Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Intelligente Erinnerungskultur
Emil Noldes Name steht in Osterath direkt neben denen anderer Künstler des 20. Jahrhunderts – Max Ernst, Paul Klee, Oskar Schlemmer. Sie alle haben die deutsche Kunst geprägt und Werke von kultureller Bedeutung hinterlassen. 1991, als der Straßenzug in Osterath benannt wurde, haben die Verantwortlichen nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt – und auf diese Weise mit Emil Nolde einem Mann ein Denkmal gesetzt, dessen Überzeugungen mit heutigen Verständnissen von Humanismus und Demokratie nicht zu vereinen sind. Mit dem Wissen, dass die jüngere Nolde-Forschung zu Tage gefördert hat, ist klar, dass hier Handlungsbedarf besteht. Bleibt die Frage nach dem Vorgehen. In Düsseldorf gab es eine große Initiative, belastete Straßennamen aus dem Stadtbild zu tilgen. In Meerbusch hat man sich dagegen entschieden – bei Nolde wie vor fast zehn Jahren schon bei Hindenburg. Eine Entscheidung für eine intelligente Erinnerungskultur. Denn gerade im Kontext des Maler-Viertels könnte sich ein neuer Name wie ein Wegducken vor der Vergangenheit anfühlen, als würde man vergangene Fehler wiedergutmachen wollen. Doch das ist nicht das, was nötig ist. 1991 war Noldes Denken noch nicht umfänglich erforscht, die damaligen Namensgeber konnten es nicht wissen. Und wie das düsterste Kapitel in Deutschlands Geschichte nach wie vor zentraler Bestandteil der Lehrpläne in der Schule ist, so kann auch eine Infotafel ein Stück Aufklärung sein, ein Stück Arbeit gegen das Vergessen und für ein Bewusstsein von Demokratie und Menschlichkeit. Solche Zeichen braucht es heute mehr denn je, da immer mehr Menschen dazu tendieren, die Denkfehler der Vergangenheit zu wiederholen. Es besteht keine Eile, die Infotafel anzubringen. Wichtiger ist es, dass sie kommt, und dass sie die Worte findet, die nötig sind, um deutlich zu machen, dass Rassismus, Antisemitismus und Faschismus im modernen Deutschland keinen Platz haben dürfen.