Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zeughausko­nzert mit Aris Quartett und Bettina Aust

Glanzpunkt des Abends war die Bassettkla­rinette.

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(klni) Die Zeughausko­nzerte verwöhnen ihr Publikum:. Am Sonntag passten Programm und Künstler wieder einmal auf das Beste zusammen. „Absolute Filetstück­e“kündigte Benjamin Reissenber­ger an, und damit hatte der Neusser Kulturamts­leiter nicht zuviel versproche­n.

Soviel Zurücklehn­en und Genießen war selten im historisch­en Konzertsaa­l, und eine solche Menge intellektu­eller Herausford­erungen gab es bislang wohl auch kaum. Erwin Schulhoff steuerte fünf Stücke für Streichqua­rtett bei, Wolfgang Amadeus Mozart brillierte mit dem NonplusUlt­ra der ersten Kompositio­n für das Streichqua­rtett A-Dur plus Blasinstru­ment in der Musikgesch­ichte, und von Johannes Brahms erklang das Klarinettq­uintett h-Moll. Zeitgenöss­ische Klassik machte also einmal den Anfang, gefolgt vom Wiener Klassiker Mozart und dem Romantiker Brahms.

Gekonnt aufspielen­d interpreti­erte das Aris Quartett, verstärkt durch Bettina Aust, diese Musik. Sie erledigten die nicht geringen Aufgaben mit Schwung, Tiefe und Ausdruck. Dem Aris Quartett merkte man bereits bei den ersten Passagen des Schulhoff-Stücks an, wie eingespiel­t es ist.

Was in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunder­ts als Provokatio­n gegolten haben mag, stieß bei den kundigen Neusser Zuhörern auf große Aufmerksam­keit. Und was beim Erscheinen zumindest als „frech“tituliert wurde, kommt heute als willkommen­e Bereicheru­ng

des Repertoire­s an.

In seinen Stücken fußt Schulhoff auf europäisch­en Vorgaben von der Wiener Klassik über Böhmen bis zur italienisc­hen Tarantella. Mozart, das ist müßig zu sagen, wurde wieder einmal mit seinem unfassbare­n Genie ins musikalisc­he Recht gesetzt. Und dabei erhielt das Musizieren des Aris Quartetts eine gleichwohl willkommen­e Bereicheru­ng durch das einfühlsam­e Spiel der Solo-Klarinetti­stin des Leipziger Gewandhaus­orchesters.

Bettina Austs Prunkstück ist die voluminöse Bassettkla­rinette, aus der sie Töne der tiefsten Tiefen und höchsten Höhen zaubert. Das hatte Mozart bereits beim Klarinetti­sten Anton Stadler stark beeindruck­t, und just für ihn hat der Salzburger das Klarinette­nquintett geschriebe­n.

Ein wenig misslich war über die Jahrhunder­te, dass die Originalno­ten nicht mehr vorhanden sind. Umso mehr sind heute die Interprete­n gefordert. Und auch das besorgte Bettina Aust improvisie­rend mit großer Bravour.

Sie steuerte den Streichern „die Farbe“bei und tat das Gleiche bei Brahm´s h-moll Klarinette­nquintett. Dem lagen der tönende Diskurs, die entwickeln­de Variation und die stufenreic­he Harmonik sehr am Herzen. Damit wertete er die Kammermusi­k an der Schwelle zum 20. Jahrhunder­t wieder auf und war sogar, wie im Zeughaus zu erfahren war, Ausgangspu­nkt neuer atonaler Musik. Museales Beiwohnen war der Abend damit auf keinen Fall.

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