Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wie Helmut Schmidt das Denken von Bert Rürup geprägt hat
Als Gast beim Kaffee-Klatsch mit Heribert Klein plauderte der frühere Wirtschaftsweise über sein Leben, seine Wahlheimat Düsseldorf und die aktuelle Politik.
Das Leben von Bert Rürup hätte auch anders verlaufen können. Bevor er sich den Wirtschaftswissenschaften zuwandte, war er ein erfolgreicher Sportler. Kugelstoßen war seine große Leidenschaft. „Das fand ich besonders ästhetisch“, erzählte er beim Kult-Kaffee-Klatsch im Mutter-Ey-Kunst-Café Netzwerker Heribert Klein und seinen Gästen. Eine Verletzung stoppte seine Karriere als Profisportler. Noch im Krankenhaus beschloss Rürup, Wissenschaftler zu werden.
Ob er als Sportler glücklicher gewesen wäre, könne er nicht beurteilen. Wahrscheinlich scheint das jedoch nicht zu sein, denn der Wirtschaftsexperte berichtete belustigt, dass er als Professor noch nie hätte arbeiten müssen und erklärte direkt: „Arbeit ist mit Leid verbunden und ich habe nie gelitten. Mir hat das immer Spaß gemacht. Da bin ich unglaublich privilegiert.“Daher denke Rürup auch jetzt, mit seinen achtzig Jahren, noch lange nicht ans Aufhören.
Rürup ist ehemaliger Wirtschaftsweiser und Chefökonom des Handelsblattes. Seine Beschäftigung in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes unter Helmut Schmidt habe ihn besonders geprägt, verriet er. „Ich habe nirgendwo so viel gelernt, wie bei ihm.“Man müsse Politik von der Umsetzung aus denken, nicht vom Konzept, war eine grundlegende Erkenntnis, die er aus seiner Zeit dort mitnahm.
Im Vordergrund der lockeren Gesprächsrunde standen viele aktuelle Themen. „Wenn es einen Frieden gibt, wird es ein Verhandlungsfrieden sein. Dann werden einige Gebiete russisch werden“, schätzte der Wahldüsseldorfer die Lage in der Ukraine ein. Die Ampel-Regierung mache ihn nicht glücklich. „Aber was wäre die Alternative? Eine große Koalition wäre auch nicht sexy gewesen“, meinte er.
Klar sei, dass die deutsche Volkswirtschaft gerade abschmiere. Das habe hausgemachte Gründe, läge aber auch am Welthandel. „Wir müssen Sand in das Getriebe der Globalisierung streuen. Es gibt kein Land, dass so auf den Außenhandel angewiesen ist, wie Deutschland“, resümierte Rürup. Trotzdem gehe es nicht den deutschen Firmen schlecht, sondern dem Land, sagte der Experte.
Über seine Wahlheimat Düsseldorf, die er sehr schätzt, konstatierte er. „Sie ist eine kleine Großstadt, die gut funktioniert. Auch wenn sie keine Weltstadt ist, wie die Düsseldorfer gerne glauben.“Sorge bereite ihm jedoch das Sterben des stationären Einzelhandels – auch aus persönlichen Gründen. „Ich wüsste gar nicht wo ich die Tinte für meinen LamyFüller herbekommen sollte, wenn es die Kaufhäuser nicht gebe“, sagte er.