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Streik bei Lufthansa trifft 100.000 Passagiere

Für Mittwoch hat Verdi zum Arbeitskam­pf unter anderem bei den Bodendiens­ten der Airline aufgerufen. Viele Reisende werden wohl umgebucht, unter anderem zu Eurowings. Was Kundinnen und Kunden jetzt wissen müssen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/FRANKFURT Die Gewerkscha­ft Verdi ruft für diesen Mittwoch das Lufthansa-Bodenperso­nal in Deutschlan­d zum Warnstreik auf. Hintergrun­d sind die Tarifverha­ndlungen am Boden bei Lufthansa-Technik, Lufthansa Cargo und einigen anderen Konzernges­ellschafte­n. Rund 100.000 Passagiere könnten vom Arbeitskam­pf betroffen sein, schätzt der Konzern.

Wie viele Flüge fallen weg? Von rund 1000 geplanten Verbindung­en würden 100 bis 200 wegfallen, erklärte die Lufthansa am Montagnach­mittag. Es geht überwiegen­d um Flüge ab den zwei Hauptairpo­rts Frankfurt und München.

Wie stark sind Nordrhein-Westfalen und der hiesige Lufthansa-Ableger Eurowings betroffen?

Die in Düsseldorf und Köln sehr präsente Airline Eurowings erklärt, sie sei vom Streik nicht tangiert. Es finden bei Eurowings also wohl Kurz- und Mittelstre­ckenflüge innerhalb Europas fast uneingesch­ränkt statt. Die Frage ist, was mit Passagiere­n aus Nordrhein-Westfalen passiert, die am Mittwoch über die Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt oder München Flüge gebucht haben, zu denen sie von Nordrhein-Westfalen aus anreisen wollten. Wenn die Flüge ab Frankfurt oder München gestrichen sind, werden diese Passagiere auf andere Routen umgebucht. Dann kann gut sein, dass sie per Eurowings nach Zürich oder Wien gebracht werden, weil die dortigen Lufthansa-Ableger

Swiss und Austrian dort ihre Hauptflugh­äfen haben.

Kann es sein, dass ein LufthansaP­assagier in die USA am Ende mit Air France über Paris reist?

Ja. Sofern es Lufthansa nicht gelingt, im eigenen Konzernver­bund eine Alternativ­route anzubieten, wird Passagiere­n eventuell auch ein Flug mit einer anderen Airline-Gruppe wie Air France/KLM angeboten. Lufthansa versucht aber, dies zu vermeiden, um Geld zu sparen.

Kann ein Passagier einen für Mittwoch geplanten Flug schon an diesem Dienstag antreten?

Wenn der Flug gestrichen wurde, ist dies denkbar. Da Nebensaiso­n ist, könnte häufig noch ein Platz frei sein. Außerdem können Passagiere ihren Flug auch ganz stornieren.

Wie lange dauert der Arbeitskam­pf?

„Die Warnstreik­s beginnen am kommenden Mittwoch, dem 7. Februar, um 4 Uhr und enden am Donnerstag, dem 8. Februar, um 7.10 Uhr“, erklärt Verdi. Es ist gut denkbar, dass auch Flüge am Donnerstag noch ausfallen werden. Erst für Freitag rechnet Lufthansa damit, dass der Flugverkeh­r wieder ganz normal läuft.

Warum wird überhaupt gestreikt?

Verdi erklärt, der Konzern habe für die betroffene­n rund 25.000 Beschäftig­ten ein „völlig unzureiche­ndes Angebot“für die Tariferhöh­ung gemacht. So sei im ersten Jahr eine durchschni­ttliche Erhöhung von weniger als zwei Prozent angeboten worden. Schon heute hätten die Beschäftig­ten bei der Lufthansa rund zehn Prozent weniger in der Tasche als noch vor drei Jahren, erklärt Verdi-Verhandlun­gsführer Marvin Reschinsky. „Darauf und auch auf den Spaltungsv­ersuch geben die Beschäftig­ten jetzt eine klare Antwort“, ergänzt er. Mit „Spaltungsv­ersuch“meint er, andere Berufsgrup­pen hätten schon bessere Abschlüsse erreicht. So erhalten die Pilotinnen und Piloten über drei Jahre hinweg mindestens 18 Prozent mehr.

Wie reagiert die Lufthansa?

Der Kranichkon­zern spricht von angebotene­n Entgelterh­öhungen von mehr als 13 Prozent sowie „signifikan­ten Inflations­ausgleichs­prämien“. Außerdem sollen Arbeits- und Vergütungs­bedingunge­n zwischen Ost und West angegliche­n werden. Das Unternehme­n verweist auch auf bereits erfolgte Gehaltserh­öhungen in Höhe von im Schnitt 11,5 Prozent in den vergangene­n 18 Monaten.„Insgesamt sprechen wir hier in einem Zeitraum von vier Jahren über die durchschni­ttliche Steigerung von Vergütung und weiteren Gehaltsbes­tandteilen im Volumen von rund 25 Prozent“, sagt LufthansaP­ersonalvor­stand Michael Niggemann. Nun habe aber Verdi „noch vor Beginn der eigentlich­en Verhandlun­gen“einen Arbeitskam­pf losgetrete­n.

Was ist der wahre Hintergrun­d des Arbeitskam­pfs?

Verdis erklärtes Hauptziel ist es, mehr Mitglieder zu finden, um damit dauerhaft stärker zu sein. Darum hat die Gewerkscha­ft ein hohes Interesse daran, dass es bei Tarifverha­ndlungen auch zu Streit und einer breiten Berichters­tattung kommt. Warnstreik­s in sensiblen Bereichen der Wirtschaft sind dafür das beste Mittel. Sie führen in der Regel zu einer Mobilisier­ung der Mitglieder und neuen Eintritten. Außerdem erwarten die Mitglieder tatsächlic­h hohe Lohnabschl­üsse, um die Inflation auszugleic­hen.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA

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