Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mehr als nur der Alte
Kyle Cumiskey war sich nicht sicher, ob er je wieder Eishockey spielen wird. Nun tut er das – und er hat sein Spiel sogar noch mal weiterentwickelt. Der Verteidiger macht die DEG in allen Bereichen besser.
Der 6:3-Sieg der Düsseldorfer EG am Freitag gegen die Schwenninger Wild Wings war schon eine halbe Stunde vorbei, da tauchte plötzlich eine Schulklasse vor der Kabine auf. Ganz klar war nicht, wie sie es dahin geschafft hatte, aber eins stand fest: Ohne Autogramme ihres Idols würden die Kinder nicht gehen. Lehrer, Eltern und Ordner versuchten ihr Bestes, aber da war nichts zu machen. „Hau-ke-land, Hau-ke-land“, riefen sie wild durcheinander. Also ging Pressesprecher Frieder Feldmann in die Kabine und holte den Torwart. Und als der dann aus der Tür kam, war das Geschrei groß. Trikots, T-Shirts, Pucks, Schals – Henrik Haukeland unterschrieb alles und sorgte für strahlende Gesichter.
Das war freilich nicht das erste Mal, dass der 29-Jährige DEG-Fans glücklich machte. Seit er 2022 an den Rhein kam, macht er nichts anderes. Erst war er der Hauptgrund dafür, warum die Düsseldorfer 2023 ins Viertelfinale kamen, nun liegt es vor allem an ihm, dass die DEG sich vom Abstiegsplatz der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) entfernt hat. Aber fragt man ihn selbst, warum sein Team sechs der vergangenen sieben Spiele gewonnen hat, fällt ihm ein anderer ein: „Weil wir Kyle zurückhaben, er ist Weltklasse, wir haben ihn das ganze Jahr vermisst. Ein Spieler kann in dieser Liga einen großen Unterschied machen.“
Jener Kyle heißt mit Nachnamen Cumiskey und wird bei der DEG als Abwehrchef geführt. Das Problem war nur, dass der Chef 16 Monate lang nicht zur Arbeit erschienen war. Also natürlich war er da, ließ sich behandeln, war im Kraftraum, hin und wieder auf dem Eis, aber er konnte wegen seiner Verletzung halt nicht spielen. Und weil es nicht besser wurde, hatten den 37-Jährigen einige schon abgeschrieben. Auch er selbst war sich nicht sicher, ob es das war mit der Karriere. „Es gab Zeiten, da wusste ich nicht, ob ich je wieder spiele. Und selbst wenn, wusste ich nicht, ob ich noch der Alte bin“, sagte er am Freitag.
Da hatte er gerade sein zehntes Saisonspiel absolviert. Denn Anfang Januar war er dann doch wieder dabei. Und seitdem ist klar: Er ist der Alte, er hat sein Spiel sogar um ein Element erweitert, Cumiskey schießt plötzlich Tore. Fünf sind es bereits, gegen Schwenningen erzielte er den Siegtreffer. Damit ist er jetzt schon der torgefährlichste DEG-Verteidiger der Saison, obwohl andere mehr als viermal so oft gespielt haben. Hinzu kommen vier
Vorlagen, macht neun Scorerpunkte nach zehn Einsätzen. Vom Schnitt her ist Kyle Cumiskey gerade der zweitbeste Offensivverteidiger der ganzen Liga.
Das scheint ihn selbst zu überraschen. Denn eigentlich sei er noch nicht bei 100 Prozent. „Für mich ist das immer noch fast wie ein Trainingscamp“, sagt Cumiskey, er bekomme erst langsam wieder die Spielfitness und das Spielverständnis zurück. Dafür laufe es gut, gerade was den Aufbau und die Offensive
angehe. Aber auch defensiv kann sich das sehen lassen. Dank seiner herausragenden Schlittschuhtechnik (Topspeed fast 37 km/h) läuft Cumiskey Konter ab, er stellt Schussund Passbahnen zu, gewinnt mehr als 63 Prozent seiner Zweikämpfe. „Er bringt in allen Bereichen Leben in unser Spiel, wie er den Puck und seine Beine bewegt“, schwärmt Nebenmann Alec McCrea. Das Ergebnis: Mit dem Kanadier auf dem Eis erlebte die DEG bislang 16:6 Tore. Er ist der einzige Stammverteidiger
mit einer positiven Schussdifferenz. Kurzum: Wenn Kyle Cumiskey über die Bande springt, ist die DEG ein deutlich besseres Team als ohne ihn.
Henrik Haukeland muss man das nicht erklären. Für ihn liegt es auch an Cumiskey, dass bei der DEG offensiv der Knoten geplatzt ist: „Seitdem kommen wir viel besser hinten raus, dann ist es einfacher für die Stürmer. Wenn wir immer in der eigenen Zone sind, ist es schwer, Tore zu schießen.“Auch das beweisen die Zahlen: In den 34 Spielen ohne Cumiskey
erzielte die DEG 2,3 Tore pro Spiel, seit er wieder da ist, sind es 3,2.
Jetzt ist aber erst mal knapp zwei Wochen Pause. Kommen die ihm überhaupt gelegen. „Andere brauchen sie sicher dringender, aber ich genieße das trotzdem“, sagt Cumiskey. Und freut sich auf den Saisonendspurt: „Die Play-offs sind unser Ziel. Wir haben die Zügel jetzt in der Hand.“Das schien vor ein paar Wochen noch unmöglich, aber da stand Kyle Cumiskey ja auch nicht auf dem Eis.