Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Auf Radtour mit 93 Jahren
Die Bürgerstiftung Meerbusch hat dem Seniorenheim Hildegundis zum Meer eine Fahrradrikscha besorgt.
Renate Brauer ist skeptisch. „Ich habe Angst, dass ich bei der Fahrt rauskippe“, sagt die 83-Jährige. „Andererseits bin ich neugierig, wie es darin so ist.“Also nimmt die Seniorin neben Elisabeth Werres (93) Platz in der neuen Fahrrad-Rikscha, die die Bürgerstiftung Meerbusch dem Caritashaus Hildegundis zum Meer besorgt hat. Und lässt sich von Stanley Schmucker, der ab 1. Februar das Seniorenheim in Osterath leitet, um das Haus kutschieren.
Das Gefährt mit Verdeck stammt aus Holland und ist eigens für ältere Menschen konzipiert. „Man kann bodentief einsteigen, die Fußplatte dann hochfahren, sich anschnallen und seinen Spazierstock in einer Halterung befestigen“, erklärt Toni Selders vom Vorsitz des Stiftungsrates. „Wir haben extra das beste Modell ausgesucht, damit die Senioren auch gerne damit unterwegs sind und zum Beispiel zum Markt fahren können.“
Rund 10.000 Euro hat das gute Stück gekostet, dass dem Altenheim nun als Dauerleihgabe zur Verfügung steht und nach Angabe der Stiftungsmitglieder besonders stabil ist. „Es soll schließlich einige Jahre halten“, sagt Selders.
Er hatte sich auf die Suche nach einem geeigneten Gefährt gemacht. „Wir hätten es gerne hier vor Ort gekauft.“Doch derartige Sondermodelle
führe nicht jeder Händler. Also sei die Wahl auf ein Fahrradgeschäft in Mönchengladbach gefallen. Seit 2022 plante die Bürgerstiftung den Kauf einer Rikscha für ein Seniorenheim. „In Neuss fahren schon seit Längerem Rikschas herum“, berichtet Stiftungsvorsitzender Lothar Beseler. „Da haben wir gedacht, das wäre eine schöne Sache.“
Die Leiterin des Caritashauses
Hildegundis vom Meer, Lydia Wisner, sei von der Idee auch sogleich angetan gewesen. Doch habe man noch einige organisatorische Fragen klären müssen. Zum Beispiel, ob sich genügend Ehrenamtler finden würden, um das Spezialdreirad zu fahren. Und wie die Versicherung für Fahrer, Passagiere und die Rikscha selbst auszugestalten sei.
„Wir haben jetzt eine Garage ausgeräumt, in der die Rikscha sicher untergestellt werden kann“, sagt Wisner. Für sie ist die Entgegennahme des Kutschenfahrrads eine ihrer letzten Amtshandlungen als Heimleiterin: Ab Februar geht sie in Ruhestand. Dann übernimmt Stanley Schmucker. Der 45-Jährige war zuletzt im Düsseldorfer Gerricusstift tätig und arbeitet sich seit drei Monaten am Bommershöfer Weg ein. 139 ältere Menschen leben zurzeit dort, die meisten von ihnen Frauen. „Wir haben nur etwa 25 Männer“, berichtet Wisner. „Daran merkt man noch die Kriegsgeneration und dass viele Männer im Krieg gefallen sind.“
Ausflüge seien aber auch ohne die Fahrrad-Rikscha schon möglich gewesen. „Wir haben einen Ford Transit mit Platz für acht Personen“, berichtet die scheidende Heimleiterin. „Und wir gehen auch jetzt schon auf den Markt und verkaufen dort zum Beispiel die Schreinerarbeiten, die unsere Männer herstellen.“
Für Renate Brauer war der Markt allerdings zu weit. „Das schaffe ich nicht mit meinem Rollator“, sagt die Seniorin. „Aber mit der Rikscha würde das nun gut gehen.“Ebenso Besuche bei ihrer Tochter, die in Osterath wohnt. „Ich komme aus Lörick und bin früher viel Fahrrad gefahren“, erzählt die 83-Jährige.
So geht es auch Elisabeth Werres, die in Lörick ganz in der Nähe ihrer Sitznachbarin wohnte. Sie reizt es nun, auf dem Markt Aufschnitt einzukaufen. „Am liebsten mag ich Käse“, berichtet sie schmunzelnd. Und in der Rikscha sitze es sich sehr angenehm. „Hier könnte ich mir die Einkaufstasche einfach auf den Schoß stellen.“
Die Organisation der Fahrradausflüge obliege nun dem Sozialdienst des Hauses, der die Einsätze der ehrenamtlichen Männer und Frauen koordiniert. Rund 20 seien es zurzeit, fast 15 weniger als vor Corona. „Die Bewohner werden Schlange stehen, davon bin ich überzeugt“, sagt Schmucker. Weitere Rikschafahrer seien daher willkommen. „Einen besonderen Führerschein benötigt man dafür nicht.“