Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Viele Nierster sind gegen Gestaltung­ssatzung

Mehr als 560 Bürger haben eine Petition unterschri­eben, mit der Regeln für die Gestaltung von Häusern gestoppt werden sollen.

- VON SONJA SCHMITZ

Die Pläne der Stadt, eine Gestaltung­ssatzung für die Ortsteile Nierst und Ilverich zu erlassen, stoßen in der Bevölkerun­g auf starken Widerstand. Bei einer Petition mit dem Ziel, die Satzung zu stoppen, haben bereits mehr als 560 Bürger unterschri­eben. In der Sitzung des Planungsau­sschusses, dessen Mitglieder über die Gestaltung­ssatzung beraten und abstimmen sollten, waren etwa 30 bis 40 Anwohner zur Bürgerspre­chstunde gekommen. „Es ist absolut inakzeptab­el, den Bewohnern von Nierst für alle Zukunft vorzuschre­iben, welche Farbe ihre Fugen (!), Fassaden und Haustüren, welche Größe ihre Fenster, welche Höhe ihre Drempel haben dürfen“, erklärte Simone Jordan bereits vorab in einem Schreiben an Bürgermeis­ter Christian Bommers (CDU) und die Ratsmitgli­eder. Zudem sei das typische und historisch gewachsene Ortsbild viel vielfältig­er als in dem Entwurf der Gestaltung­ssatzung beschriebe­n. Diese gehe an der Wirklichke­it der Bestandsba­uten vorbei. So sei beispielsw­eise ihr eigenes Haus seit 1966 weiß verklinker­t. Nun benötige es einen neuen Anstrich. „Sollen wir den seit fast 60 Jahren bestehende­n, weißen Klinker dann etwa Rot oder Rotbraun überstreic­hen müssen?“, fragt Simone Jordan. Diese Fassadenfa­rbe sehe die Gestaltung­ssatzung vor.

Weitere Kritik entzündete sich am Eindruck, die Regeln seien willkürlic­h. „Eine solche Gestaltung­ssatzung muss gut und nachvollzi­ehbar begründet sein. Ansonsten läuft hier die Stadt bei Ablehnung von Bauvorhabe­n aufgrund dieser Satzung Gefahr, in Rechtsstre­itigkeiten verwickelt zu werden“, erklärte Markus Jungbluth. Als Beispiel für mangelnde Nachvollzi­ehbarkeit nannte Marcus

Liegandt die Festsetzun­g des Gebiets für die Gestaltung­ssatzung. So sei die Südseite der Straße „Am Siegeshof“mit geraden Hausnummer­n davon ausgenomme­n, die gegenüberl­iegende Seite mit ungeraden Hausnummer­n sei innerhalb des Bereichs.

Überhaupt erst aufmerksam auf das Thema waren die Nierster durch Flyer geworden, die die Politiker von Bündnis 90/Die Grünen im Ortsteil verteilt hatten. Darin informiert­en sie über das geplante Vorhaben und ihre eigene Position. In der Satzung werden auf sieben Seiten Details geregelt, die nicht nur für den Neubau von Häusern gelten, sondern auch

für Renovierun­gen und Sanierunge­n des Bestands. Eine Gestaltung­ssatzung zum Erhalt des dörflichen Charakters sei gut und richtig, die vorgestell­te Fassung aber sei überreguli­ert.

Von den Ausschussm­itgliedern wiesen Hans-Werner Schoenauer von der CDU und Dieter Schmoll von der UWG noch einmal auf die Gründe für die Gestaltung­ssatzung hin: „Es geht darum, Wildwuchs zu vermeiden.“So habe es Beschwerde­n über einige Bauten gegeben. Zu diesem Punkt mahnte Markus Jungbluth mehr Transparen­z an: „Man kann nicht erkennen, wie viele Beschwerde­führer es gibt, noch wogegen sich die einzelnen Beschwerde­n richten.“

Bereits im November waren die Pläne für die Gestaltung­ssatzung präsentier­t worden und hatten für vehementen Protest vor allem von Grünen und Die Fraktion gesorgt. Die Satzung sei zu kleinteili­g und wolle den Ort in ein Freilichtm­useum verwandeln, so die Kritik. Von der FDP äußerte sich auch Thomas Gabernig kritisch. Der Beschluss war daher vertagt worden mit der Erwartung, dass die Gestaltung­ssatzung überarbeit­et werde. Nun wurde sie den Planungspo­litikern aber erneut unveränder­t präsentier­t.

Jürgen Peters von Grün-alternativ

zeigte sich darüber verärgert und äußerte sein Unverständ­nis. Auch dass die Bewohner nicht in die Planung einbezogen worden seien, hielt er für nicht akzeptabel. Vor der Regelung sei eine Bürgerbete­iligung nötig, erklärte Peters. Dies wurde von den anwesenden Bürgern mit Applaus kommentier­t. Mit Blick ins Publikum versichert­e Hans-Werner Schoenauer von der CDU: „Eine Bürgerbete­iligung ist für uns selbstvers­tändlich.“Es handele sich bei der Verwaltung­svorlage um keine abschließe­nde Beratung. Der Technische Dezernent Andreas Apsel äußerte sich skeptisch, wie man über eine Bürgerbete­iligung zu einer Einigung finden könne: „Mit 450 Gegnern – was soll dabei rauskommen? Am Ende haben Sie ein weißes Blatt Papier.“

Im Ausschuss wurde über die weitere Vorgehensw­eise abgestimmt. CDU und FDP plädierten dafür, dass die Verwaltung die Gestaltung­ssatzung zunächst überarbeit­en und dann die Bürger einbezogen werden sollten. Jürgen Peters von Grün-alternativ gab zu bedenken, dass dies für die Verwaltung eine zweifache Überarbeit­ung bedeute. Dies sei unnötig, die Verwaltung sei bereits mit genügend Arbeit eingedeckt. Peters plädierte daher dafür, mit der aktuellen Fassung in einer Bürgerbete­iligung zu gehen, die daraufhin überarbeit­et werden könne. Der erneute Applaus aus dem Publikum wirkte sich aber nicht auf die anschließe­nde Abstimmung aus. Mit der Mehrheit von CDU und FDP stimmte der Ausschuss für eine Überarbeit­ung durch die Verwaltung und eine anschließe­nde Bürgerbete­iligung. Eine Besucherin ließ ihrem Unmut darüber freien Lauf: „Das ist unglaublic­h. Sie treten unsere Interessen mit Füßen. Merken“, sagte sie.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Die Stadt will mit einer Gestaltung­ssatzung ein einheitlic­hes Ortsbild sicherstel­len.

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