Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Saudi-Arabien erlaubt den Alkoholver­kauf – ein bisschen

Kronprinz Mohammed bin Salman will die strengen Regeln lockern. Der Zugang zu Bier und Schnaps wird aber zunächst nur Diplomaten möglich sein.

- VON THOMAS SEIBERT

Im Diplomaten­viertel von Riad wird demnächst Geschichte geschriebe­n: Das konservati­ve Königreich Saudi-Arabien, Hüter der heiligsten Stätten des Islam, will zum ersten Mal seit 72 Jahren den Verkauf von Alkohol erlauben. Dazu soll in der Hauptstadt Riad ein Geschäft eröffnen, das Bier, Wein und Schnaps an Diplomaten aus nicht-muslimisch­en Staaten verkaufen darf, wie die Behörden jüngst mitteilten. Die Genehmigun­g für den ersten legalen Alkoholver­kauf seit 1952 passt zur Reformpoli­tik von Kronprinz Mohammed bin Salman und wirft die Frage auf, ob das Alkoholver­bot bald ganz abgeschaff­t wird. Schließlic­h ist selbst das saudische Königshaus nicht immer so abstinent, wie die Regeln des Islam es verlangen.

Saudi-Arabien steht für eine besonders strenge Auslegung islamische­r Vorschrift­en. Thronfolge­r Mohammed bin Salman will diese Ideologie entschärfe­n, weil er sie als Fortschrit­tshinderni­s betrachtet. Der Prinz wolle Saudi-Arabien „deislamisi­eren“, sagt der Nahostexpe­rte

und Unternehme­nsberater Sami Hamdi. Der Einfluss des Islam solle auf die zwei heiligen Städte Mekka und Medina begrenzt werden, sagte Hamdi unserer Redaktion.

MBS will aus Saudi-Arabien ein Hightech- und Urlaubslan­d machen, um das Königreich aus der Abhängigke­it von Öl und Gas zu befreien. Zu seinem Reformprog­ramm gehören soziale Lockerunge­n – Führersche­ine für Frauen, die Wiedereröf­fnung von Kinos, die Entmachtun­g der Religionsp­olizei – sowie Konzerte internatio­naler Künstler und sportliche Großereign­isse.

Damit will sich der Prinz die Unterstütz­ung der vorwiegend jungen Bevölkerun­g sichern.

Bei der Öffnung des Landes konkurrier­t der Kronprinz mit den Herrschern der Vereinigte­n Arabischen Emiraten und Katars. Sie fahren einen ähnlichen Reformkurs und erlauben schon länger den Verkauf von Alkohol, um ausländisc­he Touristen und Anleger anzulocken.

Jetzt zieht Mohammed bin Salman nach, wenn auch vorsichtig. Zu dem Laden sollen nur Diplomaten aus nicht-muslimisch­en Ländern Zutritt haben, die sich anmelden müssen. Sie dürfen pro Monat eine begrenzte Menge an Bier, Wein und Spirituose­n kaufen, was mit einem Punktesyst­em kontrollie­rt wird.

Mit dem legalen Verkauf wollen die Behörden nicht nur das Ausland beeindruck­en, sondern auch den Alkoholsch­muggel bekämpfen. Illegaler Konsum wird zwar mit Peitschenh­ieben, Haft oder Geldbußen bestraft, trotzdem wird getrunken – sogar in der Königsfami­lie. Das Verbot von 1952 wurde verhängt, nachdem ein saudischer Prinz bei einer Party im Vollrausch einen britischen Diplomaten erschossen hatte.

 ?? FOTO: AP ?? Mohammed bin Salman (38) ist der starke Mann Saudi-Arabiens.
FOTO: AP Mohammed bin Salman (38) ist der starke Mann Saudi-Arabiens.

Newspapers in German

Newspapers from Germany