Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
So kinderfreundlich ist die Landeshauptstadt
Für viele Eltern steht eine zuverlässige Betreuung ganz oben auf der Prioritätenliste. Um sich wirklich wohlzufühlen, kommt es aber auf mehr an: Sind die Spielplätze modern genug? Wo kann ich ein Kind wickeln? Und wie ist das Angebot für die Jüngsten bei
Wenn es um Standortfaktoren geht, steht für Familien die Kinderfreundlichkeit weit oben auf der Prioritätenliste. Denn Eltern mit Nachwuchs wollen nicht nur einen tollen Job in einer hippen Stadt, sie brauchen verlässliche Betreuungsoptionen, moderne Spielplätze, Ecken zum Wickeln und Stillen, gute und günstige Kultur- und Sportangebote. Was schätzen junge Eltern an der Landeshauptstadt? Und was vermissen sie? Ein Überblick.
Kita-Plätze
Hier sehen viele Eltern Verbesserungsbedarf. „Es gibt oft Anspannung und Aufregung, sobald die Vergabe im Februar startet, weil das Verfahren meiner Einschätzung nach intransparent ist“, sagt Bastian Schubert, Sprecher der Düsseldorfer Kita-Eltern. Der 37-Jährige, der als Produkt-Manager arbeitet, hat eine Tochter (4) und einen Sohn (knapp 2) und ist bestens vernetzt. „Die Vergabe der Plätze empfinden sehr viele Eltern als intransparent. Am Ende muss man jenseits der Vormerkungen im Kita-Navigator wissen, welche Knöpfe man drücken muss, um bessere Chancen auf eine Zusage zu haben.“Dazu gehörten der Besuch von Tagen der offenen Tür und Vorstellungsgespräche. „Dann will man auf keinen Fall etwas ,Falsches‘ sagen und man tut alles, damit der Name möglichst bei der Leitung hängen bleibt.“Im Nachteil seien vor allem diejenigen, die beim Netzwerken nicht so professionell aufgestellt seien. Auch Felix Ladstätter (35), der sich im Väter-Netzwerk „manydads“engagiert, kritisiert den Kita-Navigator. „Der Eintrag dort ist meist eine reine Pflichtübung, die eigentliche ,Bewerbung‘ und PlatzVerteilung spielt sich ja doch über die Einrichtungen oder alternativ über Tageseltern ab“, sagt der Düsseltaler.
Kitazeiten und -gebühren Positiv kommt bei den Eltern an, dass in Düsseldorf die Kita-Plätze ab dem dritten Lebensjahr gebührenfrei sind. „Schön wäre es, wenn das bereits ab dem zweiten Lebensjahr
möglich wäre“, sagt Bettina Erlbruch, Geschäftsführerin des Düsseldorfer Kinderschutzbundes. Kritisch sehen die Familien dagegen längere Schließungszeiten in den Ferien und die oft spontane Verkürzung von Betreuungszeiten. „Das ist tatsächlich ein Problem. Wenn Fachkräfte-Mangel und eine Krankheitswelle aufeinandertreffen, ist das in einigen Fällen nicht zu verhindern und stellt die Betroffenen vor Probleme“, sagt Stephan Glaremin, Leiter des Amtes für Soziales und Jugend. Allerdings könnten die Familien sicher sein, dass die Träger alles daran setzten, solche Situationen zu vermeiden.
