Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Chantal Messing stärkt politischen Austausch
Mit ihrem Vorstoß für die Prüfung eines AfD-Verbots stieß die Meerbuscher SPD-Chefin in Berlin auf große Resonanz.
Viele, die sich in der Meerbuscher Kommunalpolitik engagieren, sind schon seit Jahrzehnten mit dabei. Das ist bei Chantal Messing anders. Die 41-jährige gebürtige Kölnerin zog erst 2019 mit ihrer Familie nach Lank. In der SPD war sie aber, bevor sie Mutter von drei Kindern wurde, schon früh engagiert. „Ich war lange Jahre im Ortsverein Sülz/Klettenberg im Vorstand aktiv“, erzählt die Diplom-Finanzwirtin. Dort wurden intensive politische Debatten geführt, auch mit Gästen wie dem prominenten SPDPolitiker Norbert Walter Borjans, der in dem Kölner Bezirk seine Heimat hat. Das habe sie geprägt und als Bereicherung mitgenommen, erzählt Chantal Messing. Ihr ist es deshalb wichtig, auch in der Meerbuscher SPD Raum für Debatten zu schaffen. Die Zeit bis zur Kommunalwahl plant sie, spannende Persönlichkeiten zu verschiedenen Themen einzuladen. Das Parteibuch ist dabei nicht entscheidend. „Es geht um die Sache.“Aus Meerbusch waren schon der Denkmalbeauftragte Norbert Schöndeling und Mike Kunze von der Geschichtswerkstatt als Gäste da.
Dabei ist Chantal Messing keine Kommunalpolitikerin, deren Überlegungen an der Stadtgrenze halt machen. Sie ist auch Mitglied im Kreisvorstand der SPD im Rhein-Kreis Neuss und im Landesvorstand der SPD Frauen NRW. Im vorigen Jahr trieb sie die Sorge um das Erstarken der AfD und rechtsextremem Gedankengut intensiv um. „Ich war in den Niederlanden auf dem Soldatenfriedhof in Ysselsteyn gewesen und habe dort die Gräber von deutschen Soldaten neben dem eines Säuglings gesehen “, erzählt sie. Ein Gedanke ließ Chantal Messing danach nicht los: „Ich will nicht, dass meine Kinder so etwas erleben. Ich will sie nicht im Krieg verlieren müssen.“
Kurz darauf in einem Familienurlaub im Oktober 2023 nutzte sie die Zeit, um aufzuschreiben, was sie bewegt. Es wurde ein langer eindringlicher Text. Die Überschrift: „Ist unsere Demokratie noch zu retten? Bollwerk, wo bist du?“Auf zwei DIN A4 Seiten schreibt sie drängende Fragen und Beobachtungen zum Erstarken der AfD auf und plädiert für die Prüfung eines AfD-Verbots. Die juristische Expertise lieferte ihr Mann, der Anwalt ist. „Wir sind ein gutes Team“, sagt Chantal Messing. Eine starke Vorlage, die große Unterstützung fand: Im November beschloss der Landesvorstand der SPD Frauen NRW die Prüfung eines AfD-Verbots. Daraufhin formulierte Chantal Messing einen Initiativantrag dafür. Dieser wurde im Dezember beim SPD-Bundesparteitag von Kevin Kühnert persönlich in die Antragskommission eingebracht. „Das hätte ich nie gedacht, als ich den Text geschrieben habe“, sagt Chantal Messing.
Trotz der Unterstützung erlebte sie auch Unverständnis: „Chantal, was machst du dir denn für Gedanken?“bekam sie von manchen zu hören. Schweigende Mehrheiten schaffen Raum für Menschen, die die Demokratie zerstören wollen, die von Allmachtsphantasien und von Remigrationsphantasien getrieben sind, so ihre Überzeugung: „Wenn wir nicht alles geben, machen wir mit.“
Nachdem im Januar bekannt wurde, dass AfD-Mitglieder bei einem Geheimtreffen über Pläne sprachen, wie Migranten systematisch außer Landes geschafft werden könnten, wurden viele Menschen aufgeschreckt. Seitdem es nun regelmäßige Demonstrationen für die Demokratie gibt, hat sich Chantal
Messings Sorge ein wenig gelegt. Aber sie bleibt am Thema dran und möchte auch in Meerbusch einen Austausch darüber schaffen, wie die Zivilgesellschaft die Demokratie verteidigen kann. „Die Tür der SPD Meerbusch steht offen.“
Bald wird Chantal Messing auch im Stadtrat die SPD vertreten. Sie rückt nach für Michael Billen, der sein Amt aus gesundheitlichen Gründen abgibt. Von ihm übernimmt sie auch den Sitz im Schulund Sportausschuss. „Darauf freue ich mich“, sagt Chantal Messing. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nicole Niederdellmann-Siemes findet: „Es macht viel Sinn, dass wir dort mit Eltern von Kindern im Schulalter vertreten sind.“Neben Themen wie Kita und Schule ist für Chantal Messing der Mangel an preiswerten Wohnungen in Meerbusch ein großes Thema. „Das sorgt für viel Frust und Enttäuschung. Da müssen wir schauen, was wir bessermachen und umsetzen können, um für die Menschen, die hier leben und arbeiten, etwas zu erreichen.“
Die Rede davon, dass die SPD jünger und weiblicher wird, sei oft zu hören, sagt Chantal Messing. Aber da sei in der Vergangenheit bereits viel passiert. Sie selbst sei 2005 eingetreten, als Gerhard Schröder die Wahl verlor – eine antizyklische Bewegung sozusagen. „Seitdem ist die Partei vielfältiger geworden.“Natürlich sei es eine Herausforderung Familie, Beruf und Ehrenamt zu vereinbaren. Darüber machen sich auch andere Parteien Gedanken. Manche lockte etwa mit der Finanzierung eines Babysitters für die Zeit einer Sitzung. Als Mutter, die auch Vorsitzende ist, hat Chantal Messing die Termine für die Vorstandssitzungen selbst in der Hand. Statt einem Abendtermin kann es dann eben auch mal eine Video-Vorstandssitzung am Samstagvormittag sein.