Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Meerbusche­r Migranten besuchen die „Demokratie­schule“

Die Integratio­nskurse der Volkshochs­chule lernten den Düsseldorf­er Landtag und seinen Vize-Präsidente­n kennen. Fragen zu stellen, war erwünscht.

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

Morteza und Mohammat aus Afghanista­n sowie der Ukrainer Vitalii nehmen in der ersten Reihe des Plenarsaal­es im Düsseldorf­er Landtag Platz. Etwas vorsichtig zunächst, aber durchaus interessie­rt, was sie am heutigen Tag erleben werden. Die drei sind Teilnehmer eines Integratio­nskurses der Meerbusche­r Volkshochs­chule (VHS). Denn um sich in einem Land heimisch zu fühlen, muss man nicht nur die Sprache verstehen, sondern auch wissen, wie das politische, gesellscha­ftliche und kulturelle Leben funktionie­rt. Daher nehmen nach Deutschlan­d geflüchtet­e Migranten an Integratio­nskursen teil.

Ein Höhepunkt ist der Besuch des Landtages in Düsseldorf. Landtagspr­äsident André Kuper hat ein entspreche­ndes Besuchspro­gramm, die „Demokratie­schule“, im Januar 2019 ins Leben gerufen. Ziel ist, den Zugewander­ten einen Einblick in Funktionen, Aufgaben und Arbeitswei­se des Landesparl­aments zu geben und Informatio­nen über Rechte und Pflichten in der Demokratie, Gewaltente­ilung und Föderalism­us zu vermitteln.

Beim jüngsten Termin wurden mehrere Gruppen – Männer und Frauen, Jüngere und Ältere – aus verschiede­nen Orten in NRW vom Vizepräsid­enten des Landtags, Rainer Schmeltzer (SPD), begrüßt. Dieser versuchte, in einem lockeren Plauderton den Besuchern ihre Hemmungen zu nehmen. Er sei 63 Jahre alt und seit 24 Jahren Abgeordnet­er, werde aber aus Altersgrün­den nicht wieder kandidiere­n. „Ich war damals einer der jüngsten Abgeordnet­en“, berichtete er.

Heute gebe es viel mehr jüngere Mitglieder. Auch junge Frauen seien zunehmend vertreten. „Das Parlament ist familienfr­eundlich. Wir haben eine profession­elle Kinderbetr­euung, auch für die Angestellt­en“, ergänzte Schmeltzer. Er sei mit 16 Jahren politisch aktiv geworden. Wenn man etwas verändern wolle, müsse man sich einbringen. In der Demokratie gebe es die Presse-, Demonstrat­ions-, Religions- und Redefreihe­it. Da könne jeder mitmachen und sachlich streiten, sowohl im Plenum als auch in den Parteien oder im privaten Gespräch.

Auf die Frage, wie viele Minister es in der Landesregi­erung gäbe, musste Schmeltzer erst einmal passen. Doch nach einem kurzen Blick hatte er die Antwort parat: zwölf Minister, so wie es zwölf Stühle in der ersten Reihe gebe, dazu der Ministerpr­äsident. Und wie viele hätten Migrations­hintergrun­d? „Das wissen wir nicht so genau“, antwortete der Landtags-Vizepräsid­ent. Das sei eine Frage der Definition. Am Namen könne man das heutzutage nicht mehr festmachen.

Schmeltzer erklärte weiter, dass nicht immer alle Abgeordnet­e im Plenum seien, aber sehr wohl wüssten, wie sie abstimmen müssten, da die Themen zuvor in Arbeitskre­isen und Ausschüsse­n diskutiert würden. Zudem sei auch im Wahlkreis, wo die meisten wohnen, viel Arbeit zu leisten. Doch es mache Spaß, wenn man sehe, wie die Demokratie funktionie­re und man sich frei äußern könne.

Er selbst sei auch Mitglied in verschiede­nen Vereinen wie bei der Arbeiterwo­hlfahrt, den Naturfreun­den, in Karnevals- und drei Fußballver­einen. Das sei der erste Schritt, um im gesellscha­ftlichen Leben des neuen Heimatland­es Fuß zu fassen. Dort könne man schnell Kontakte knüpfen.

„Feiern Sie mit uns Karneval, auch ohne Alkohol“, empfiehlt er. Habe man ein berufliche­s oder bürokratis­ches Problem, rate er dazu, sich an Politiker vor Ort, den dortigen Integratio­nsrat oder engagierte Gruppen zu wenden. Wie „Meerbusch hilft“, so der Einwurf von Beatrice Delassalle-Wischert, Leiterin der Meerbusche­r VHS.

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FOTO: ANGELIKA KIRCHHOLTE­S Mohammat, Morteza und Vitalii (von links) durften im Plenarsaal des Landtages Platz nehmen.

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