Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Neue Unterkunft entsteht auf Q1-Gelände
Auf dem früheren Tankstellen-Gelände sollen Geflüchtete untergebracht werden. 30 Standorte waren geprüft und verworfen worden.
2023 war in Meerbusch ein Rekordjahr der Flüchtlingsbewegung: Seit 30 Jahren sind nicht mehr so viele Menschen auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und schlechten Lebensbedingungen in die Stadt gekommen. 330 Personen suchten in Meerbusch Schutz – mehr, als im Vorfeld abzusehen war. Dies stellt die Stadt, die sich um die Unterbringung dieser Menschen kümmern muss, vor Herausforderungen. Mehrere suboptimale Zwischenlösungen wurden gefunden, zudem wurde ein Areal gesucht, auf dem eine neue Unterkunft errichtet werden könnte. Dies wurde nun gefunden. Wie die Verwaltung dem Sozialausschuss mitteilte, ist das ehemalige Q1-Tankstellengrundstück an der Kreuzung Meerbuscher Straße und Insterburger Straße in Osterath das einzige Areal, welches kurzfristig nuzt- und bebaubar ist. Hier soll eine neue Flüchtlingsunterkunft geschaffen werden.
Um die akuten Bedarfe, vor allem im Zusammenhang mit Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet waren, decken zu können, hatte die Stadt in den vergangenen Monaten verschiedene Interimsstandorte genutzt. So wurden der ehemalige Kindergarten Sonnengarten, Teile der Barbara-Gerretz-Schule in Osterath sowie zwei Turnhallen zu Unterkünften umfunktioniert. „Das ist für alle Betroffenen kein wünschenswerter Zustand und sollte möglichst in naher Zeit behoben werden“, heißt es von der Stadt. Denn die Sporthallen fehlen dem Vereinssport, und auch die Kita soll abgerissen werden, um einem ebenfalls dringend benötigten Wohnbauprojekt Platz zu machen. Auch für die Barbara-Gerretz-Schule gibt es Pläne.
Diese vier Standorte leer zu ziehen würde allerdings bedeuten, dass für insgesamt rund 240 Personen eine Unterbringung organisiert werden muss – zuzüglich weiterer Neuzuweisungen, die zu erwarten sind. „Berechnet man die Zuweisungsquote anhand der Prognose des Landes NRW für 2024, dann ist zusätzlich mit weiteren rund 215 Flüchtlingen als Neuzuweisungen zu rechnen. Alle verbunden – im Falle einer Anerkennung und/oder Duldung – mit einer dreijährigen
Wohnsitzauflage für Meerbusch“, teilt die Stadtverwaltung mit.
Deswegen läuft seit längerer Zeit die Suche nach alternativen Standorten auf Hochtouren. Allerdings gibt es in Meerbusch wenige freie Flächen, auf denen die Stadt kurzfristig eine Interimsanlage aufstellen kann und die durch keine andere Nutzung eingebunden oder für öffentliche oder private Bauprojekte verplant sind.
Erschwert wird die Lage durch die fehlenden Kapazitäten im sozialen Wohnungsbau. In Meerbusch ist es schwer, an günstige Wohnungen zu kommen – egal ob für Hiesige oder Geflüchtete. Daher rechnet die Stadt nicht damit, dass es in absehbarer Zeit viele Auszüge aus den bestehenden Einrichtungen geben wird – und somit dort auch keine Kapazitäten frei werden. Daher können auch Menschen, die in Deutschland anerkannt sind und teils sogar einen Beruf gefunden haben, nicht aus den Unterkünften ausziehen.
Bei der Suche trennt die Stadt nach kurzfristigen Interims-Lösungen, um die akuten Bedarfe zu decken, und nicht noch eine weitere Turnhalle belegen zu müssen, und
nach Möglichkeiten zur dauerhaften Unterbringung. Die Politik hat jetzt entschieden, für das Q1-Gelände eine Interimsanlagen zu mieten, die auf zwei Jahre ausgelegt ist. Zugleich wird geplant, sie danach durch Kaufmodule zu ersetzen, welche für weitere fünf Jahre eine Unterbringung auf dem Grundstück ermöglichen. Auch eine Anmietung des Grundstücks durch die Stadt wurde beschlossen.
