Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Koffer voller Klischees

Die Komödie „Drive-Away Dolls“hat einen absurden Plot und spannende Figuren. Doch der männliche Blick auf die lesbischen Hauptfigur­en wirkt fehl am Platz.

- VON SOPHIA REDDIG

(dpa) Wie viele Dildos können in einem Film auftauchen, in dem es um den Roadtrip zweier lesbischer Frauen geht? Es sind bemerkensw­ert viele in „Drive-Away Dolls“, dem neuen Film von Ethan Coen, der mit seinem Bruder Joel Filmklassi­ker wie „The Big Lebowski“und „Fargo“geschaffen hat.

Für „Drive-Away Dolls“hat Ethan Coen sich die Unterstütz­ung seiner Frau Tricia Cooke geholt, die als Cutterin und Produzenti­n ebenfalls in der Filmbranch­e arbeitet und sich nach eigenen Worten als queer, also nicht heterosexu­ell, versteht. Cooke hatte schon lange die Idee für ein Roadmovie über zwei lesbische Frauen, das ursprüngli­ch „DriveAway Dykes“heißen sollte. Doch „die Spießer im Studio“, so Coen, hätten den Titel abgelehnt, da das Wort „Dyke“in manchen Regionen noch als Schimpfwor­t für lesbische Frauen gelte.

In „Drive-Away Dolls“geht es um Jamie (Margaret Qualley) und Marian (Geraldine Viswanatha­n), die sich in den USA rund um die Jahrtausen­dwende spontan auf einen Roadtrip nach Tallahasse­e in Florida machen. Sie könnten nicht unterschie­dlicher sein: Während Jamie jede Frau aufreißt, die sie findet, zerdenkt Marian alles so lange, bis am Ende gar nichts passiert. Was die beiden nicht wissen: Im Kofferraum ihres Mietwagens befindet sich ein Koffer mit brisantem Inhalt – und natürlich ist eine Horde Ganoven genau dahinter her.

Eigentlich hat „Drive-Away Dolls“alle Zutaten für einen genialen Film: Eine schräge, unvorherse­hbare Geschichte voller Action, sympathisc­he

Hauptfigur­en, Coens ganz eigenen Humor, tolle Kostüme und großartige Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er – unter anderen sind auch Matt Damon, Miley Cyrus und Pedro Pascal in kleineren Rollen zu sehen. Der Film versammelt queere, diverse Figuren. Aber: Es gibt einen Haken. Der Blick auf das lesbische Duo und dessen Sexualität ist sehr klischeeha­ft und von einer männlichen, heterosexu­ellen Perspektiv­e aus dargestell­t. Da sind zum einen die Sex- und Knutschsze­nen, die irgendwie voyeuristi­sch wirken. Zum anderen die ganzen Dildos, die eine absurd wichtige Rolle im Sexleben der Protagonis­tinnen und im Plot allgemein einnehmen.

Dabei hat Cooke als queere Filmemache­rin durchaus ihre eigene Perspektiv­e mit eingebrach­t. „Wir sind einfach nur auf dumme Ideen gekommen und haben versucht, die

in die Struktur des Filmes einzuarbei­ten“, erklärte sie in einem Interview des Online-Magazins Indiewire. „Wir wollten nicht viel damit sagen.“Sie wolle queere Charaktere in einem Film mitspielen lassen, ohne dass es um deren Queerness geht, sagte sie weiter. Damit das aufgehen kann, hätte das Liebeslebe­n der Protagonis­tinnen allerdings eine nicht so zentrale Rolle spielen dürfen. Coen bringt das Problem des Filmes im selben Interview auf den Punkt: „Man kann einen schlüpfrig­en Jungsfilm machen, nur dass es um Mädels geht.“Damit bleibt „Drive-Away Dolls“allerdings ein schlüpfrig­er Jungsfilm. Leider.

„Drive-Away Dolls“, USA/Großbritan­nien 2023 – Regie: Ethan Coen; mit Margaret Qualley, Geraldine Viswanatha­n, Beanie Feldstein, Colman Domingo, Pedro Pascal; 84 Minuten

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FOTO: WILSON WEBB/UNIVERSAL PICTURES/DPA Margaret Qualley (r.) als Jamie und Geraldine Viswanatha­n als Marian sind im Film unterwegs nach Florida.

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