Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Haussperling auf dem absteigenden Ast
Die „Stunde der Wintervögel“des Nabu ist die bundesweit größte wissenschaftliche Mitmachaktion. Im Rhein-Kreis zählten 456 Vogelfreunde, was in Gärten und Parks herumflatterte. Über Ergebnisse und Trends.
Der Haussperling ist bundesweit die in Parks und Gärten am häufigsten zu beobachtende Vogelart. Das bestätigte die Aktion „Stunde der Wintervögel“des Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der am Donnerstag in Berlin die Endergebnisse dieser wissenschaftlichen Mitmachaktion vorstellte. Im Rhein-Kreis Neuss aber rangiert der Spatz nur an dritter Stelle – mit deutlich weniger Sichtungen als vor einem Jahr. Muss man um den Bestand dieser Art fürchten?
20 Prozent weniger Sichtungen als vor einem Jahr sähen zwar zunächst bedenklich aus, sagt Nabu-Vogelexperte Martin Rümmler, doch Sorgen um den Haussperling macht er sich im Rhein-Kreis nicht. Der Wert liege im Schwankungsbereich der vergangenen Jahre, „der Bestand zeigt sich robust“, sagt er mit Blick in die Statistik. Die weist 989 Meldungen von Vogelfreunden aus dem RheinKreis aus.
Vom 5. bis zum 7. Januar waren alle Naturliebhaber aufgerufen, eine Stunde lang die Vogelwelt in Parks und Gärten zu beobachten, die Arten zu bestimmen und zu melden. Rund 130.000 Menschen folgten dem Aufruf des Nabu, das waren rund ein Drittel mehr als im Aktionszeitraum 2023. Entsprechend stieg auch die Zahl der Sichtungen. „Das Wetter hat am Zählwochenende mit frischem Schnee in weiten Teilen des Landes für ideale und geradezu romantische Bedingungen fürs Vogelzählen gesorgt“, versucht Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller eine Erklärung.
Aus dem Rhein-Kreis erreichten den Nabu Berichte von 456 Vogelbeobachtern. Das sei ein guter Wert, lobt Rümmler. Sie registrierten in 352 Gärten und Balkonen exakt 9957 Vögel. Das entspricht einem Schnitt von 28,2 Tieren pro „Zählstelle“und liegt unter dem bundesweiten Mittelwert von 35.
An der Spitze der Sichtungen liegen Kohl- und Blaumeise mit 1302 beziehungsweise 1078 Erwähnungen. Dazu trägt sicher bei, sagt Rümmler, dass diese Arten in Siedlungen häufig vertreten und
zudem recht eindeutig zu erkennen sind. Die Erfahrung zeige, fügt er hinzu, dass Beobachter, die sich in der Bestimmung nicht sicher sind, einen gesichteten Vogel eher nicht erwähnen.
Hinter dem Haussperling rangiert die Amsel mit 769 Beobachtungen an vierter Stelle. Sie gehört eigentlich zu den Zugvögeln, doch in den zunehmend milderen Wintern ersparen sich etliche dieser Vögel den Reisestress. Es sei aber auch zu beobachten, dass die Amseln, die sich jetzt an Futterhäuschen bedienen, aus (noch) kälteren Gegenden Nord- und Osteuropas eingereist sind. „Das sind nicht unbedingt die Vögel, die dann im Frühjahr bei uns brüten“, sagt Rümmler.
Auffällig aus heimischer Sicht
ist die Zunahme von Rabenvögeln und Sitticharten. Der lautstarke Halsbandsittich etwa liegt mit 184 Nennungen im kreisweiten Ranking schon auf Rang 15. „Das zeigt, dass die Population wächst“, sagt Rümmler. Noch würden die Sittiche nicht als invasive Art gelten, fügt er hinzu, „aber es ist auch noch nicht abzuschätzen, ob sie ein ökologisches Problem werden“. Etwa weil sie anderen Nischenbrütern die Nistmöglichkeit streitig machen.
Ob das in unseren Breiten vergleichsweise nasse Kalenderjahr 2023 Auswirkungen auf die Vogelpopulationen hatte, kann nach Rümmlers Darstellung aus den Sichtungen nicht herausgelesen werden. Das werde sich im Frühjahr an Arten wie den Mauersegler
zeigen, sagt er.
Auffällig aus Sicht des Nabu war, dass sich Waldvogelarten häufiger an den Futterstellen zeigten. Die Tannenmeise wurde zwar nur zwei Mal im Kreis beobachtet, der Buntspecht 149 Mal (plus 13 Prozent) und der Eichelhäher sogar 155 Mal (plus 69 Prozent).
Die klirrende Kälte Anfang des Jahres in Ost- und Nordeuropa hat auch vermehrt Wintergäste wie den Birkenzeisig und den Seidenschwanz in bundesdeutsche Gärten vertrieben, doch bis in den RheinKreis drangen sie offenbar nicht vor. Anders liegt der Fall bei den Kranichen, die die eingeschneite norddeutsche Tiefebene verlassen haben. 54 Vögel dieser Art wurden im Kreis beobachtet.