Das Gelände der ehemaligen Q1-Tankstelle in Osterath steht seit einigen Jahren leer, ist eingezäunt
und verwildert langsam. Zeitweise war hier ein Supermarkt geplant, der aber nicht umgesetzt wurde. Die Fläche ist sowohl mit dem Auto gut zu erreichen als auch durch die Nähe zum Osterather Bahnhof an den ÖPNV angeschlossen, die Lage nahe des Ortszentrums verbessert die Integrationschancen der hier untergebrachten Menschen. Besonders wichtig aber: Die Fläche steht für die unmittelbare Nutzung zur Verfügung, bietet ausreichend Platz.
Die Stadt hat in den vergangenen Monaten fast 30 mögliche Standorte
eingehend geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Areal die einzige Möglichkeit ist, kurzfristig eine Unterbringung für Geflüchtete zu schaffen. Beispielsweise wurde ein Standort nahe des Sportplatzes in Bösinghoven verworfen, weil der Lärm der Autobahn hier acht Dezibel zu laut sei und somit keine Baugenehmigung erteilt werden könne.
Zunächst kann das Q1-Gelände hier Abhilfe schaffen und verhindern, dass weitere Turnhallen belegt werden müssen. „Wenn es den Platz dafür gibt, dann werden wir die Turnhallen frei geben“, verspricht Annacker. Zudem soll überprüft werden, ob es sinnvoll ist, Menschen, die schon länger in den Turnhallen leben in die neuen Unterkünfte umziehen zu lassen, wo es mehr Privatsphäre gibt. Die Plätze in den Turnhallen könnten dann an neu Ankommende vergeben werden.
Nur rund zwei Kilometer vom Q1Geände entfernt ist in den vergangenen Wochen eine Container-Wohnanlage am Parkplatz der Sportanlage Krähenacker entstanden. Diese wurde mit sehr kurzer Planungszeit errichtet. Aus der Anwohnerschaft gab es Rückmeldungen. Drei Schreiben äußerten Befürchtungen um die Sicherheit, die die Stadt allerdings zerstreuen konnte. Als Reaktion darauf plant die Verwaltung aber künftig, bei langfristigen Unterkünften auf mehrere kleine Anlagen anstatt weniger großer zu setzen. Diese sollen über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies entlaste auch die örtliche Infrastruktur, etwa Schulen und Kindergärten.
Die Stadt rechnet vor, dass fünf bis sechs Einheiten für je 50 bis 60 Personen gebraucht würden – allein, um die Menschen unterzubringen, die aktuell im Sonnengarten, der Barabar-Gerretz-Schule und den Sporthallen untergebracht sind. Mit Blick auf die gleichmäßige Verteilung über die Ortsteile betont die Verwaltung zudem, dass es seit Jahren an der Büdericher Cranachstraße und auf dem Lanker Heidbergdamm Unterkünfte mit jeweils 120 Plätzen gibt, die voll ausgelastet sind.
Nachdem für Osterath nun eine Lösung gefunden scheint, soll die Prüfung in allen übrigen Stadtteilen weitergehen. Allerdings werden die Planungen hier deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, so dass die Verwaltung keine Alternative zur Unterkunft an der Insterburger Straße sieht. Wie Sozialdezernent Peter Annacker mitteilte, gehe man aber weiteren Hinweisen nach und strebe auch an, durch aktive Politik im Sozialen Wohnungsbau Kapazitäten zu schaffen, die die Unterkünfte entlasten könnten. „Langfristig geht es auch darum, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Dafür ist das Leben in einer Unterkunft wenig hilfreich“, so Annacker.