Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wie Kostüme am Theater entstehen
Während Jecke an den tollen Tagen kostümiert durch die Gegend ziehen, hilft Kostümbildnerin Sophia Meuser dem RLT-Ensemble das ganze Jahr dabei, in andere Rollen zu schlüpfen. Ein Werkstattbesuch.
Unweit der Sommerkleider hängen aufwendige Braut- und Ballkleider. Doch ist das nicht alles, was der Kostümfundus des Rheinischen Landestheaters (RLT) zu bieten hat: „Wir haben historische Gewänder, Stricksachen, Hemden, Sakkos, Anzüge“, zählt Sophia Meuser auf während sie an den vielen Kleiderstangen und Regalen voller Schuhe, Hüte und weiteren Accessoires vorbeigeht. Seit gut einem Jahr leitet sie die Kostümabteilung des Theaters und hat den Bestand im Blick. „Da hinten sind unsere ausgefallenen Stücke“, sagt sie und zeigt auf einen Gang, aus dem nicht nur insektenähnliche Handschuhe, sondern auch sperrige Kostümteile ragen. Zwischen Fell- und Glitzeranzügen zieht sie ein rosafarbenes Kleid in Form eines Wollknäuels hervor. „Das hat die Großmutter im Kinderstück Rotkäppchen und Herr Wolff getragen“, erzählt sie.
Spezielle Kostüme wie diese könnten nur selten wieder verwendet werden. „Teilweise versteigern wir sie beim Theaterfest an die Besucher“, verrät Meuser. Bei anderen Kleidungsstücken sieht das schon anders aus: Sie können durchaus häufiger in verschiedenen Stücken zum Einsatz kommen. Da wäre zum Beispiel ein blaues Sakko, das aus dem Fundus stammt und im Stück „Madame Bovary“wieder auf der Bühne zu sehen ist. „Wir schauen vorher, ob noch etwas daran verändert werden muss und passen es dann an“, sagt Meuser, die ihren Meister als Herrenschneiderin gemacht hat.
Doch nicht alle Kostüme sind im Fundus vorrätig, die meisten werden von dem Team rund um Sophia Meuser in den RLT-Werkstätten an der Wolberostraße angefertigt. Die Entwürfe bekommen sie von dem jeweiligen Kostümbildner. Daraus machen sie die Schnitte, zeichnen sie aus und geben sie weiter an die Näher. Zwei Damen- und zwei Herrenschneider sowie zwei Garderobieren gehören zu dem Team. „Die Garderobieren betreuen im Landestheater die Garderobe“, erklärt Meuser. Das heißt: Sie helfen beim Umziehen und kümmern sich nach der Aufführung um die Reinigung
der Kostüme. „Sie werden aufgebügelt und es wird kontrolliert, ob etwas kaputt gegangen ist.“
Zwischen 15 und 20 Kostüme werden für eine Premiere neu gefertigt. „Für das Ballhaus waren es sogar 106 Kostüme“, sagt Meuser, „das war schon ein Knaller, aber das Ergebnis hat sich gelohnt.“Sie selbst hat schon früh mit dem Nähen begonnen, ihre Großtante und Oma haben sie darauf gebracht. Nach einem Praktikum bei „Hintzen Kostüme und Uniformen“in Korschenbroich absolvierte sie ihren Meister bei der Handwerkskammer in Düsseldorf. Beim Theater hat sie sich initiativ beworben. Das war vor zweieinhalb Jahren.
Auch wenn die Meisterin sich freut, wenn sie die fertigen Kostüme auf der Bühne sieht und denkt
„Cool ich war daran beteiligt“, ist für sie aber auch der Weg das Ziel. „Wir haben alle Freude an der eigentlichen Arbeit“, sagt sie. Und dazu gehören auch die Momente, in denen die Schauspielenden zum ersten Mal in ihr Kostüm schlüpfen. Vor der Premiere gibt es insgesamt drei Anproben, die letzte ist bei
der Generalprobe. Dass Kostüme dabei helfen, sich in die Rollen hineinzuversetzen, kann Meuser auch beobachten: Schon bei der ersten Anprobe würden manche der Schauspieler in ihre Rolle wechseln, einen Satz daraus zitieren und Gesten wiederholen.
Um klassische Anzüge kümmert
Sophia Meuser sich am liebsten – „das erinnert mich an meine Zeit in der Meisterschule.“Aber auch die außergewöhnlichen Kostüme wie etwa das Wollknäuel machen ihr Spaß. Oder auch das Kostüm für „Happy“die Friedenstaube, die gerade als mobile Produktion durch Neuss tourt. Es ging darum, eine Lösung für die ausladenden Flügel zu finden: Denn das Kostüm soll nicht nur schön aussehen, der Schauspieler soll sich auch bewegen können, ohne das Federn verloren gehen. Gerne setzt Meuser sich aber auch mit historischen Kostümen auseinander: „Wir haben auch einige Fachbücher hier, die die historischen Schnitte beinhalten. Da kann man noch einmal etwas nachschlagen, wenn man sich unsicher ist.“