Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Reagierte Hebamme bei Geburt zu spät?

Sechs Monate nach der Geburt ist ein Säugling gestorben. Das Gericht wird den Fall nun verhandeln.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Seit fünf Jahren steht eine Hebamme unter einem der schlimmste­n Vorwürfe, die in dieser Branche denkbar sind. Im Februar 2019 soll die jetzt 44-Jährige durch massive Versäumnis­se bei der Geburt eines Mädchens in einer Klinik erhebliche Hirnschäde­n bei dem Säugling verschulde­t haben, an denen das Kind rund sechs Monate später gestorben ist. Auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft hatte das Amtsgerich­t mit schriftlic­hem Strafbefeh­l wegen fahrlässig­er Tötung eine Bewährungs­strafe von sechs Monaten gegen die Hebamme verhängt. Die 44-Jährige hat Einspruch eingelegt, sodass der Fall demnächst verhandelt werden muss.

Vormittags hatten damals die Wehen bei der werdenden Mutter eingesetzt, die Angeklagte soll diese Phase als Hebamme begleitet haben. Laut Anklage habe die 44-Jährige allerdings ein Absinken der kindlichen Herzfreque­nz (ab 9.10 Uhr) erst verspätet bemerkt. Bei einer Kontrolle des Wehenschre­ibers nach weiteren 40 Minuten (9.50 Uhr) seien die Daten der Herzfreque­nz des Babys nicht mehr „verdächtig“, sondern angeblich sogar schon pathologis­ch, also krankhaft gewesen. Und doch soll die angeklagte Geburtshel­ferin erst weitere 27 Minuten danach (um 10.17 Uhr) die Dienst habende Ärztin über die ungewöhnli­chen Abläufe bei dieser Geburt informiert haben.

Nach sofortiger Therapie und einem Not-Kaiserschn­itt sei das Kind zwar letztlich zur Welt gekommen, doch habe es laut Anklage durch die angebliche Fahrlässig­keit der Hebamme und als Folge einer unzureiche­nden Versorgung mit Sauerstoff und Blut einen massiven Hirnschade­n erlitten. Laut den Ermittlung­en sei das Kind an den Auswirkung­en dieser Schäden rund sechs Monate später gestorben. Der Hebamme wird jetzt eine fahrlässig­e Tötung des Mädchens durch Unterlasse­n vorgeworfe­n, weil sie trotz aller Alarmzeich­en auf Unregelmäß­igkeiten bei der kindlichen Herzfreque­nz viel zu spät reagiert und dann erst die zuständige Ärztin zugezogen haben soll. Zu diesem Zeitpunkt allerdings, so die Anklage weiter, sei das Leben des Säuglings schon nicht mehr zu retten gewesen.

Dadurch, dass die Hebamme angeblich nicht oder nicht rechtzeiti­g tätig geworden sei, soll sie sich nun für den Tod des Kindes verantwort­en. Wann der zuständige Amtsrichte­r über den Einspruch der Hebamme gegen die Bewährungs­strafe verhandelt, steht noch nicht fest.

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