Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Verschollenes Zangs-Objekt ist restauriert
Es ist ein passender Auftakt für das Zangs-Jahr. Ein Werk des Künstlers hängt nun an der Fassade des BOB-Gebäudes.
Es ist schon ein Hingucker. Seit das Gerüst am BOB-Neubau hinter dem Bahnhof teilweise verschwunden ist, gibt es einen freien Blick auf ein blaues Objekt an der Fassade: Die Drahtplastik in königlichem Blau mit weißen Akzenten symbolisiert das Ein- und Ausfädeln von Autos und Lastwagen auf den Autobahnen. Der Krefelder Künstler Herbert Zangs hat das Objekt 1957 geschaffen.
Die „Wiederentdeckung“des Werks ist eine gelungene Eröffnung des Zangs-Jahrs. Am 27. März wäre das enfant terrible der Kunstwelt 100 Jahre geworden. Eine Reihe von Ehrungen sind geplant. Dass nun alle, die den Hauptbahnhof durch den Südausgang verlassen, auf ein Werk des 2003 verstorbenen Künstlers blicken, werte den Willy-Brandt-Platz, der noch gestaltet werden soll, zusätzlich auf, erklärte Oberbürgermeister Frank Meyer. Er erinnerte an die Bedeutung von Zangs, der die Ehrenplakette der Stadt trug, die Vorlage für die Figur des Malers Lankes in Günter Grass‘ Blechtrommel geliefert hat und als Weltenbummler oft als Anhalter unterwegs gewesen sei. „Vielleicht hat ihn das zu der Skulptur inspiriert.“
Fest steht: Zangs hatte 1957 den Auftrag für Kunst am Bau und hat die mehrteilige Skulptur mit dem Namen „Straßenvernetzungen“für das damalige Landesstraßenbauamt - später Rheinisches Autobahnamt an der Grenzstraße 140 entworfen.
Meyer bringt die Geschichte auf den Fußballerslogan „Zangs is coming home“. Aber sie ist nicht ganz so einfach, und sie hätte leicht schief gehen können. Die frühere Kulturbeauftragte Gabriele König, die in der Nähe wohnte, sah die Plastik täglich. Im Gebäude war inzwischen die Deutsche Rentenversicherungsanstalt untergebracht. 2019 wechselte der Besitzer. „Plötzlich war das Werk weg“, sagt König. Das Gebäude wurde zum Wohnhaus umgebaut, die Fassade wurde gedämmt - „Straßenvernetzungen“wurden abmontiert. Als die Fassade mit neuen Fenstern versehen war, passte die Kunst nicht mehr. König: „Wir haben nachgeforscht: Die Plastik war in einem privaten Keller eingelagert.“Die Stadt sicherte das Kunstwerk, das zum städtischen Besitz gehört, ließ es restaurieren und die Überlackierung in falscher Farbe durch den Originalton ersetzen. 15.000 Euro hat die Aktion gekostet. Kein schlechter Preis für ein wieder intaktes Werk von Zangs.
Auf dem Kunstmarkt erreichen die Werke des Krefelders zwar nur selten sechsstellige Summen, viele Arbeiten liegen laut Galeristenschätzung bei 15.000 bis 20.000 Euro. Aber die Symbiose von Ort und Aussage ist etwas Besonderes. Es tue Krefeld gut, wenn Künstler wie Herbert Zangs so in der Öffentlichkeit wirkten, meint Gabriele König. Die „Straßenvernetzungen“sind zugleich Zeugnis eines Programms „Kunst am Bau“, das es längst nicht mehr gibt. Und es ist bemerkenswert, weil es zu einer Zeit entstand, als Zangs auf der Suche nach seiner Farb-Identität war. Es waren die Anfangsjahre der Verweißungen.
Nicht immer haben sich die Krefelder leichtgetan mit jenem widerspenstigen Mann, der laut auftrat, gerne schnorrte und noch lieber seine
Mitmenschen vor den Kopf stieß. Mit Skandalen wie den Vordatierungen seiner Werke hat er negative Publicity gemacht. Auch fast zwei Jahrzehnte nach seinem Tod lässt sich der Künstler voller Widersprüche nicht gänzlich erfassen. „Hätte er einen anderen Charakter gehabt, dann hätte er heute einen anderen Ruf und auch einen anderen Stellenwert“, sagte der Galerist und Zangs-Kenner Egon
Heidefeld bei einer Ausstellung. Während Werke seiner Zeitgenossen und Künstlerfreunde - Andy Wahrhol, Jackson Pollock, Joseph Beuys - heute ein Vielfaches erzielen, spielt Zangs bei der finanziellen Anerkennung in einer niedrigeren Liga. Zangs hat zeitlebens polarisiert. Aber die Kunstwissenschaft ist noch nicht fertig mit ihm. Das Jahr seines 100. Geburtstags könnte neue Eindrücke bringen.