Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Fehlende Lust auf Ausbildung hat laut Studie viele Gründe
Oft wohnen sie noch bei den Eltern und haben sich dort regelrecht verschanzt: Kein Angebot erscheint ihnen attraktiv genug, zu wenig Freizeit, zu wenig Aufstiegschancen, zu wenig Geld. Die anderen verfallen in das andere Extrem und verzagen vor den Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt. Sie halten sich für Totalversager, obwohl sie noch gar nichts versucht haben.
Das Kölner Forschungsinstitut Rheingold hat nun im Auftrag der Initiative Joblinge erforscht, was junge Leute am Einstieg in das Berufsleben hindert. Dazu hat das Institut mit 38 Jugendlichen und jungen Erwachsenen mehrstündige Workshops gemacht und Tiefeninterviews geführt. Bei allen lag der Schulabschluss ein Jahr zurück, doch haben sie bisher weder Ausbildung, Studium noch andere berufliche Einstiege begonnen. Dabei zeigte sich für die Psychologen, dass viele junge Leute „zwischen Größenfantasien und Albträumen von sozialer Entmündigung“stecken blieben, so Projektleiter Felix Gehring. Auf der einen Seite gebe es verhinderte Berufseinsteiger, bei denen die großen Träume und Erwartungen im Vordergrund stünden. Das sind zum Teil junge Leute, die in den Wohlfühlwelten daheim verharrten.
Sie wohnen bei den Eltern, jobben, decken damit ihren Konsumbedarf. Sie fühlen sich wohl in dieser Lage, verdrängen alle Gedanken an den weiteren Werdegang. Dann gibt es die sogenannten Self-made-Jugendlichen, die zum Beispiel als Boten bei Lieferdiensten ein- und dort aufgestiegen sind. Und es gibt die Selbstüberschätzer, die übersteigerte Erwartungen an den Jobeinstieg haben, ihre eigenen Fähigkeiten zu hoch bewerten und nicht mehr in die Rolle des Lernenden schlüpfen wollen. Auf der anderen Seite der Skala begegneten den Forschern junge Menschen mit extrem geringem Selbstvertrauen, die sich teils schon mit Anfang 20 unabänderlich als Versager sehen.
Als Ursache dafür sehen die Forscher vor allem Corona. Die jetzigen Berufseinsteiger seien in einer entscheidenden Lebensphase auf ihr Elternhaus zurückgeworfen und von Freundeskreisen getrennt gewesen. Sie konnten weder in der Schule, noch in Sport oder Freizeit Erfolge feiern oder lernen, mit Niederlagen umzugehen. Es fehlte am Erlebnis, sich für ein Ziel anzustrengen und im eigenen Bemühen gesehen zu werden. Und zurück bleibt nach Ansicht der Forscher ein gestiegener Hunger nach Anerkennung, Wertschätzung und ein verzerrtes Selbstbild.