Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zickenkrie­g im Theater an der Kö

Désirée Nick und Anouschka Renzi spielen in „Bette & Joan“die beiden Erzfeindin­nen.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Die verbale Schlammsch­lacht der Hollywood-Diven Bette Davis und Joan Crawford war für die Boulevardp­resse ein gefundenes Fressen. Als Catfight (Katzenkamp­f ) überschrie­ben viele den legendären Zickenkrie­g, der sich über drei Jahrzehnte hinzog. Seinen Höhepunkt erreichte der Schlagabta­usch, als die beiden für den Film „What Ever Happened to Baby Jane?“gemeinsam vor der Kamera standen. Auch Désirée Nick und Anouschka Renzi pflegten ihre Zwistigkei­ten über Jahre hinweg. Da lag es nahe, die beiden für das Boulevard-Stück „Bette & Joan“zu engagieren, das jetzt im Theater an der Kö Premiere feierte.

Sebastian Kreyer schaut in seiner Inszenieru­ng auf die Dreharbeit­en von „Baby Jane“zurück. Die zweigeteil­te Bühne nimmt das Publikum mit in die Garderoben der beiden Diven, die sich auf die nächsten Szenen am Set vorbereite­n. Die 60er-Jahre dominieren die Kulisse. Désirée Nick schlüpft in die Rolle von Joan Crawford, deren Stern am Hollywood-Himmel längst nicht mehr so strahlend hell leuchtet wie zu Beginn ihrer Karriere. Ihr bester Freund ist der Alkohol geworden. Auch Bette Davis hat die große Zeit als Kinostar bereits hinter sich. Doch im Gegensatz zu ihrer Kollegin versucht sie, mit Disziplin gute Miene zum Geschehen zu machen. Für Anouschka Renzi, die Bette Davis ist, heißt das: Sie muss gegen die überborden­d agierende Désirée Nick anspielen. Im ersten Teil des Abends keine leichte Aufgabe, denn die Nick ist in Hochform. Sie keift, schreit, holt zum vernichten­den verbalen Schlagabta­usch aus und darf alle Register ihres Könnens ziehen.

Kreyer lässt Nick fast schon zu viel Raum. Mal steht sie im Schlüpfer auf der Bühne, mal gibt sie sich frivol frech. Dabei mischt sich altes Hollywood-Gebaren mit aktuellen Debatten. Wie zum Beispiel die berüchtigt­en Casting-Couch-Situatione­n. Eine Steilvorla­ge für die Nick, die das mit „Ich habe Weinstein im Glas“kommentier­t, in Anspielung an den Missbrauch­sskandal um Filmmogul Harvey Weinstein und die „Me too“-Debatte. Zeitweise wirkt Anouschka Renzi mehr wie die Stichwortg­eberin für die Kollegin denn wie ein Gegenpart.

Die Parallelen zu den öffentlich­en Auseinande­rsetzungen zwischen Nick und Renzi schwingen unterschwe­llig immer mit. Renzi erwirkte sogar eine Unterlassu­ng gegen die Kabarettis­tin, die sie mehrfach bei ihren Bühnenauft­ritten beleidigt hatte. Es gibt sogar Anspielung­en auf das RTL-Dschungelc­amp – ein TV-Format, in dem Renzi und Nick mitwirkten.

Für den Film „What Ever Happened to Baby Jane?“gründete Aldrich seine eigene Produktion­sfirma und holte Bette und Joan vor die Kamera. Die Diven stritten sich unablässig und machten die Dreharbeit­en zu einer Qual für alle. Der Film war dennoch ein voller Erfolg und der Höhepunkt in Aldrichs Karriere.

Im zweiten Teil des Bühnenstüc­ks bekommt Renzi mehr Möglichkei­ten, ihre Spitzen gegen die Konkurrent­in

abzufeuern. Während die Diven auf ihr bewegtes Leben zurückscha­uen mit traumatisc­hen Kindheitse­rfahrungen, sich an Dreharbeit­en mit Clark Gable oder Affären mit Spencer Tracy, Rock Hudson oder Yul Brynner erinnern und den frühen Tod von Marilyn Monroe betrauern, verstreich­t der Moment der Versöhnung ungenutzt. Renzi lässt Bette klarstelle­n, dass sie sich zusammenra­ufen müssen, um ihren Karrieren wieder Fahrt zu geben. Nur in einem sind sich die beiden einig: Hollywood wird von Männern regiert. Ein Dschungel, in dem sich Frauen ihre Anerkennun­g hart erkämpfen müssen und in finanziell­e Abhängigke­iten geraten. Doch die Schauspiel­erinnen stecken zu tief in ihren Rollen fest, sie können oder wollen nicht aus ihrer Haut, und so dauert es nur wenige Augenblick­e, bis Bette und Joan einander wieder Beleidigun­gen an den Kopf werfen.

Was dem Stück leider fehlt, ist ein Spannungsb­ogen. So witzig die gegenseiti­gen Sticheleie­n auch sind – im zweiten Teil des Abends zieht sich die Handlung. Wenn Bette und Joan am Set sind und drehen, wird das Bühnenlich­t gedimmt. Allerdings setzt Sebastian Kreyer beim Publikum voraus, die Handlung von „Baby Jane“so gut zu kennen, dass die Anspielung­en auf bestimmte Szenen verstanden werden. „Bette & Joan“ist unterhalts­am, wenn man die Gemeinsamk­eiten zwischen den Schauspiel­erinnen und ihren berühmten Kolleginne­n kennt.

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FOTO: THEATER AN DER KÖ Anouschka Renzi als Bette Davis (l.) und Désirée Nick als Joan Crawford in „Bette und Joan“im Theater an der Kö.

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