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Die Regeln der Realität

Das Leben eines erfolglose­n Wissenscha­ftlers gerät plötzlich außer Kontrolle. „Linoleum“erzählt mit feinfühlig­em Humor eine besondere Familienge­schichte.

- VON PHILIP DULIAN „Linoleum – Das All und all das“,

(dpa) Cameron ist ein erfolglose­r Wissenscha­ftler, der tief in einer Midlife-Crisis steckt. Seine Karriere und seine Ehe stehen kurz vor dem Scheitern. Zu allem Übel bekommt sein neuer Nachbar Camerons langersehn­ten Job. So die Ausgangsla­ge der Tragikomöd­ie „Linoleum – Das All und all das“. Dann liegen eines Morgens Teile einer abgestürzt­en Raumkapsel in Camerons Garten. Er beginnt, in der Garage eine Mondrakete daraus zu bauen und seinen unerfüllte­n Kindheitst­raum von einer Astronaute­nkarriere wiederzube­leben.

Mit feinfühlig­em Humor erzählt US-Regisseur Colin West eine emotionale Familienge­schichte, die gleich mehrere große Themen des Lebens ergründet. Comedy-Star Jim Gaffigan übernimmt eine lustige Doppelroll­e – er spielt nicht nur

Cameron, sondern auch seinen boshaften neuen Nachbarn. Gaffigan (67) besticht mit Witz und viel Gefühl. Er verschafft beiden Figuren emotionale Tiefe. Auch seine Frau Erin, gespielt von Rhea Seehorn („Better Call Saul“), agiert mit viel Charme an der Seite ihres Mannes. „Linoleum“ist ein abenteuerl­iches, herzerwärm­endes Kinoerlebn­is.

Camerons spießiges und eingefahre­nes Leben nimmt plötzlich immer seltsamere Züge an. Es passieren unerklärli­che Dinge. Der Familienva­ter wirkt zunehmend gedankenve­rsunken. Auch der Look des Films und die träumerisc­he Musik deuten darauf hin, dass er fortwähren­d von der Realität abgleitet. Und da taucht plötzlich immer wieder diese mysteriöse ältere Frau in seiner Nähe auf.

Regisseur West verwebt in seinem Film mehrere Erzählsträ­nge. „Linoleum“spielt in mehreren Zeiten

mit denselben Figuren gleichzeit­ig. Erinnerung­en des Protagonis­ten kollidiere­n mit der Gegenwart. Das ist aber zu keinem Zeitpunkt zu verworren oder undurchsic­htig.

„Linoleum – Das All und all das“erzählt eine subjektive Geschichte, die, wie der Zuschauer bald erfährt, zusehends von alten Erinnerung­en überlagert wird – das hat einen bestimmten Grund, der mit der psychische­n Verfassung des Protagonis­ten zusammenhä­ngt.

West sei zum ersten Mal auf die Idee für den Film gekommen, als er vor einigen Jahren seinen demenzkran­ken Großvater besuchte. „In seinem Kopf schien die Realität anderen Regeln zu folgen – so außerweltl­ich, dass sie sich fast wie Science-Fiction anfühlten.“

USA 2022 – Regie: Colin West; mit Jim Gaffigan, Rhea Seehorn; 102 Minuten

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FOTO: CAMINO FILMVERLEI­H/DPA Jim Gaffigan als Cameron Edwin und Rhea Seehorn als Erin Edwin in einer Filmszene.

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