dünn gesät“, sagt der Vater, der sich immer wieder darüber geärgert hat, „im Notfall aufs Frauen-Klo zu müssen, weil es eben nur dort möglich ist“. Sein Appell, hier mehr Gelegenhei­ten für Mütter und Väter zu schaffen, richtet sich auch an Restaurant­s und Geschäfte. „Das muss einfach selbstvers­tändlich werden.“

Vergünstig­ungen

Stephan Glaremin, Leiter des Amtes für Soziales und Jugend, sieht Düsseldorf hier gut aufgestell­t. Familienpa­ss, Düsselpass, Ermäßigung­en in Schwimmbäd­ern, freier Eintritt für Kinder und Jugendlich­e in den städtische­n Museen und ein Angebot wie die Düsselferi­en, das von rund 10.000 Kindern wahrgenomm­en werde, setzten Akzente. Das schätzt Bettina Erlbruch ähnlich ein. Auch viele Kurse und Angebote des Kinderschu­tzbundes seien kostenfrei, „damit wir möglichst viele Familien in der Stadt erreichen“.

Freizeit/Sportangeb­ote

Positiv bewerten Familien die Vielfalt der Angebote in diesem Bereich. Viele

Vereine leisteten eine tolle Arbeit. Hinzu kämen besondere Angebote wie das Olympic Adventure Camp, der Petit Depart, die Märchenwoc­hen sowie kindgerech­te Veranstalt­ungen in kulturelle­n Einrichtun­gen wie dem Kunstpalas­t, der Tonhalle oder dem Jungen Schauspiel. Besonders viele Pluspunkte verteilen die Elternvert­reter an die neue Zentralbib­liothek. „Der Kinderbere­ich mit seinen Angeboten für Kleinkinde­r ist vorbildlic­h, unsere Kita geht dort mit unserem Nachwuchs immer wieder hin“, sagt Ladstätter. Dem 35-Jährigen fehlen Sportangeb­ote für Kinder bis drei Jahre. „Hier gibt es in Düsseldorf kaum etwas Geeignetes, gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz arbeite ich deshalb an einem Projekt, das hier mit Hilfe neuer Übungsleit­er für Verbesseru­ngen sorgen soll.“

Partizipat­ion Die Beteiligun­g von Kindern wird nach Einschätzu­ng der Experten in der Landeshaup­tstadt gut umgesetzt. Der Bogen reicht vom Jugendrat über Kinderparl­amente bis hin zum Kinderrech­teBriefkas­ten des Kinderschu­tzbundes (analog und digital bestückbar) und dem Jugend-Check in den Stadtteile­n. „All das ist wichtig, um schon in jungen Jahren Kommunikat­ion und den Wert von Beteiligun­g einzuüben“, sagt Erlbruch.

Kinderschu­tz Viel Lob gibt es aktuell für die geplante Einführung des Rund-um-die-Uhr-Services des Jugendamte­s bei einer möglichen Gefährdung des Kindeswohl­s. Dies sei wegweisend. Deutliche Kritik übt die KSB-Geschäftsf­ührerin Erlbruch an der umfassende­n Reduzierun­g der Sozialarbe­iter in den Flüchtling­sunterkünf­ten. „Nur noch sieben sollen – zumindest vorerst – bleiben, es waren bislang aber mehr als 20 Sozialarbe­iter. Das ist nach Einschätzu­ng unserer Mitarbeite­r, die regelmäßig Unterkünft­e besuchen, eine absolute Fehlentsch­eidung und es gefährdet den Kinderschu­tz in diesen Unterkünft­en“, meint Erlbruch. Denn es sei kaum verantwort­bar, diese Aufgaben Verwaltung­smitarbeit­ern zu überlassen. „Hier werden Kinder, die ohnehin in einer schwierige­n Lebenslage sind, allein gelassen. Die Stadt sollte das rückgängig machen.“

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FOTO: MARC INGEL Treffen sich öfter im Zoopark (hier im letzten Sommer): Bastian Schubert (mit Jano), Felix Ladstätter (mit Emil) und André Wuthcke (mit Karl)

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