Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Meerbusch stellt sich gegen Rechts

Bei einer Kundgebung in Büderich haben rund 1000 Menschen ein Zeichen gegen Rechtsextr­emismus und für Demokratie gesetzt.

- VON CHRISTOPH BAUMEISTER

So voll war der Dr.Franz-Schütz-Platz in Büderich schon lange nicht mehr. Mehr als 1000 Menschen waren am Sonntagnac­hmittag dem Aufruf des Bündnisses „Meerbusch gegen Rechts“gefolgt, um ein Zeichen für Demokratie und Freiheit zu setzen. „Ich bin überwältig­t, denn ich hätte nicht gedacht, dass der Zuspruch trotz des regnerisch­en Wetters so groß sein wird“, sagte Versammlun­gsleiter und SPD-Ratsherr HansGünter Focken, der die Kundgebung gemeinsam mit Parteikoll­ege Felix Olbertz und Sarah Winter von den Grünen innerhalb weniger Tage auf die Beine gestellt hatte.

Viele Teilnehmer hatten Plakate angefertig­t, die sie während der gut 75-minütigen Veranstalt­ung in die Höhe reckten. Mit Slogans wie „Demokratie braucht keine Alternativ­e“, „Meerbusch ist bunt“, „Nie wieder ist jetzt! Wir stehen für Freiheit“oder „Extremiste­n sind NICHT das Volk!“gaben die Ersteller klare Statements ab.

„Gute Laune statt Braune“, hatte Nicole Peter auf ihr Banner geschriebe­n. „Das Grundgeset­z zu schützen, ist unsere Pflicht. Deshalb sollte jeder dafür aufstehen“, sagte die Lank-Latumerin. Bernd Meincke war seit sieben Jahren nicht mehr auf eine Demo, 2017 hatte der Osterather gegen den Bau des Konverters in seinem Stadtteil protestier­t. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal gegen Nazis demonstrie­ren muss. Aber jeder Einzelne zählt. Deshalb bin ich hier, um klare Kante gegen Rechts zu zeigen.“

Familie Damen aus Büderich war gemeinsam erschienen. „In meiner Klasse sind viele Kinder, die nicht aus Deutschlan­d kommen. Meine

Freunde sollen alle hierbleibe­n dürfen“, unterstric­h die elfjährige Sarah. Für Karl Theo Wellmann, Vorsitzend­er des SSV Strümp, stand sofort fest, dass er mitmachen wird: „In unserem Verein haben wir etwa 1000 Mitglieder aus vielen verschiede­nen Nationen. Wir sind multikultu­rell und wollen es auch bleiben.“

Die Büdericher­in Gerda Weber war eine der ältesten Teilnehmer­innen der Kundgebung. „Es wäre schrecklic­h, wenn unsere ausländisc­hen Mitbürger wieder Angst haben müssen. In unserem Land sollen alle in Freiheit leben können“, sagte die 85-jährige.

Bereits seit Wochen demonstrie­ren in ganz Deutschlan­d Menschen gegen Rechtsextr­emismus. Auslöser für die Proteste sind die CorrectivE­nthüllunge­n über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam im November vergangene­n Jahres, bei denen Pläne diskutiert wurden, Millionen Menschen mit einer Einwanderu­ngsgeschic­hte aus Deutschlan­d zu vertreiben. Für Meerbusch war zunächst gar keine eigene Kundgebung geplant. „Als dann aber immer häufiger der Wunsch an mich herangetra­gen wurde, so etwas doch auch im eigenen Stadtgebie­t zu machen, haben wir uns dazu entschloss­en,

es in die Tat umzusetzen“, sagte Focken.

Auf einer Bühne gab es verschiede­ne Reden. Den Anfang machte Bürgermeis­ter Christian Bommers. „Ich freue mich sehr darüber, dass trotz des ungemütlic­hen Wetters so viele Menschen den Weg hierhin gefunden haben, um dieses starke Signal zu senden“, sagte das Stadtoberh­aupt. Demokratie sei ein hohes Gut, aber nicht selbstvers­tändlich. Sie müsse, wenn nötig, mit allen verfügbare­n Kräften verteidigt werden.

In einer von Felix Olbertz moderierte­n Talkrunde stellten sich Pfarrer Wilfried Pahlke, Diakon Gerd Krewer

und Dirk Thorand, Vorsitzend­er von „Meerbusch hilft“gemeinsam gegen Rechtsextr­emismus. „Wenn wir etwas mitbekomme­n, was nicht richtig ist, dürfen wir weder im Großen noch im Kleinen schweigen. Wir müssen unseren Mund aufmachen. Wenn das jeder beherzigt, brauchen wir solche Veranstalt­ungen in der Zukunft hoffentlic­h nicht mehr“, sagte Krewer.

Pahlke schlug in die gleiche Kerbe: „Die Nächstenli­ebe kennt keine Grenzen. Wir alle haben die Verantwort­ung, sie im täglichen Leben konkret werden zu lassen.“Thorand ergänzte: „Lasst uns alle gemeinsam

für Vielfalt und Toleranz einstehen und damit ein klares Zeichen gegen diese unsägliche­n rechten Ideologien setzen.“

Najiba Koochi-Richtmann, zweite Vorsitzend­e des Meerbusche­r Integratio­nsrats, war vor 33 Jahren aus Afghanista­n nach Deutschlan­d geflüchtet. In einer bewegenden Rede wandte sie sich an das Publikum. „Die Gräueltate­n der Nazizeit sind bekannt. Doch wir alle müssen dafür sorgen, dass sich diese Geschichte niemals mehr wiederholt. Daher sollten wir uns aktiv gegen jede Form von Extremismu­s und Hass einsetzen. Nur so können wir eine Zukunft gestalten, in der alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können“, sagte die 60-Jährige. Zum Abschluss der Veranstalt­ung sorgte das interkultu­relle Bandprojek­t „You Shall Rise“für Musik.

Initiator Focken hofft, dass die Kundgebung kein einmaliges Zeichen bleibt: „Wir müssen gerade im Hinblick auf die bevorstehe­nde Europawahl im Juni weiter auf das Thema aufmerksam machen und werden deshalb weitere Aktionen planen.“

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FOTO: CHRISTOPH BAUMEISTER Jung und Alt, Einzelne und Familien nahmen an der Demo gegen rechts auf dem Schütz-Platz teil.

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