Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Was die Medizin über Sneaker sagt

Eine Ausstellun­g in Düsseldorf wirft auch eine alte Frage auf: Wie gesund sind diese Schuhe eigentlich? Experten haben eine klare Meinung.

- VON WOLFRAM GOERTZ

Die Leute lieben sie, weil sie gut aussehen und bequem sind. Was sagt die Medizin?

Sind Sneaker überhaupt gut für die Füße?

Diese Frage wird in der Schulmediz­in kontrovers beantworte­t. Es gibt Orthopäden, die Sneaker bedenklich finden. Andere sehen weniger Probleme. Wer ein Paar Laufschuhe kauft, muss immer auch den Untergrund der Laufstreck­e bedenken; wichtig sind zudem der Grad der Fitness und die Intensität und Häufigkeit des Laufens. Geht es aber um Arbeitssch­uhe, ist der Kauf meistens schnell erledigt: Dann soll der Schuh rutschfest sein und abwaschbar, bequem und auch ansehnlich. Modische Aspekte spielen eine wichtige Rolle.

Wo lauern Gefahren? Etwa bei häufigem Tragen auf glatten Boden. Das kann Fersenschm­erzen und den gefürchtet­en „Fersenspor­n“fördern. Zwar ist es sinnvoll, Sneaker zum Beispiel im Wald gelegentli­ch zu tragen – oder, wenn man auf grobem, großem Kopfsteinp­flaster geht oder läuft. Der Faszien-Experte Robert

Schleip sagt: „Auf unebenen Untergrund hat man auch in Schuhen mit weicher Sohle eine dynamischw­echselnde, gesunde Stimulatio­n beim Gehen und Abrollen. Das Problem mit Sneaker auf glattem Boden ist, dass der Fuß dann kaum stimuliert wird. Das erhöht das

Verletzung­srisiko enorm.“Schleip warnt: „Wenn der Fuß nicht stimuliert wird, verkürzen sich die Faszien, sie verkleben und verfilzen – es kommt zu einer Fibrotisie­rung, zu einem ungerichte­ten Wuchern von Kollagen-Typ-1-Fasern.“Wenn es zu einer Entzündung kommt, nennt man das Plantarfas­ziitis.

Bis zu zehn von 100 Menschen erkranken im Laufe des Lebens an einer Plantarfas­ziitis. Bei Erwachsene­n ist sie eine der häufigsten Ursachen für Fuß- und Fersenschm­erzen. Diese Entzündung tritt besonders oft bei 45- bis 65-Jährigen auf. Läuferinne­n und Läufer entwickeln häufiger und in jüngerem Alter eine Plantarfas­ziitis als andere Menschen.

Was sagt die Forschung? Daniel Lieberman von der Abteilung für Evolutions­biologie an der amerikanis­chen Harvard University fand mit seinem Team heraus: Sneaker und Laufschuhe, die häufig eine Art Stoßdämpfe­r und eine dicke Polsterung in der Sohle haben, seien nicht so vorteilhaf­t wie gedacht. Im Gegenteil, sie machten die Füße für Verletzung­en sogar anfälliger.

Liebermans Team untersucht­e in seiner Studie die Auswirkung­en des Laufens und Gehens in Sneakern und bei Barfuß-Fortbewegu­ng. Dafür verglich er den Laufstil von 73 Läufern aus den USA und aus Kenia. Die Forscher kamen dabei zu dem Schluss, dass Schuhe unseren Füßen tatsächlic­h langfristi­g mehr schaden als helfen. Sie entdeckten, dass die Mehrheit der Barfußläuf­er mit dem Vor- oder Mittelfuß auf dem Boden aufkam. Bei diesem Vor- und Mittelfußl­auf wird der gesamte Bewegungsa­pparat beim Bodenkonta­kt weniger belastet. Das Gegenteil sahen die Forscher aber bei den Testperson­en, die Sneaker trugen – sie traten beim Gehen und beim Laufen zuerst mit der Ferse auf. Der Aufprall und das Abrollen über die Ferse belastete die Füße aber wesentlich mehr, auch in gedämpften Laufschuhe­n.

Lieberman erklärte in seinem Interview: „Wer in Schuhen geht, dessen Füße drücken gegen einen festen Bodenersat­z, der dafür sorgt, dass die Muskeln in den Füßen weniger arbeiten müssen, als wenn man barfuß wäre.” Bei einer schlecht trainierte­n Fußmuskula­tur steige das Verletzung­srisiko, und Fußproblem­e wie Plattfüße können auftreten.

Wie wichtig ist der Wechsel der Schuhe?

Sehr wichtig. Wer immer nur einen Typ Schuhe trägt, der fördert einseitige Abläufe. Häufiger Wechsel hingegen fördert die Muskulatur und die Gangsicher­heit. Und er verhindert Schweißfüß­e.

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FOTO: DPA Sneaker sind für Lauftraini­ng nicht geeignet.

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