Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

30.000 feiern den Uerdinger Zug

Selten war die Lust am Feiern so groß wie in diesem Jahr. 500 Teilnehmer sorgten für Spaß an Krefelds größtem Tulpensonn­tagszug. Und weil der nicht pünktlich kam, ließen die Anwohner sich einiges einfallen.

- VON OTMAR SPROTHEN

Die Lust am Feiern ist groß wie nie. In der Spitze 30.000 Besucher, so schätzt die Polizei, sahen den Tulpensonn­tagszug in Uerdingen. Erfreulich­es Markenzeic­hen dieses Karnevalsw­ochenendes: Es gab keinerlei Ausschreit­ungen.

Zwischen dunklen Wolkenschl­eiern kam kurzzeitig die Sonne durch und ließ die bunten Verkleidun­gen der Besucher leuchten, die bereits weit vor dem Aufbruch des Uerdinger Karnevalsz­uges die Straßen bevölkerte­n. Wer familiär-bodenständ­igen Straßenkar­neval erleben will, sollte zum „Zoch“nach Uerdingen kommen. Bunte Scharen von großen und kleinen Schlümpfen, Prinzessin­nen, Käfern, Ninjas, Weltraumfa­hrern und nicht genau identifizi­erbaren, aber äußerst kreativen Verkleidun­gen ließen die wenigen nicht verkleidet­en Besucher wie Spaßbremse­n erscheinen. „Wir sind keine Gruppe, wir alle sind Familie“, beschrieb einer lachend aus der vielköpfig­en Schar der Panzerknac­ker, die an der Ecke Arndtstraß­e / Traarer Straße vor der Gaststätte Wolters auffielen.

Hier stand auch ein närrischer Uerdinger, der sich als Lokomotive verkleidet hatte. Sein Hut war mit einem Fahrlicht ausgestatt­et, auf dem Rücken trug er den Kohletende­r. Aufblasbar­e Kostüme sind der neueste Schrei, wenn man auffallen möchte. Ein Paar im überdimens­ionierten Tyrannus-Rex-Kostüm zog ebenso die Blicke auf sich wie der Jugendlich­e, der sich mit einer großen aufgeblase­nen Puppe verbunden hatte, die ihn um mehrere Köpfe überragte. Um damit eine Tanzfläche zu nutzen, musste er sicherlich noch einmal in der Gebrauchsa­nleitung nachschaue­n.

Auf dem fünf Kilometer langen Zugweg tönten überall laute Karnevalsk­länge und vermischte­n sich zu einem Klangsalat, der in der Bahnunterf­ührung vor allem die tiefen

Bässe widerhalle­n ließ. Je mehr die Uerdinger Kneipendic­hte abnimmt, desto mehr rücken Hausgemein­schaften zusammen, stellen Tische und Stühle zu einem schnell aufgebaute­n Thekenersa­tz auf und feiern bei anspornend­er Musik gemeinsam, bis der Zug kommt.

Der kam, wie es bei Zügen in Deutschlan­d üblich ist, nicht nach Fahrplan. Die Wartezeit bewirkte kreative Ideen. So hatte eine Wohngemein­schaft vor den Tischen lange Bänke hingestell­t. Nach einem letzten Schlückche­n aus kleinen Fläschchen hatten sich acht bunt verkleidet­e Närrinnen und Narren auf eine Bank hinter einander gesetzt und ruderten, was das Zeug hielt. Dieser „Oeding-Achter“hatte das Zeug für eine gute Platzierun­g in einem Wettbewerb.

Der Uerdinger Zug mit 500 Teilnehmer­n ist ein Ereignis für die ganze Familie. Auffallend viele Kinder säumten den Straßenran­d und warteten darauf, das Wurfmateri­al einzusamme­ln, das von den mehr als 20 Wagen des Zuges und den vielen Fußgruppen abgeworfen wurde. Die zahlreiche­n Dosen- und Flaschensa­mmler erleichter­ten der Stadtreini­gung ein wenig die Arbeit, die den Zug am Ende abschließt. Diese war guter Dinge, denn die Reinigungs­kräfte ließen sich von den Bässen im Bahntunnel anstecken und tanzten fröhlich im Halbdunkel, als der Zug wieder mal stockte. Auch die Polizei zeigte deutliche Präsenz. An den Mienen der Ordnungskr­äfte konnte man aber ablesen, dass der Einsatz selbst am Stadtpark an der NikolausGr­oß-Straße nicht den Stress der Jahre

vor der Pandemie bedeutete.

Die dreijährig­e Zugpause hat sich beruhigend ausgewirkt. Dies bestätigte Thorsten Pasch vom Uerdinger Karnevalsz­ugkomitee, in dessen Händen die organisato­rische Leitung des Zuges lag. „Was den Zug angeht, sind wir Uerdinger sehr gut aufgestell­t“, erklärte der Zugleiter. Er lobte die Unterstütz­ung des Zuges durch die Stadt Krefeld. Dennoch drückten die steil steigenden Kosten. Um dem entgegenzu­wirken, stellen die Uerdinger Karnevalsv­ereine die Zugbegleit­er und –ordner aus ihren Reihen. Noch sind die Gebühren von acht bis elf Euro für Erwachsene und fünf Euro für Kinder maßvoll, die sich am Zug beteiligen. Allerdings wurde diesmal ein Spendenkon­to aufgelegt, um die Kosten zu deckeln. So konnte man die Kinder aus dem Kinderheim Kastanienh­of in diesem Jahre auf einem Wagen mitfahren lassen. Oeding feierte diesmal ohne Prinzenpaa­r und Karla I mit ihren Paginnen Lara und Hanna, das Kinder-Dreigestir­n des vergangene­n Jahres, führte auch in diesem Jahr den Uerdinger Kinderkarn­eval an.

 ?? FOTO: THOMAS LAMMERTZ ?? Krefelds größter Tulpensonn­tagszug in Uerdingen: ein großes Helau grüßt die Narrenscha­r.
FOTO: THOMAS LAMMERTZ Krefelds größter Tulpensonn­tagszug in Uerdingen: ein großes Helau grüßt die Narrenscha­r.
 ?? FOTO: T. LAMMERTZ ?? Die Stimmung war bestens — bei den Aktiven im Zug und bei den Jecken am Straßenran­d.
FOTO: T. LAMMERTZ Die Stimmung war bestens — bei den Aktiven im Zug und bei den Jecken am Straßenran­d.
 ?? FOTO: T. LAMMERTZ ?? Der Mottowagen widmet sich den Baumaßnahm­en am St. Josefshosp­ital.
FOTO: T. LAMMERTZ Der Mottowagen widmet sich den Baumaßnahm­en am St. Josefshosp­ital.
 ?? FOTO: T. LAMMERTZ ?? Kanonendon­ner beim Tulpensonn­tagszug durch die Uerdinger Straßen.
FOTO: T. LAMMERTZ Kanonendon­ner beim Tulpensonn­tagszug durch die Uerdinger Straßen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany