Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Saudi-Arabien erlaubt den Alkoholverkauf – ein bisschen
Kronprinz Mohammed bin Salman will die strengen Regeln lockern. Der Zugang zu Bier und Schnaps wird aber zunächst nur Diplomaten möglich sein.
Im Diplomatenviertel von Riad wird demnächst Geschichte geschrieben: Das konservative Königreich Saudi-Arabien, Hüter der heiligsten Stätten des Islam, will zum ersten Mal seit 72 Jahren den Verkauf von Alkohol erlauben. Dazu soll in der Hauptstadt Riad ein Geschäft eröffnen, das Bier, Wein und Schnaps an Diplomaten aus nicht-muslimischen Staaten verkaufen darf, wie die Behörden jüngst mitteilten. Die Genehmigung für den ersten legalen Alkoholverkauf seit 1952 passt zur Reformpolitik von Kronprinz Mohammed bin Salman und wirft die Frage auf, ob das Alkoholverbot bald ganz abgeschafft wird. Schließlich ist selbst das saudische Königshaus nicht immer so abstinent, wie die Regeln des Islam es verlangen.
Saudi-Arabien steht für eine besonders strenge Auslegung islamischer Vorschriften. Thronfolger Mohammed bin Salman will diese Ideologie entschärfen, weil er sie als Fortschrittshindernis betrachtet. Der Prinz wolle Saudi-Arabien „deislamisieren“, sagt der Nahostexperte
und Unternehmensberater Sami Hamdi. Der Einfluss des Islam solle auf die zwei heiligen Städte Mekka und Medina begrenzt werden, sagte Hamdi unserer Redaktion.
MBS will aus Saudi-Arabien ein Hightech- und Urlaubsland machen, um das Königreich aus der Abhängigkeit von Öl und Gas zu befreien. Zu seinem Reformprogramm gehören soziale Lockerungen – Führerscheine für Frauen, die Wiedereröffnung von Kinos, die Entmachtung der Religionspolizei – sowie Konzerte internationaler Künstler und sportliche Großereignisse.
Damit will sich der Prinz die Unterstützung der vorwiegend jungen Bevölkerung sichern.
Bei der Öffnung des Landes konkurriert der Kronprinz mit den Herrschern der Vereinigten Arabischen Emiraten und Katars. Sie fahren einen ähnlichen Reformkurs und erlauben schon länger den Verkauf von Alkohol, um ausländische Touristen und Anleger anzulocken.
Jetzt zieht Mohammed bin Salman nach, wenn auch vorsichtig. Zu dem Laden sollen nur Diplomaten aus nicht-muslimischen Ländern Zutritt haben, die sich anmelden müssen. Sie dürfen pro Monat eine begrenzte Menge an Bier, Wein und Spirituosen kaufen, was mit einem Punktesystem kontrolliert wird.
Mit dem legalen Verkauf wollen die Behörden nicht nur das Ausland beeindrucken, sondern auch den Alkoholschmuggel bekämpfen. Illegaler Konsum wird zwar mit Peitschenhieben, Haft oder Geldbußen bestraft, trotzdem wird getrunken – sogar in der Königsfamilie. Das Verbot von 1952 wurde verhängt, nachdem ein saudischer Prinz bei einer Party im Vollrausch einen britischen Diplomaten erschossen hatte.