Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mit Turbo in den neuen Job
Im Gare du Neuss unterzeichneten Vertreter aus Verwaltung, Jobcenter, Agentur für Arbeit, IHK, Handwerk und Gewerkschaft eine gemeinsame Erklärung, aus der Ukraine Geflüchtete schneller in Jobs zu bringen. Woran das bisher oft scheiterte.
Im Rhein-Kreis Neuss sind beim Jobcenter 2248 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine gemeldet. 785 davon (35%) sind arbeitslos, 559 (25%) lernen Deutsch in Integrationskursen, nur 436 (19%) sind erwerbstätig, in Ausbildung oder besuchen eine Schule. Weitere 468 (21%) sind sonstige Nicht-Arbeitslose. Um mehr geflüchtete Menschen aus der Ukraine in Arbeit zu bringen, wurde am Mittwoch im Gare du Neuss die gemeinsame Erklärung „Wir setzen auf Integration – denn Arbeit lohnt sich“unterzeichnet.
Sie bezieht sich auf den RheinKreis Neuss und die Stadt Mönchengladbach. Neben dem RheinKreis und der Vitusstadt sind daran
„Die Arbeitgeber suchen händeringend Arbeitsund Fachkräfte; der Arbeitsmarkt ist auf vielfältige Weise aufnahmefähig“Erklärung von Interessensverbänden
auch die Jobcenter Rhein-Kreis und Mönchengladbach, die Agentur für Arbeit Mönchengladbach, die IHK Mittlerer Niederrhein, beide Kreishandwerkerschaften sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund beteiligt. „Wir brauchen überall Menschen, die anpacken“, brachte es Landrat Hans-Jürgen Petrauschke auf den Punkt. Das Papier mit allen Unterschriften solle nicht direkt ins Archiv wandern, sondern mit Leben gefüllt werden.
Als vor zwei Jahren „der Aggressor Putin die Ukraine überfallen“habe, konnte sich niemand vorstellen, wie viele Flüchtlinge hierher an den Rhein kommen und bleiben. In den vergangenen Jahren habe man mehr auf Sprachkurse gesetzt und weniger auf Arbeit. Das solle sich jetzt ändern. „Mit Turbo in den Job“, nannte Sabine Hustedt, Geschäftsführerin am Jobcenter Rhein-Kreis, die neue Devise. Nach zwei Jahren in Deutschland seien die Geflüchteten sprachlich schon gut aufgestellt. Man könne auch am Arbeitsplatz integriert weiter Deutsch lernen.
In der gemeinsamen Erklärung wird diese heutige Situation beschrieben: „Die humanitäre Versorgung der geflüchteten Menschen, insbesondere mit Unterkunft und Geldleistungen zum Lebensunterhalt,
war zunächst unser vorrangiges Ziel.“Ebenso wichtig sei es gewesen, den Geflüchteten zu helfen, sich im fremden Land zurechtzufinden und Sprachkenntnis zu erwerben. Inzwischen sei diese Phase durchlaufen, grundlegende Deutschkenntnisse hätten erworben werden können. „Gemeinsam geht es uns darum, den Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt in unserer Region Perspektiven für eine erfolgreiche Integration zu eröffnen. Die Arbeitgeber suchen händeringend Arbeits- und Fachkräfte; der Arbeitsmarkt ist auf vielfältige Weise aufnahmefähig.“Diese Chance wollen die Unterzeichner gemeinsam nutzen – zum Wohle der geflüchteten Menschen, aber auch zur Deckung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs in der Region. Das Papier spricht von einer Win-Win-Situation für Geflüchtete und Arbeitsgeber.
Dazu wollen die Unterzeichner „ihr bewährt gutes Zusammenspiel“darauf ausrichten, ihre Unterstützungsinstrumente aufeinander abzustimmen und zu verzahnen. Alle nutzten ihre jeweiligen Fördermöglichkeiten, Netzwerke, Gremien und Ressourcen. So wollen die Kreishandwerkerschaften, die IHK Mittlerer Niederrhein und der Gewerkschaftsbund bei Arbeitgebern verstärkt für die Einstellung Geflüchteter werben, auch wenn diese noch nicht über gute Deutschkenntnisse verfügen. Die Unterzeichner weisen aber auch auf Hürden hin, die sie nicht direkt beeinflussen können. Dazu zählen die Dauer der Anerkennungsverfahren, fehlende Kinderbetreuungsplätze oder passende Sprachkursangebote.
Der Ort der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung in der „Kapelle“vom Gare du Neuss war mit Bedacht gewählt worden. Im großen Saal fand gleichzeitig eine Jobmesse „Mit dem Turbo in den neuen Job“statt. An 50 Ständen präsentierten sich vor allem verschiedene Unternehmen und Einrichtungen, darunter Personaldienstleister, Speditionen, Pflegedienste, Gartenbauer, Caterer, aber auch ein chemisches Unternehmen oder ein Gerüstbauer. Rainer Imkamp, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Mönchengladbach, fand in dieser Berufsmesse den richtigen Anlass und Ort, eine solche Erklärung als ein starkes Signal im Agenturbezirk zu unterzeichnen.