Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gose und Wellbrock gewinnen Silber

Die Schwimm-WM bietet sportliche Höchstleis­tungen, Krimis und Enttäuschu­ngen.So gut wie in Katar war das deutsche Team lange nicht.

- VON THOMAS ESSER UND GERALD FRITSCHE

DOHA (dpa) Florian Wellbrock war einfach nur erleichter­t. Die WM-Silbermeda­ille über 1500 Meter Freistil nach den zuvor so harten Tagen von Doha ließen den 26-Jährigen in den Katakomben des Aspire Dome einmal tief durchpuste­n und lächeln. „Die mentale Leistung, die ich heute gebracht habe, ist fast höher einzuschät­zen als die körperlich­e Leistung“, sagte Wellbrock. „Das war ein super wichtiger Schritt, hier mit einer Medaille rauszugehe­n.“

Wellbrock bescherte dem deutschen Team am letzten Tag der Weltmeiste­rschaften von Katar die sechste Medaille. Mehr Edelmetall hatte die Nationalma­nnschaft zuletzt bei den Weltmeiste­rschaften 2009 in Rom gewonnen. Damals hießen die Erfolgsgar­anten noch Britta Steffen und Paul Biedermann.

Vor dem großen und stimmungsv­ollen Finale war der beste deutsche Schwimmer der vergangene­n Jahre weit unter den Erwartunge­n und seinen eigenen Ansprüchen geblieben. Über 800 Meter Freistil schied der gebürtige Bremer im Vorlauf aus. In der ersten WM-Woche konnte er als Titelverte­idiger über zehn und fünf Kilometer im Freiwasser nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen.

Am Sonntag musste er sich nur dem überragend­en Daniel Wiffen geschlagen geben. Der Ire siegte mit mehr als 10,5 Sekunden Vorsprung auf Wellbrock. „Das war echt ein Kracher“, sagte Wellbrock anerkennen­d. Er selbst hatte nach 14:44,61 Minuten angeschlag­en.

Wellbrock fühlte sich an die WM 2019 in Südkorea erinnert. Auch damals hatte er nach einem VorlaufAus über 800 Meter Comeback-Qualitäten gezeigt und über die längste Beckendist­anz sogar Gold gewonnen. „Dass ich nach Gwangju jetzt zum zweiten Mal bewiesen habe, dass ich nach solchen Tiefschläg­en noch mal stärker rauskommen kann: Das zeigt, dass sich das Kämpfen immer lohnt – egal wie bescheiden es mal laufen kann“, sagte er.

Wellbrock zeigte sich selbst und der Konkurrenz, dass er nach wie vor zur absoluten Weltspitze gehört. Auf dem Weg zu den Olympische­n Spielen in Paris im Sommer hat er trotzdem noch viel Arbeit vor sich. „Es gibt eine Menge zu tun“, sagte er.

Mit nur einer Bronzemeda­ille

waren die deutschen Beckenschw­immer bei der WM in Japan vor gut einem halben Jahr historisch schwach gewesen. Nun können sie mit der Edelmetall-Ausbeute insgesamt sehr zufrieden sein. Sie profitiert­en bei der ersten WM, die im selben Jahr wie Olympia angesetzt war, aber auch davon, dass zahlreiche Stars im Sinne einer optimalen Sommerspie­le-Vorbereitu­ng auf eine Teilnahme verzichtet­en. Was die im Emirat gezeigten Leistungen mit Blick auf Paris wert sind, ist daher schwer abzuschätz­en.

Klar ist: Wie Wellbrock nach seinem guten letzten Rennen verlässt auch Angelina Köhler die WM mit sehr positiven Gefühlen. Sie nimmt reichlich Selbstvert­rauen mit. „Es war der Wahnsinn. Es war so viel besser, als ich mir das vorstellen konnte“, sagte die 23-Jährige. Über 100 Meter Schmetterl­ing krönte sie sich zur Weltmeiste­rin. Seit Britta Steffen 2009 war das keiner deutschen Beckenschw­immerin mehr gelungen. Mit ihrer Goldmedail­le etablierte sich Köhler endgültig in der Weltspitze. Lukas Märtens, der Bronze über 400 Meter Freistil holte, ist dort schon länger angekommen.

Neben Köhler und Vielstarte­r Wellbrock prägte aus deutscher Sicht vor allem Isabel Gose die Titelkämpf­e. Die 21-Jährige gewann die ersten WM-Medaillen ihrer Karriere – und dann gleich drei. Nach jeweils Bronze

über 400 und 1500 Meter Freistil holte sie am Samstag Silber über 800 Meter, konnte sich darüber aber zunächst überhaupt nicht freuen. Im Gegenteil: Gose war richtig verzweifel­t. „Es ist so knapp. Ich kriege so eine Chance nie wieder“, sagte sie nach einem wahren Schwimm-Krimi. Die Winzigkeit von neun Hundertste­lsekunden hatte sie nach der italienisc­hen Weltmeiste­rin Simona Quadarella angeschlag­en. „Es ist einfach traurig“, sagte Gose noch. Dann weinte sie.

Weil Seriensieg­erin Katie Ledecky aus den USA auf eine WM-Teilnahme in Doha verzichtet­e, war der Kampf um Gold erstmals seit vielen Jahren offen gewesen.

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FOTO: LEE JIN-MAN/DPA Isabel Gose (l.) lag bei ihrem Rennen über die 800 Meter lange in Führung.

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