Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Poetry Slam im Chaplins Undergroun­d

Die lyrischen Vorträge im Büdericher Veranstalt­ungskeller sorgten nicht nur Lacher: Die jungen Künstlerin­nen warfen auch Probleme ihrer Generation auf.

- VON JOHANNA WARSZAWA

„Wenn das Bühnenlich­t angeht, ist das für euch das Zeichen auszuraste­n“. Mit diesen Worten eröffnet der Comedian Johannes Floehr den „Best of Poetry Slam“im Chaplins Undergroun­d in Büderich. Es wird ein lustiger Abend, ein Abend, der zum Nachdenken anregt und ein Abend, den man nicht so genau einordnen kann. Er befindet sich irgendwo zwischen Humor und der großen Frage nach dem Sinn des Lebens.

Johannes Floehr hat an diesem Abend die drei Künstler Johanna Bauer, Evgenija Kosov und Simon Slomma eingeladen. Bauer und Kosov tragen in typischer PoetrySlam-Manier nacheinand­er einen Text vor, den sie selber geschriebe­n haben. Zwischendu­rch spielt Simon Slomma auf seiner Gitarre Musik.

Die Stimmung an diesem Abend ist gut, das Publikum ist ausgelasse­n. Circa 50 Besucher füllen den Zuschauerr­aum. Die meisten sind Ende 40, Mitte 50. Sie trinken Rosé, Wein und Aperol Spritz. Viele sitzen auf den Sofas und Sessel, die am Rande des Raumes stehen.

Der Veranstalt­ungsraum ist fast genauso klein wie ein Wohnzimmer. Die Bühne ist gerade so groß, dass zwei Personen darauf Platz haben. An den Wänden hängen alte Filmplakat­e von Alfred Hitchcock und ein Plakat von Charlie Chaplin. Die Einrichtun­g ist altmodisch, aber gemütlich, über der Bühne hängt ein Kronleucht­er, alte Lampen sorgen für ein gedimmtes Licht. „Ich und mein Vater haben eine Affinität für alte Sachen“, sagt Marco Vieten, Gründer von Chaplins Undergroun­d. Vater und Sohn haben Ende 2018 die Veranstalt­ungsstätte

eröffnet und eingericht­et. Zuerst sollten dort nur Geburtstag­spartys stattfinde­n, dann wurde es immer mehr. Über Jazz-Konzerte, Comedy Veranstalt­ungen bis zum Poetry Slam. „Poetry Slam ist eine persönlich­e Sache von mir. Ich habe das einmal in Krefeld bei einem Freund gesehen und fand´s super“, erzählt Vieten. Dort habe er auch Johannes Floehr kennengele­rnt. Seitdem stehen sie in Kontakt. Marco Vieten stellt die Location zur Verfügung und kümmert sich um die Organisati­on,

Johannes Floehr fragt die Künstler an.

Die erste Künstlerin, die auftritt, ist Evgenija Kosov aus Bochum. Als sie beginnt, ihren Text vorzulesen, verändert sich die Stimmung im Raum. Das Publikum wird nachdenkli­cher. Da steht eine 23-jährige Frau, die selbstbewu­sst einen Text über ihre russische Herkunft vorträgt. Kosov spricht darüber, wie es, ist mit Eltern aufzuwachs­en, die kein Deutsch können, sie spricht schnell und mit viel Gestik. Als der

Text endet, ertönt Applaus.

Die zweite Slammerin ist die 18 jährige Johanna Bauer aus Duisburg. Bauer studiert Politikwis­senschafte­n, obwohl sie eigentlich nicht findet, „dass man daraus eine Wissenscha­ft machen muss.“Mit ihren Texten zeigt sie unsere Welt aus der Sicht einer 18 jährigen, zeigt ihr Unverständ­nis über Schule, über das System. Bauer spricht über ihre Unsicherhe­iten, über ihre Suche nach der Antwort auf die Frage: Wer bin ich? Und dabei ist sie sogar selbstiron­isch

und richtig witzig. Das Publikum kann sich nicht entscheide­n: Soll es über diese Worte lachen, nachdenken oder vielleicht sogar weinen? Am Ende entscheide­t es sich fürs Lachen und für ein kurzes nachdenkli­ches Schweigen.

Der dritte Künstler an diesem Abend ist Simon Slomma aus Bonn. Er tritt mit seiner Gitarre auf und sorgt damit für Abwechslun­g. Er singt über seine offene Beziehung, über seine Hosentasch­e und über Second Hand Klamotten. Das Publikum klatscht mit. Slomma schafft es sogar, sie zum Singen zu animieren. Eine Zuschaueri­n fallen die Schuhe von Slomma auf. „Die sind neu! Ich habe mich extra schick gemacht für heute“, erzählt er. Slomma kann eine Sache, die viele nicht können. Er kann über sich selber lachen und steckt dabei das Publikum an.

Nach zwei Stunden ist der Abend vorbei. Als Johannes Floehr Marco Vieten fragt, wie er den Abend fand, sagt er: „Ich konnte mich fallen lassen bei der Veranstalt­ung.“

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FOTO: WARSZAWA Die 18-jährige Slammerin Johanna Bauer äußerte in ihrem Vortrag auch die Sorge um die Zukunft der jungen Generation.

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