Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Korrekt auf Heller und Pfennig
Eine Vielzahl von Münzen erschwerte im 18. Jahrhundert Finanzrechnungen. Ein Lanker Pfarrer wusste Abhilfe.
Auf Heller und Pfennig abzurechnen ist heute längst nicht mehr möglich, steht aber immer noch sprichwörtlich für absolute Genauigkeit in Finanzdingen. In unseren Breiten waren beim Lanker Bauern, dem Osterather Pfarrer oder dem Büdericher Adel seit alters Taler und Albus gebräuchlich. Im Alltag waren seit dem Mittelalter der Albus und als Teilgröße tatsächlich der Heller im alltäglichen Umlauf, größere Münzen bekam viele Menschen kaum zu Gesicht, der Reichstaler war oft reine Rechengröße – und Papiergeld gab es natürlich noch nicht.
Und ganz so einfach war das Leben für die Menschen auch nicht, waren doch viele verschiedene Münzen am Niederrhein im Umlauf, die überall als Zahlungsmittel galten und wegen des unterschiedlichen Gewichtes und Edelmetallgehaltes permanent umgerechnet werden mussten. Und vieles – etwa die Pachtzahlungen – wurden oft noch ganz oder teilweise, auf jeden Fall aber beschwerlich in natura an die Eigentümer – oft geistliche Einrichtungen in Neuss, Köln oder Kaiserwerth – geliefert.
Zumindest für einige Lanker Finanzjongleure wurden die Dinge Mitte des 18. Jahrhunderts etwas einfacher. Das Bruchstück einer Kirchen- und Armenrechnung gibt darüber Auskunft. Mangels staatlicher Vorsorge gab es in allen Pfarrer damals eine Armenkasse, aus der verschiedene Leistungen an die so genannten „Hausarmen“geleistet wurden. Das waren Menschen, die sich selbst von ihrer Arbeit nicht ernähren konnten und nur ein bescheidenes Dach über dem Kopf hatten. Die oft durch ein Unglück oder einen Todesfall entstandene Misere war in den überschaubaren
Orten jedem bekannt und wurde meist durch Nahrungsmittel verbessert. Meist wurden zu bestimmten Terminen 14-pfündige Schwarzbrote die an die Armen, die sich ausweisen mussten, ausgegeben.
Um diese Leistungen überhaupt erbringen zu können, verwalteten die Armenprovisoren eine eigene Kasse mit separaten Einnahmen. Manche Höfe vor allem geistlicher Institutionen mussten nicht nur Pacht an den Eigentümer abführen, sondern auch Geld oder Brote den Armen spenden. Aus dem bestehenden Vermögen verliehen die Provisoren außerdem Kredite, die oft über Jahrzehnte sichere Zinseinkünfte einbrachten. Als Armenprovisor oder gar Kirchmeister wurden in der Regel die Inhaber der größeren Güter im Ort abwechselnd ausgewählt oder verpflichtet. Ein gewisses Vermögen
war nämlich notwendig, weil sie oft genug Mittel vorstrecken und vor allem für Fehlbeträge geradestehen mussten.
Offenbar mit dem Antritt von Wilhelm Jacobs als Lanker Pfarrer 1754 änderte sich dies. So fassten die Kirchspieldeputierten 1755 weitreichende Beschlüsse. So sollte künftig nicht mehr in Albus, sondern in Stübern gerechnet werden. Das war in der weiteren Umgebung mittlerweile üblicher geworden und war auch praktischer. So machten 78 Albus im Kurkölnischen einen Reichstaler aus. Aus den benachbarten Territorien kam allerdings mit dem Stüber (60 Stüber = 1 Reichstaler) eine erheblich einfacheres Münzverhältnis auf. Auch war es „einem nit allzu erfahrenen Provisori“nicht mehr zuzumuten, sich auf die „beschwehrliche“Berechnung einzulassen. Auch
verzichtete man künftig auf „Linnische Taler“, Gulden und andere abweichende Münzen.
Zur Erleichterung der Provisoren sollten die – nun vereinfachten Abrechnungen künftig stets zum Ende des ersten Amtsjahres vorliegen müssen und damit auch ihre Ansprüche an die Armenkasse zeitig abgegolten werden können. Das war eine wichtige Neuerung, weil die Provisoren oft sogar die Zinszahlungen später säumiger Schuldner vorfinanziert hatten, um ihre Kasse abschließen zu können. Zuvor hatten manche noch Jahre nach dem Ausscheiden nach zwei Amtsjahren noch ihrem Geld hinterherlaufen müssen und nicht selten irgendwann entnervt aufgegeben.
Die armenfreundliche Handschrift des neuen Pastors Jacobs liest sich aus einem anderen Beschluss
heraus: So wurden die Zinsen von vier auf drei Prozent gesenkt. Damit wurde eine der wenigen Geldquellen auf dem platten Land für viele Menschen erschwinglicher. Denn gerade bei der Geistlichkeit waren es oft kleinere Summen, die den weniger Begüterten Reparaturen oder Anschaffen ermöglichten. Zugleich verzichtete die Kirche auf Einkünfte zugunsten der Bevölkerung.
Im Gegenzug wurde vereinbart, künftig Rückzahlungen nur noch in Schritten von 12 ½ Reichstalern zu akzeptieren. Der Verzicht auf kleinere oder Zwischensummen sollte die Abrechnungen und Buchprüfungen weiter erleichtern. Damit wuchsen die Zinseinnahmen, weil so mancher Schuldner die geplante Rückzahlung so noch etwas aufschieben musste. Unterm Strich brachte dies aber allen Seiten etwas.