Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Neusser gesteht Hammer-Attacke
Am ersten Prozesstag um einen versuchten Mord in Neuss gestand der 64-jährige Angeklagte, auf seine Ex-Partnerin mit einem Hammer eingeschlagen zu haben. Was genau passiert sein soll und wie sich das Opfer zu der Tat äußerte.
Die Tat kam für sie „aus heiterem Himmel“, sagt die 59-Jährige tränenerstickt, und muss sich kurz sammeln, bevor sie weitersprechen kann. „Es gab nie Anzeichen von Gewalt“, fährt sie dann fort. Mit ihrem 64-jährigen Ex-Partner, der am 13. Februar auf der Anklagebank im Düsseldorfer Landgericht sitzt, habe sie eine „innige Beziehung“geführt.
Nun muss er sich laut Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Mord verantworten. Im September vergangenen Jahres soll er auf die 59-Jährige von hinten mit einem Holzhammer eingeschlagen haben. Der Angeklagte, der mittlerweile als Geschäftsführer einer Immobilienfirma ausgeschieden ist, äußerte sich zunächst nur flüsternd und mit rauer Stimme. Wenn er über die Vorgeschichte der mutmaßlichen Tat spricht, sagt er oft „man“statt „ich“: „Man schämt sich“, oder „man zieht sich zurück.“
Auch er bestätigt: Das spätere Opfer und er hätten sieben Jahre lang eine glückliche Beziehung geführt, mehrere Jahre in dem Haus in Neuss zusammengelebt, in dem es später zu der Tat kam. Der einzige „Wermutstropfen“seien seine Depressionen und Panikattacken gewesen, an denen er bereits seit Jahrzehnten leide. Mehrfach sei er deswegen in Behandlung und in Kliniken gewesen, 2022 habe es dann eine neue, schlimme Episode gegeben, auf die im November 2022 ein Suizidversuch folgte. Daraufhin sei er mit Unterbrechungen mehrfach in der geschlossenen Klinik gewesen. Zehn Tage vor der Tat habe er die Klinik erst verlassen. Seine Medikamente gegen Depressionen habe er noch an diesem Tag abgesetzt, sagt er. Zugleich habe er regelmäßig viel Alkohol getrunken, am Tag der Tat sei es eine ganze Flasche Wein gewesen. „Das hätte Ihnen doch ein Alarmsignal sein können“, gab der Richter daraufhin zu bedenken.
Seine Krankheit habe die Beziehung belastet, sagte der Angeklagte vor Gericht. Das bestätigt auch die 59-Jährige im Zeugenstand. Sie betonte,
dass sie sich im August 2023 zunächst eine dreimonatige Kontaktpause gewünscht habe , „als einzige Chance auf eine gemeinsame Zukunft“. Für sie sei es zunächst nur eine Trennung auf Zeit gewesen, das habe sie dem Angeklagten auch klar gemacht. Aus dem gemeinsamen Haus zog sie im August aus. Nach einigen Wochen Kontaktpause habe der Angeklagte sie dann für ein Gespräch in das Haus gebeten. Eine Tüte mit einem Holzhammer habe er bereits einige Stunden vor dem Treffen aus dem Keller hochgeholt und auf die Treppe gelegt, gestand der Angeklagte – „um ihr weh zu tun.“Er habe die Trennung „nicht akzeptieren wollen“, sagte er mit belegter Stimme.
Laut seiner Version soll seine ehemalige Partnerin am 14. September an ihm vorbei in das Haus gegangen sein. Als sie ihm den Rücken zukehrte, habe er den Holzhammer von der Treppe gegriffen und von hinten auf
ihren Kopf eingeschlagen. Dann sei es zu einer Rangelei gekommen, bei der die beiden gegen eine Leiter gestoßen und zusammen umgefallen seien. Dabei habe er sie festgehalten, „damit sie das Haus nicht verlässt.“
Als seine ehemalige Partnerin ihm sagte: „Lass mich hier raus, hier ist überall Blut“, habe er von ihr abgelassen, woraufhin sie nach draußen zum Nachbarhaus gelaufen sei. Er habe dann im Haus auf seine Festnahme gewartet.
Die 59-Jährige vermied es, ihren Ex-Partner anzusehen, während sie sprach. Sie bestätigte diesen Verlauf größtenteils. Die Rangelei mit der Leiter hat es laut ihren Angaben jedoch nicht gegeben. Als der Angeklagte auf sie einschlug, habe sie zudem um Hilfe geschrien. „Er war natürlich stärker als ich“, schilderte sie mit tränenerstickter Stimme. Aus der Situation habe sie aber nicht etwa fliehen können, weil er von ihr abgelassen habe, sondern weil sie sich losreißen konnte.
Die Tat werde er sein „Leben lang bereuen“, sagte der Angeklagte gleich zu Anfang der Verhandlung mit zitternder Stimme. „Das war nicht ich an diesem Tag. Es war niemals mein Ziel, sie zu töten.“Durch den Schmerz über die Trennung sei er „in eine Art Tunnel geraten“und habe sich so verletzt gefühlt, „dass ich keinen anderen Weg gesehen habe, als auch sie zu verletzen.“Eine direkte Entschuldigung des Angeklagten ließ die 59-Jährige über ihre eigene Anwältin ablehnen. „Wir bewerten das als prozesstaktisches Verhalten“, sagte diese.
Von der Tat hat die 59-Jährige mehrere Wunden davongetragen. Eine auf dem Kopf habe genäht werden müssen, außerdem habe sie Prellungen und eine gestauchte Hand von der Abwehr der Schläge erlitten. „Und das sind nur die körperlichen Folgen“, sagte sie mit erstickter Stimme. „Ich war vorher eine mutige, zuversichtliche Person.“Seit der Tat sei sie jedoch ängstlich, ihr Selbstvertrauen sei erschüttert, sie leide an Schlafstörungen. „Da ist nichts mehr wie vorher.“