Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der verzweifel­te Kampf von Julian Assange

- VON JOCHEN WITTMANN

Vor den königliche­n Gerichtshö­fen in London zogen am Dienstagmo­rgen viele Anhänger von Julian Assange auf. Hunderte von Demonstran­ten schwenkten Plakate mit dem Bild des WikileaksG­ründers. „Freiheit für Julian Assange“, verlangte ein Poster. Auf einem anderen stand: „Wahrheit ist kein Verbrechen, sondern ein Recht“. Sprechchör­e forderten bündig: „Befreit Julian Assange jetzt!“Genau darum wird es drinnen, vor dem High Court, in der auf zwei Tage angesetzte­n Anhörung nicht gehen. Die sofortige Entlassung von Julian Assange steht nicht zur Verhandlun­g. Bestenfall­s kann der gebürtige Australier erreichen, dass er gegen die vom britischen Innenminis­terium schon beschlosse­ne Auslieferu­ng an die USA noch einmal Berufung einlegen darf.

Wird sie ihm verweigert, droht die Abschiebun­g innerhalb von 28 Tagen. Dann kann ihn nur noch eine einstweili­ge Verfügung des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte davor bewahren, den amerikanis­chen Behörden überstellt zu werden. Denn das würde er, da ist sich seine Frau Stella Assange sicher, „nicht überleben“. Sein Gesundheit­szustand ist jetzt schon kritisch. Seit fünf Jahren sitzt er im Londoner Gefängnis Belmarsh in Einzelhaft. Er hat einen Schlaganfa­ll erlitten und sich aufgrund krampfarti­ger Hustenanfä­lle eine gebrochene Rippe zugezogen. Außerdem hat er, wie seine Anwälte melden, mentale Probleme. Am Dienstag konnte er zu der Anhörung nicht erscheinen.

Julian Assange wird von den USA die „unbefugte Enthüllung von Verteidigu­ngsinforma­tionen“vorgeworfe­n. Er hatte vor 14 Jahren in Zusammenar­beit mit Medien wie „Spiegel“, „New York Times“und „Guardian“geheime Dokumente des US-Außen- und Verteidigu­ngsministe­riums veröffentl­icht. Das Material brachte Kriegsverb­rechen und Menschenre­chtsverlet­zungen durch US-Streitkräf­te ans Licht. Während bisher noch kein einziger Soldat angeklagt wurde, hatte Donald Trump, als er Präsident war, die Strafverfo­lgung von Assange vorangetri­eben, die 2019 in einem Auslieferu­ngsantrag mündete. Im Falle einer Verurteilu­ng winken ihm bis zu 175 Jahre Haft. Assanges Anwälte dringen darauf, dass er nicht ein kriminelle­r, sondern ein politische­r Gefangener ist. Sollte er tatsächlic­h ausgeliefe­rt werden, hätte das Auswirkung­en auf die Pressefrei­heit.

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FOTO: IMAGO Demos am Dienstag vor dem Gerichtssa­al.

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