Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Arbeitskampf nun auch ohne Ankündigung
Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokführer geht in die nächste Runde. GDL-Chef Claus Weselsky kündigte Aktionen ab Donnerstag an. Die Arbeitsniederlegungen sollen 35 Stunden dauern. Danach sollen weitere folgen. Worauf Pendler achten müssen.
Es war zu erwarten und hat am Montag trotzdem für große Aufregung gesorgt: Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), kündigte bei einer Pressekonferenz in Berlin gleich mehrere Streiks bei der Deutschen Bahn (DB) an. Der erste soll schon am Donnerstag um 2 Uhr nachts starten und ganze 35 Stunden dauern, also bis Freitag um 13 Uhr. Für den Güterverkehr geht es sogar noch früher los: Hier streiken die Lokführer ab Mittwoch um 18 Uhr bis Freitag um 5 Uhr. „35 Stunden deshalb, damit jeder in der Republik merkt, worum es uns geht: nämlich um die 35-StundenWoche“, sagte Weselsky.
Die fordert die Gewerkschaft unter anderem für ihre Lokführer. Doch das ist längst nicht alles: Danach soll es sogenannte Wellenstreiks geben – das heißt, sie finden in unregelmäßigen Abständen statt und werden nicht mehr 48 Stunden vorher angekündigt.
Warum streikt die GDL schon wieder?
Die GDL hatte im Februar vier Wochen lang mit der Deutschen Bahn verhandelt – und kam mit ihr zu keiner Einigung. Und das, obwohl sogar zwei Moderatoren, Thomas de Maizière und Daniel Günther, bei den Verhandlungen dabei waren. „Wir sind weiterhin bereit, konstruktive, aber realistische Lösungen zu finden. Die Maximalforderungen der GDL sind jedoch unerfüllbar und gefährden massiv das Eisenbahnsystem“, sagte DBPersonalvorstand Martin Seiler.
Sind die Streiks noch verhältnismäßig?
„Die angekündigten Streiks mögen alle rechtlich betrachtet verhältnismäßig sein“, sagt Tarifexperte
Hagen Lesch vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Doch die Bundesregierung müsse sich aus seiner Sicht langsam einmal die Frage stellen, ob sie noch angemessen seien und der Streik wirklich von den Gewerkschaften als letztes Mittel genutzt werde.
„Es ist ein Ärgernis, dass die Gewerkschaften ihr Streikrecht überstrapazieren und Reisende sowie Pendler jetzt im Verkehrssektor permanent unter den Störungen leiden“, sagt Lesch. Schließlich sei die GDL nicht die einzige Gewerkschaft, die streike – hinzu käme zum Beispiel die Lufthansa, wo Verdi den nächsten Streik für Donnerstag und Freitag angekündigt hat.
Wie sieht der Notfallfahrplan aus?
Das ist noch nicht ganz klar. Die Bahn spricht von Millionen Betroffenen und will – wie beim letzten Streik – ein Grundangebot für den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr aufrechterhalten. Um möglichst viele Menschen an ihr Ziel zu bringen, wird die DB im Fernverkehr längere Züge mit mehr Sitzplätzen einsetzen. Da das Angebot aber nur beschränkt sei, rät das Unternehmen, frühzeitig einen Sitzplatz zu reservieren. Im Regionalverkehr wird es ebenfalls ein Grundangebot geben – wie umfangreich es sein wird, unterscheidet sich von Region zu Region. Reisende sollten am besten 24 Stunden vor Fahrtantritt überprüfen, ob ihre Verbindung ausfällt.
Welche Rechte gelten für Fahrgäste?
Wer bis zum einschließlich 4. März eine Reise für den 7. bis 8. März gebucht hatte und sie nun wegen des Streiks verschieben muss, kann das Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Es gilt dann immer noch für die Fahrt zum ursprünglichen Ziel – auch, wenn die Streckenführung eine andere sein sollte. Die Zugbindung ist laut DB aufgehoben. Sitzplätze kann man kostenfrei stornieren. Besonders kulant ist die Bahn mit Fahrgästen im Fernverkehr: Sie dürfen ihre Reise vorverlegen und ab sofort fahren.
Was sagt der Fahrgastverband Pro Bahn zu den Lokführerstreiks?
Claus Weselskys Ankündigung sei ein Schlag ins Gesicht für alle Reisenden, sagt Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. Der GDL-Chef lasse sie mit den Wellenstreiks ohne Ankündigung ins offene Messer laufen. „Die Politik sollte jetzt eingreifen. So geht das nicht weiter“, stellte Neuß fest. Er habe lange Verständnis gehabt, aber dieses Verhalten sei für die Fahrgäste nicht mehr nachvollziehbar.