Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Feines Doppelkonzert für Flöte und Oboe
In der „Sternzeichen“-Reihe rahmen Beethoven und Schubert ein Werk von Salieri ein – ein Genuss dank zweier Solistinnen.
Wer zwischen zwei Riesen steht, wirkt trotz Normalgröße oft lachhaft klein. Leicht hätte es Antonio Salieri so ergehen können, dessen eloquent-feines Doppelkonzert für Flöte und Oboe sich im jüngsten „Sternzeichen“-Konzert am Freitagabend in der Tonhalle zwischen Sinfonien von Franz Schubert und Ludwig van Beethoven wiederfindet.
Dass es anders kam, ist den Solistinnen zu verdanken, aber auch den einleitenden Worten von Intendant Michael Becker. Er erinnerte daran, dass beide Komponisten zu den vielen berühmten Schülern des österreichischen Italieners gehörten, der zu Lebzeiten hohes Ansehen genoss (und Mozart natürlich nicht umgebracht hat). Er unterrichtete zudem Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer, Johann Nepomuk Hummel, Carl Czerny und Franz Xaver Süßmayr.
Mag Salieris Doppelkonzert auch einer anderen Gewichtsklasse angehören – durch die zentrale Position wird es zum wichtigen Scharnier dieses Programms, mit dem Dirigent Adam Fischer seinen Beethoven-Schubert-Zyklus fortsetzt. Solisten aus den eigenen Reihen können die Düsseldorfer Symphoniker aufbieten: Ruth Legelli (Flöte) und Gisela Hellrung (Oboe), die ihre Stimmgruppen seit nunmehr 28 Jahren führen, sind für die seltene Instrumentenkombination ideal eingespielt.
Silbrig elegant klingt das Werk in ihrer Deutung, erfrischend geradlinig trotz vieler Umspielungen, die in den Kadenzen zu schwirren beginnen. Legellis Flötenton ist volltönend rund, der Oboenton von Hellrung staunenswert hell und schlank: So ergänzen sich beide wunderbar. Von Atemtechnik ist
bei solchen Profis so gut wie nichts zu bemerken. Die Musik fließt und schwebt, vor allem im langsamen Satz, mit größter Selbstverständlichkeit dahin.
Schuberts 4. Sinfonie beginnt an diesem Abend mit einem überlaut dröhnenden Paukenwirbel, zeigt aber bereits in der langsamen Einleitung, wie warm und lebhaft unter der Leitung von Adam Fischer musiziert wird. Eine nervöse, fast manische Energie durchpulst die Ecksätze. Fischer verleiht ihr immer neuen Schub. Seine Akzente
sind mal frisch, mal aggressiv, mal nadelgleich fein, mal wie ein scharfer Stich. Seidige Eleganz prägt den Streicherklang, die Instrumentengruppen halten beredte Wechselsprache. Kleine Zwischenfälle in der Bläserintonation sind da nicht der Rede wert.
Die Tonart c-Moll hat manchen Vergleich mit Beethovens 5. Sinfonie provoziert, was nur bedingt sinnvoll ist: Schubert war bei der Komposition seiner letzten Sinfonie jünger als Beethoven bei der seiner ersten. Seine „Tragische“– der Beiname
stammt ausnahmsweise vom Komponisten selbst – ist das Werk eines 19-Jährigen. Fischer lädt es im Sinne von Sturm und Drang mit Feuer auf, verliert darüber aber nie den genialen Melodiker aus dem Blick. Viele Wiederholungen liegen auf dem Weg von der schicksalsschweren Einleitung bis zum Finale mit seinem Festouvertüren-Charakter. Aber wo Licht und Schatten so schön wechseln, wird es nie langweilig.
Nach der Pause setzt Beethovens 6. Sinfonie den Schlusspunkt. Adam
Fischer und die Düsseldorfer Symphoniker gönnen uns eine „Pastorale“vom Feinsten. Ein erdiger Orchesterklang, von den Kontrabässen angeschoben, rundet sich da zu leuchtender Fülle. Die Szene am Bach verströmt ihr Idyll, samt Wellenbewegungen in den Streichern und Vogelrufen in den Holzbläsern. Das „Lustige Zusammensein der Landleute“(Allegro) nimmt trippelnd Anlauf, beginnt dann zu tänzeln und schließlich zu stampfen. Jagdhörner schmettern hinein. Für den Gewittersturm lässt Fischer
die Piccoloflöte im Stehen spielen: Er hat sie zudem separat platziert, damit sie grell über Donner und Windböen hinweg pfeifen kann. Es grummelt und rumort in den Kontrabässen, blitzgleich durchzucken die Einwürfe der Geigen das düstere Fresko.
Die „frohen und dankbaren Gefühle nach dem Sturm“zelebrieren Fischer und das Orchester in gelöstem Tempo. Jedes Forte flammt goldgelb auf, alles fügt sich zum tönenden Sinnbild der Natur, hier noch im Zustand der Reinheit, der völligen Unversehrtheit. Wie weit die Welt heute auch davon entfernt sein mag, in Beethovens Musik ist das Paradies nicht verloren. Dem Schlussapplaus ist die Dankbarkeit dafür deutlich anzumerken. Unmittelbar nach dem Schlusston zerreißt ein erster Bravoruf die Stille.