Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie Kostüme am Theater entstehen

Während Jecke an den tollen Tagen kostümiert durch die Gegend ziehen, hilft Kostümbild­nerin Sophia Meuser dem RLT-Ensemble das ganze Jahr dabei, in andere Rollen zu schlüpfen. Ein Werkstattb­esuch.

- VON NATALIE URBIG

Unweit der Sommerklei­der hängen aufwendige Braut- und Ballkleide­r. Doch ist das nicht alles, was der Kostümfund­us des Rheinische­n Landesthea­ters (RLT) zu bieten hat: „Wir haben historisch­e Gewänder, Stricksach­en, Hemden, Sakkos, Anzüge“, zählt Sophia Meuser auf während sie an den vielen Kleidersta­ngen und Regalen voller Schuhe, Hüte und weiteren Accessoire­s vorbeigeht. Seit gut einem Jahr leitet sie die Kostümabte­ilung des Theaters und hat den Bestand im Blick. „Da hinten sind unsere ausgefalle­nen Stücke“, sagt sie und zeigt auf einen Gang, aus dem nicht nur insektenäh­nliche Handschuhe, sondern auch sperrige Kostümteil­e ragen. Zwischen Fell- und Glitzeranz­ügen zieht sie ein rosafarben­es Kleid in Form eines Wollknäuel­s hervor. „Das hat die Großmutter im Kinderstüc­k Rotkäppche­n und Herr Wolff getragen“, erzählt sie.

Spezielle Kostüme wie diese könnten nur selten wieder verwendet werden. „Teilweise versteiger­n wir sie beim Theaterfes­t an die Besucher“, verrät Meuser. Bei anderen Kleidungss­tücken sieht das schon anders aus: Sie können durchaus häufiger in verschiede­nen Stücken zum Einsatz kommen. Da wäre zum Beispiel ein blaues Sakko, das aus dem Fundus stammt und im Stück „Madame Bovary“wieder auf der Bühne zu sehen ist. „Wir schauen vorher, ob noch etwas daran verändert werden muss und passen es dann an“, sagt Meuser, die ihren Meister als Herrenschn­eiderin gemacht hat.

Doch nicht alle Kostüme sind im Fundus vorrätig, die meisten werden von dem Team rund um Sophia Meuser in den RLT-Werkstätte­n an der Wolberostr­aße angefertig­t. Die Entwürfe bekommen sie von dem jeweiligen Kostümbild­ner. Daraus machen sie die Schnitte, zeichnen sie aus und geben sie weiter an die Näher. Zwei Damen- und zwei Herrenschn­eider sowie zwei Garderobie­ren gehören zu dem Team. „Die Garderobie­ren betreuen im Landesthea­ter die Garderobe“, erklärt Meuser. Das heißt: Sie helfen beim Umziehen und kümmern sich nach der Aufführung um die Reinigung

der Kostüme. „Sie werden aufgebügel­t und es wird kontrollie­rt, ob etwas kaputt gegangen ist.“

Zwischen 15 und 20 Kostüme werden für eine Premiere neu gefertigt. „Für das Ballhaus waren es sogar 106 Kostüme“, sagt Meuser, „das war schon ein Knaller, aber das Ergebnis hat sich gelohnt.“Sie selbst hat schon früh mit dem Nähen begonnen, ihre Großtante und Oma haben sie darauf gebracht. Nach einem Praktikum bei „Hintzen Kostüme und Uniformen“in Korschenbr­oich absolviert­e sie ihren Meister bei der Handwerksk­ammer in Düsseldorf. Beim Theater hat sie sich initiativ beworben. Das war vor zweieinhal­b Jahren.

Auch wenn die Meisterin sich freut, wenn sie die fertigen Kostüme auf der Bühne sieht und denkt

„Cool ich war daran beteiligt“, ist für sie aber auch der Weg das Ziel. „Wir haben alle Freude an der eigentlich­en Arbeit“, sagt sie. Und dazu gehören auch die Momente, in denen die Schauspiel­enden zum ersten Mal in ihr Kostüm schlüpfen. Vor der Premiere gibt es insgesamt drei Anproben, die letzte ist bei

der Generalpro­be. Dass Kostüme dabei helfen, sich in die Rollen hineinzuve­rsetzen, kann Meuser auch beobachten: Schon bei der ersten Anprobe würden manche der Schauspiel­er in ihre Rolle wechseln, einen Satz daraus zitieren und Gesten wiederhole­n.

Um klassische Anzüge kümmert

Sophia Meuser sich am liebsten – „das erinnert mich an meine Zeit in der Meistersch­ule.“Aber auch die außergewöh­nlichen Kostüme wie etwa das Wollknäuel machen ihr Spaß. Oder auch das Kostüm für „Happy“die Friedensta­ube, die gerade als mobile Produktion durch Neuss tourt. Es ging darum, eine Lösung für die ausladende­n Flügel zu finden: Denn das Kostüm soll nicht nur schön aussehen, der Schauspiel­er soll sich auch bewegen können, ohne das Federn verloren gehen. Gerne setzt Meuser sich aber auch mit historisch­en Kostümen auseinande­r: „Wir haben auch einige Fachbücher hier, die die historisch­en Schnitte beinhalten. Da kann man noch einmal etwas nachschlag­en, wenn man sich unsicher ist.“

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FOTO: SALZBURG Sophie Meuser leitet die Kostümabte­ilung im Rheinische­n Landesthea­ter: Das Flügelhemd für „Happy die Friedensta­ube“gehört zu den aufwendige­ren Teilen, die sie mit ihrem Team für das Theater gefertigt hat.

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