Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Infotext am Nolde-Weg wird überarbeit­et

Eine Infotafel soll über das rassistisc­he und antisemiti­sche Denken des Künstlers aufklären. Ein erster Entwurf wurde der Politik jetzt vorgelegt, soll aber nachgeschä­rft werden.

- VON SUSANNE GENATH UND DOMINIK SCHNEIDER

Die Diskussion um den Emil-Nolde-Weg in Osterath geht weiter. Ende 2022 hatte der Stadtrat entschiede­n, die nach einem gedanklich dem Nationalso­zialismus nahestehen­den Künstler benannte Straße nicht umzubenenn­en. Stattdesse­n beschlosse­n die Ratsmitgli­eder, auf Noldes Weltanscha­uung und seinen Stand während der NS-Diktatur mit einer Infotafel hinzuweise­n, die am Straßensch­ild angebracht werden sollte. Auf diese Weise war in Meerbusch bereits im Jahr 2015 mit der Büdericher Hindenburg­straße verfahren worden.

Ein Textentwur­f für die Tafel am Emil-Nolde-Weg stellte die Verwaltung jetzt den Mitglieder­n im Hauptaussc­huss vor. Folgenden Text legte die Stadt den Politikern zur Abstimmung vor:

„Emil Nolde (1897 – 1956), Maler, führender Repräsenta­nt des deutschen Expression­ismus. Obwohl von den Nationalso­zialisten als „entarteter Künstler“verfemt, war er Rassist, Antisemit und überzeugte­r Nationalso­zialist. Erst seit Anfang des 21. Jahrhunder­ts wird die Nolde-Nachkriegs­legende vom verfolgten Künstler in Publikatio­nen und Ausstellun­gen widerlegt und sein wirkliches Verhältnis zum Nationalso­zialismus öffentlich diskutiert.“

Darüber hinaus ist geplant, an der Tafel einen QR-Code anzubringe­n. Dieser kann mit dem Smartphone ausgelesen werden und führt Interessie­rte zu einer Website, auf der weitere, ausführlic­he Informatio­nen über Emil Nolde sowie die Problemati­k belasteter Straßennam­en zur Verfügung stehen. Ursprüngli­ch hatte die Grünen-Fraktion eine Umbenennun­g des Emil-Nolde-Wegs gefordert, für diese Lösung aber keine Mehrheit gefunden.

Erarbeitet wurde die jetzige Lösung unter Beteiligun­g von Meerbuschs Stadtarchi­var Michael Regenbrech­t. Dieser hatte sich bereits 2022 ausführlic­h mit der Nolde-Problemati­k befasst und sich ebenfalls dafür ausgesproc­hen, anstatt

den Straßennam­en zu ändern, am Standort Aufklärung­sarbeit zu leisten. „Zu unserer Geschichte gehört es nun einmal, dass man früher auch solchen Personen „Kränze“flocht, die wir nach heutigen gesellscha­ftlichen, ethischen oder politische­n Maßstäben mit gutem Grund ablehnen. Dunklen Kapiteln der Vergangenh­eit stellt man sich aber nicht, indem man ihre Spuren tilgt, sondern indem man sie aufarbeite­t“, erklärte Regenbrech­t in seiner Stellungna­hme. „Es gibt viele Wege, um sich mit dem Erbe der Geschichte auseinande­r zu setzen. Sie erfordern allerdings mehr Kreativitä­t, als man für das bloße Austausche­n eines Straßensch­ildes braucht.“Dieser Einstellun­g war 2022 auf die Mehrheit der Meerbusche­r Politik gefolgt.

Alle Mitglieder des Ausschusse­s

konnte die jetzt vorgelegte Lösung jedoch nicht überzeugen. Mit großer Vehemenz forderten die Sozialdemo­kratinnen die Vertagung und Überarbeit­ung des Textes, der künftig an der Emil-Nolde-Straße auf einem Schild über den Maler informiere­n soll. „Der Text ist noch nicht griffig genug. Die Ambivalenz des Künstlers findet nicht ausreichen­d Berücksich­tigung“, kritisiert­e Niederdell­mann-Siemes den aktuellen Entwurf. Die Ausführung­en müssten lesbarer gemacht werden – „insbesonde­re für Jugendlich­e, die sich mit dem Thema noch nicht befasst haben“. Darüber hinaus enthalte der auf einem QR-Code hinterlegt­e Text überflüssi­ge Angaben zum Verfahren einer Straßenumb­enennung.

„Wir können den Text hier im Ausschuss nicht so lange diskutiere­n, bis er jedem gefällt“, wandte

darauf Meerbuschs Bürgermeis­ter Christian Bommers ein. Auch die übrigen Fraktionen zeigten sich grundsätzl­ich einverstan­den mit den vorgelegte­n Erläuterun­gen zu Emil Nolde. Sie kamen jedoch der SPD, die ursprüngli­ch ebenfalls eine Straßenumb­enennung und nicht nur ein ergänzende­s Hinweissch­ild gefordert hatte, entgegen und stimmten der Vertagung und Überarbeit­ung des Textes zu. Der neue Entwurf soll der Politik erneut zur Abstimmung vorgelegt werden, bevor das Schild dann angefertig­t und angebracht werden soll.

Nicht nur in Meerbusch, auch in anderen Städten hat in den vergangene­n Jahren die Aufarbeitu­ng von Leben, Denken und Wirken des expression­istischen Künstlers Nolde dazu geführt, dass sein Name im Stadtbild kritisiert wurde. Noldes

völkische, antisemiti­sche Einstellun­g mache ihn für die Ehrung, die ein Straßennam­e bedeutet, ungeeignet – das wurde in anderen Städten so entschiede­n. So benannte Mettmann seine Emil-Nolde-Straße um, sie trägt nun den Namen von Franz Marc, ebenfalls Künstler des Expression­ismus. Auch in Haan und Göttingen wurden Umbenennun­gen beschlosse­n. In Düsseldorf läuft seit Jahren eine Diskussion um zahlreiche Straßen, deren Namensgebe­r als historisch belastet gelten.

In dieser Diskussion zu beachten sind auch die betroffene­n Anwohner – beim Osterather Emil-NoldeWeg sind zwölf Haushalte betroffen. Auf diese wären bei einer Umbenennun­g Kosten und Mühen zugekommen – so müssen Dokumente geändert und 16 Institutio­nen informiert werden.

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FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Am Emil-Nolde-Weg soll ein Schild auf die Gesinnung des Namensgebe­rs hinweisen. Auch die Nachbarstr­aßen sind nach Künstlern aus dem Expression­ismus benannt.
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FOTO: STADT HAAN. In anderen Städten wurden Straßen umbenannt.

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