Spielplätze Hier schneidet Düsseldorf aus Sicht der Elternvertreter gut ab. Mit mehr als 400 Standorten gebe es ein ausreichendes Angebot. Zudem laufe derzeit ein Modernisierungsprogramm. Verbesserungspotenzial sieht Schubert allerdings bei den sanitären Anlagen. „Kinder müssen nun mal häufiger und wir
haben immer wieder beobachtet, dass nicht nur das kleine Geschäft im Gebüsch verrichtet wird“, sagt der Vater. Grund seien die oft fehlenden, defekten oder verschlossenen Sanitäranlagen. „Bei einer Wien-Reise konnte ich sehen, dass das auch anders geht. Dort gab es an jedem Standort eine Art DixiKlo, das tatsächlich genutzt werden konnte.“Und Ladstätter sieht bei der Ausstattung noch Luft nach oben: „Mehr Erlebnis-Spielplätze, bei denen alle Sinne der Kinder angesprochen
werden, wären gut.“
Wickeln und Stillen Hier sehen die Familien noch jede Menge Nachholbedarf. „Eine so vorbildliche Lösung wie die Baby-Lounge in den Schadow Arkaden ist leider eine Ausnahme“, sagt Ladstätter, der als Innovationsmanager arbeitet. Auf der Webseite von „manydads“hat er eine Wickeltisch-Map für die Landeshauptstadt veröffentlicht. Die Karte zeigt auch, wo Männer in Düsseldorf eine Chance haben,
die Windeln ihres Nachwuchses zu wechseln. „Diese Orte sind dünn gesät“, sagt der Vater, der sich immer wieder darüber geärgert hat, „im Notfall aufs Frauen-Klo zu müssen, weil es eben nur dort möglich ist“. Sein Appell, hier mehr Gelegenheiten für Mütter und Väter zu schaffen, richtet sich auch an Restaurants und Geschäfte. „Das muss einfach selbstverständlich werden.“
Vergünstigungen
Stephan Glaremin, Leiter des Amtes für Soziales und Jugend, sieht Düsseldorf hier gut aufgestellt. Familienpass, Düsselpass, Ermäßigungen in Schwimmbädern, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche in den städtischen Museen und ein Angebot wie die Düsselferien, das von rund 10.000 Kindern wahrgenommen werde, setzten Akzente. Das schätzt Bettina Erlbruch ähnlich ein. Auch viele Kurse und Angebote des Kinderschutzbundes seien kostenfrei, „damit wir möglichst viele Familien in der Stadt erreichen“.
Freizeit/Sportangebote
Positiv bewerten Familien die Vielfalt der Angebote in diesem Bereich. Viele
Vereine leisteten eine tolle Arbeit. Hinzu kämen besondere Angebote wie das Olympic Adventure Camp, der Petit Depart, die Märchenwochen sowie kindgerechte Veranstaltungen in kulturellen Einrichtungen wie dem Kunstpalast, der Tonhalle oder dem Jungen Schauspiel. Besonders viele Pluspunkte verteilen die Elternvertreter an die neue Zentralbibliothek. „Der Kinderbereich mit seinen Angeboten für Kleinkinder ist vorbildlich, unsere Kita geht dort mit unserem Nachwuchs immer wieder hin“, sagt Ladstätter. Dem 35-Jährigen fehlen Sportangebote für Kinder bis drei Jahre. „Hier gibt es in Düsseldorf kaum etwas Geeignetes, gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz arbeite ich deshalb an einem Projekt, das hier mit Hilfe neuer Übungsleiter für Verbesserungen sorgen soll.“
Partizipation Die Beteiligung von Kindern wird nach Einschätzung der Experten in der Landeshauptstadt gut umgesetzt. Der Bogen reicht vom Jugendrat über Kinderparlamente bis hin zum KinderrechteBriefkasten des Kinderschutzbundes (analog und digital bestückbar) und dem Jugend-Check in den Stadtteilen. „All das ist wichtig, um schon in jungen Jahren Kommunikation und den Wert von Beteiligung einzuüben“, sagt Erlbruch.
Kinderschutz Viel Lob gibt es aktuell für die geplante Einführung des Rund-um-die-Uhr-Services des Jugendamtes bei einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls. Dies sei wegweisend. Deutliche Kritik übt die KSB-Geschäftsführerin Erlbruch an der umfassenden Reduzierung der Sozialarbeiter in den Flüchtlingsunterkünften. „Nur noch sieben sollen – zumindest vorerst – bleiben, es waren bislang aber mehr als 20 Sozialarbeiter. Das ist nach Einschätzung unserer Mitarbeiter, die regelmäßig Unterkünfte besuchen, eine absolute Fehlentscheidung und es gefährdet den Kinderschutz in diesen Unterkünften“, meint Erlbruch. Denn es sei kaum verantwortbar, diese Aufgaben Verwaltungsmitarbeitern zu überlassen. „Hier werden Kinder, die ohnehin in einer schwierigen Lebenslage sind, allein gelassen. Die Stadt sollte das rückgängig machen.“