Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Thiounes größter Trainer-Erfolg

Beim Fortuna-Coach wurden auf St. Pauli schlimme Erinnerung­en wach.

- VON TOBIAS DINKELBORG

Eine der ersten Gratulatio­nen kam aus der Heimat, vom alten Arbeitgebe­r. Das Elfmeterdr­ama am Millerntor war noch keine zwei Minuten vorbei, da meldete sich der VfL Osnabrück auf „X“, dem ehemaligen Twitter, zu Wort. „Glückwunsc­h, Daniel. Pokal-Halbfinale. Hast du dir verdient“, schrieb die Social-MediaAbtei­lung des Zweitliga-Schlusslic­hts, nachdem Christos Tzolis den entscheide­nden Versuch vom Punkt verwandelt und Fortuna beim FC St. Pauli ins DFB-Pokal-Halbfinale geschossen hatte.

Knapp drei Jahre hatte Daniel Thioune die Profi-Mannschaft der Niedersach­sen – noch heute pendelt der Fußballleh­rer zwischen Düsseldorf und Osnabrück, wo seine Familie nach wie vor wohnt – trainiert und in dieser Zeit seinen bis dato größten Erfolg nach dem Ende seiner aktiven Karriere gefeiert: den Aufstieg in die Zweite Liga, nachdem der VfL in der Saison zuvor beinahe in die Regionalli­ga abgestiege­n wäre.

„Am Standort Osnabrück war der Aufstieg damals schon eine einmalige Geschichte, gerade wenn man in dem Jahr davor mit wenigen Punkten so eben noch die Liga erhalten konnte. Das war schon ein großer Erfolg, auch weil es meine Heimat ist“, sagte der heutige Fortuna-Chefcoach am Morgen nach dem Triumph auf St. Pauli. Doch auch wenn Thioune zunächst ein wenig ins Grübeln geriet, stellte er fest: „Aber ja, der Einzug ins PokalHalbf­inale ist für mich jetzt wohl das Größte, was ich je als Trainer im Profifußba­ll erreicht habe.“

Viel Zeit zum Feiern dieses besonderen Momentes hatte der 49-Jährige am Millerntor jedoch nicht. „Ich habe eine Kamera nach der anderen gesehen und hatte eine Pressekonf­erenz kurz nach Mitternach­t“, betonte Thioune, um mit einem fragenden Grinsen zu ergänzen: „Wo sollte ich da noch feiern?“Ganz ohne Belohnung trat er die Reise ins Mannschaft­shotel dennoch nicht an. „Wir haben anschließe­nd noch ein Kaltgeträn­k eingenomme­n. Für mich ist das Feiern aber eher zweitrangi­g, ich bin in solchen Situatione­n in erster Linie sehr erleichter­t und fühle mich wohl.“

Ganz besonders, weil zwischenze­itlich schlimme Erinnerung­en an das Ausscheide­n beim 1. FC

Nürnberg wachgeword­en waren. „Das Nürnberg-Spiel war präsent, sowohl bei den Spielern als auch bei mir“, gestand Thioune. „Die Geschichte war ja identisch mit dem späten Ausgleich, nur dass wir ihn in Nürnberg in der 90. Minute kassiert haben und jetzt in der 120. – und das, obwohl er aus meiner Sicht gar nicht in der Luft lag.“

Und es gab noch zwei weitere Parallelen. „Dann kam dieser Moment im Elfmetersc­hießen, als Florian zum zweiten Mal gegen einen Schützen antreten musste, weil er zu früh von der Linie kam“, fuhr der Trainer fort; damals war das gegen Taylan Duman der Fall, am Dienstag gegen Marcel Hartel. „Daran habe ich mich erinnert. Und dann haben wir auf die Kurve des Gegners geschossen, das war damals in Nürnberg auch so.“

Neben dem Fakt, dass die Fortuna dieses Mal jedoch die Nerven behielt und sich im Elfmetersc­hießen durchsetzt­e, war allerdings noch etwas anders – glückliche­rweise. Während sich in Nürnberg in der vergangene­n Saison viele erfahrene Akteure vor dem Gang zum Punkt gedrückt hatten, wollten auf St. Pauli viel mehr Spieler die Verantwort­ung übernehmen als zunächst überhaupt ging. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, dass sie so klar war und sofort die fünf Schützen gefunden hat“, sagte Thioune. Jeder wollte Teil des großen Erfolgs sein. Des größten sogar in der Karriere des Trainers – als Trainer.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Voller Freude: Fortuna-Trainer Daniel Thioune.

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