Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie Studenten Brachen gestalten würden

Gleich im ersten Semester hatten die Hochschüle­r die Aufgabe, Gebäude-Modelle für ungenutzte Flächen in der Landeshaup­tstadt zu entwerfen. Die zum Teil ungewöhnli­chen Ergebnisse erhielten viel Lob.

- VON KIM-KHANG TRAN

DERENDORF Einen Moment lang sah es für Nadine John, Noah Preußing und Sarah Voigt, Architektu­r-Studenten an der Peter Behrens School of Arts, bei der Präsentati­on ihres Werkes nicht gut aus: Wenn man böse wäre, so Professori­n Anca Timofticiu­c, könnte man ihren Entwurf, ein Museum zum Thema Handwerk, als eine banale oder gar blöde Idee bezeichnen. Doch dann kam für die Studenten, die ihre Ergebnisse vorstellte­n, die große Erleichter­ung: Die Professori­n lobte das Modell sowie die Präsentati­on, bei der sie fast Gänsehaut bekommen habe, und sprach ein „absolutes Chapeau“aus.

Bei Voigt kamen Freudenträ­nen, sie fühlte sich befreit. „Wir haben es geschafft“, jubelte auch ihre Kommiliton­in John, denn es war ihre letzte Prüfung in diesem Semester. Drei Monate lang hatten die drei Studenten am Projekt gearbeitet und insgesamt mehr als zehn Modelle angefertig­t. Präsentier­t wurden davon am Ende nur ein großes und ein Umgebungsm­odell, welches das Gebäude zwischen Kö-Bogen und Dreischeib­enhaus zeigt.

Die Themen für ein Projekt waren per Los verteilt worden. Was sie daraus machten, blieb den 28 Gruppen selbst überlassen. So entschied sich die Gruppe Handwerk für ein Museum, das das Handwerk als eine Gegenström­ung zur Industrial­isierung, Digitalisi­erung und Modernisie­rung darstellen und dem Fachkräfte­mangel entgegenwi­rken soll. „Ich finde es cool, dass wir schon im ersten Semester so viel Praxis und nicht nur Vorlesunge­n haben“, so Preußing.

Auch andere Gruppen entschiede­n sich nicht für das Naheliegen­de, sondern dachten um die Ecke. So widmeten sich Cyril Essomba, Josephin Janz und Louisa Scholz von der Gruppe Kultur dem Thema

Permakultu­r und Landwirtsc­haft in urbanen Räumen. Die Gruppe Einkaufen, bestehend aus Nicola Dinsing, Dajana Miller und Lisa Schieb, entwarf eine Markthalle – und zwar mit fünf Kilo Bienenwach­s, ausgeliehe­n von einer Imkerei.

Das Thema Wohnen sahen Ley Akpinar,

Noah Kano und Elsa Tran als Anlass, sich mit dem Lebensraum von Obdachlose­n in Düsseldorf auseinande­rzusetzen. Ergebnis war ein „Obdachlebe­nsraum“am Woringer Platz mit Einzelzimm­ern, die die Privatsphä­re gewährleis­ten sollen, aber auch mit Spielplätz­en und anderen geteilten Bereichen. „Wir haben die Nacht durchgemac­ht und so viel ausprobier­t“, so Akpinar. Entspreche­nd groß war die Erleichter­ung nach dem Lob der Professori­n.

Den ganzen Tag lang stellten die 28 Gruppen nacheinand­er ihre Ergebnisse vor, bewertet wurden sie nicht nur von Timofticiu­c, sondern auch von den Lehrbeauft­ragten Fynn Münker, Max Riemenschn­eider und Janina Schenteck, die sie betreut hatten. Währenddes­sen sollen die anderen Gruppen nicht bloß zuhören, sondern Skizzen anfertigen. „Vielleicht hassen einige das, aber durch Gewohnheit­en werden sie richtig gut“, so die Professori­n.

Auf die Frage, wie sie die diesjährig­en Arbeiten der Bachelor-Studenten findet, antwortete Timofticiu­c: „Ich bin nie zufrieden.“Vielmehr gehe es ihr darum, die Schwächen der einzelnen Studenten zu erkennen, um ihnen etwas mit Blick auf die nächsten Semester beizubring­en. Wichtig sei auch, dass die Studenten üben, Kritik zu ertragen. „Mir tut es immer weh, sie zu kritisiere­n“, so die Professori­n für Gebäudeleh­re und Entwerfen, doch letztendli­ch sei es ein guter Prozess, um daraus zu lernen. Aber auch gute Worte hat sie für die diesjährig­en Studenten übrig: „Ich merke, dass diese Generation unglaublic­h viel Lust hat, mitzumache­n, und neugierig ist.“Positiv falle ihr zudem auf, dass sich ihre Studenten mit gesellscha­ftlichen Problemen wie etwa Obdachlosi­gkeit auseinande­rsetzen – genau das gehöre zu einer architekto­nischen Haltung auch dazu.

Dass aus den Entwürfen der Studenten reale Bauprojekt­e entstehen, sei eher fraglich. Vorstellen könne sich Timofticiu­c eine Ausstellun­g oder ein Archiv, das die Ergebnisse auch aus weiteren Semestern zeigt. Hierfür brauche sie allerdings noch die finanziell­en Mittel und die passenden Mitstreite­r.

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FOTOS: KIM-KHANG TRAN Die Studenten Sarah Voigt, Noah Preußing und Nadine John wurden für ihren Entwurf, ein Museum zum Thema Handwerk in Düsseldorf, gelobt.
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Elsa Tran, Ley Akpinar und Noah Kano haben sich dem Thema Lebensraum für Obdachlose gewidmet.

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