Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Apfelblüten in Gefahr
Die anhaltend milden Temperaturen haben die Obstbäume früher als sonst austreiben lassen. Eine Kältephase könnte sie nun schädigen. Und weil die Böden so stark durchnässt sind, kommen die Landwirte erst viel später auf ihre Felder als üblich.
Meistens freuen sich die Landwirte über Regen, in diesem Frühjahr aber wünschen sich alle eine Trockenphase. Vor allem schwere, lehmige Böden sind teils durchnässt und können immer noch nicht mit schweren Traktoren befahren werden. „Mit der Pflanzung von Kartoffeln sind viele Bauern daher zwei bis drei Wochen in Verzug“, sagt Saskia Wietmann, Sprecherin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Ob sich das auf die Ernte auswirke, lasse sich noch nicht sagen, weil es vom weiteren Pflanzenwachstum und der Witterung abhänge. Zudem gebe es regionale Unterschiede, sandige Böden könnten beispielsweise schon gedüngt werden. Es sei aber davon auszugehen, so Wietmann, dass die meisten Landwirte in den nächsten Tagen wieder auf ihre Felder könnten.
Probleme könnte auch der im Herbst ausgebrachte Winterweizen bereiten, weil er wegen der anhaltenden Niederschläge und daraus resultierenden durchfeuchteten Böden nicht so tiefe Wurzeln entwickelt hat. Bleibt es nun länger trocken, bekommt der Weizen nicht mehr genug Wasser. „Eine ausgedehnte Trockenphase ist daher auch nicht ideal“, sagt Wietmann. Optimal für die Landwirtschaft wäre eine Trockenperiode bis Anfang, Mitte April, danach dürfte es wieder regnen. Ansonsten könnte das Pflanzenwachstum zu sehr gestört werden.
Nur bedingt hilfreich sind ebenfalls die für die Jahreszeit zu milden Temperaturen. Potenziell vermehren sich dadurch Schädlinge wie beispielsweise Läuse stärker, sagt Wietmann. Pflanzen könnten zudem leichter von Krankheitserregern befallen werden. Mit leichtem Frost bis minus zwei Grad Celsius würden die Pflanzen dagegen gut klarkommen, heikler werde es bei niedrigeren Werten im Bereich von minus fünf bis minus acht Grad Celsius und darunter.
Angst vor starkem Frost grassiert auch unter den Obst- und Gemüsebauern im Land. Der vergangene Monat war mit einer Durchschnittstemperatur von 6,6 Grad Celsius der wärmste Februar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881, oft knackten die Tageswerte sogar die Zehn-Grad-Marke. „Die
Vegetationsperiode hat zehn Tage früher begonnen als im vergangenen Jahr, viele Apfelbäume treiben schon aus“, sagt Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands Rheinischer Obstund Gemüsebauern. „Damit ist die Gefahr von Blütenfrost sehr groß.“
Bis weit in den Mai hinein muss hierzulande mit Frostphasen gerechnet werden. Knospen und
Triebe vertragen bis zu minus vier Grad Celsius, Blüten können schon bei null Grad absterben. Die einzig sinnvolle Präventionsmaßnahme bei Apfel- und Birnbäumen sei die Frostschutzberegnung, erklärt Muß. Dabei werden die Bäume bei Temperaturen unter einem Grad plus mit Wasser beregnet. Wenn das Wasser seinen Aggregatzustand von flüssig zu fest ändert, wird Kristallisationswärme
freigesetzt, und es bildet sich ein schützender Eispanzer um die Blüten.
Mittlerweile würden fast alle Obstbauern auf solche Beregnungsanlagen setzen, sagt Muß, und müssten damit in Frostphasen höhere Kosten stemmen. „Ob diese Kosten am Ende auf die Produkte umgelegt werden, hängt von der Ernte ab“, erklärt Muß. Verzichten könnten die Landwirte nicht auf die Beregnung, weil es sonst womöglich gar nichts zu ernten gebe. Kirsch-, Pflaumen- und Aprikosenbäume seien sogar noch gefährdeter, weil man sie selbst durch Beregnung nicht so gut schützen könne.
Die Blüteperioden hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten durch den Klimawandel auf jeden Fall immer weiter nach vorne verschoben. „Vor 30 Jahren habe ich Anfang Mai noch Fahrten zur Apfelblüte organisiert“, erzählt Muß. „Heute ist die Blüte zu dieser Zeit vorbei.“Die Gefahr von Blütenfrost sei damit groß. So fallen die Eisheiligen in diesem Jahr auf den 11. bis 15. Mai. Aktuell ist allerdings keine Frostperiode in Sicht – zumindest in den kommenden zehn Tagen bleibt es in NRW voraussichtlich ungewöhnlich mild.