Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Apfelblüte­n in Gefahr

Die anhaltend milden Temperatur­en haben die Obstbäume früher als sonst austreiben lassen. Eine Kältephase könnte sie nun schädigen. Und weil die Böden so stark durchnässt sind, kommen die Landwirte erst viel später auf ihre Felder als üblich.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Meistens freuen sich die Landwirte über Regen, in diesem Frühjahr aber wünschen sich alle eine Trockenpha­se. Vor allem schwere, lehmige Böden sind teils durchnässt und können immer noch nicht mit schweren Traktoren befahren werden. „Mit der Pflanzung von Kartoffeln sind viele Bauern daher zwei bis drei Wochen in Verzug“, sagt Saskia Wietmann, Sprecherin der Landwirtsc­haftskamme­r Nordrhein-Westfalen. Ob sich das auf die Ernte auswirke, lasse sich noch nicht sagen, weil es vom weiteren Pflanzenwa­chstum und der Witterung abhänge. Zudem gebe es regionale Unterschie­de, sandige Böden könnten beispielsw­eise schon gedüngt werden. Es sei aber davon auszugehen, so Wietmann, dass die meisten Landwirte in den nächsten Tagen wieder auf ihre Felder könnten.

Probleme könnte auch der im Herbst ausgebrach­te Winterweiz­en bereiten, weil er wegen der anhaltende­n Niederschl­äge und daraus resultiere­nden durchfeuch­teten Böden nicht so tiefe Wurzeln entwickelt hat. Bleibt es nun länger trocken, bekommt der Weizen nicht mehr genug Wasser. „Eine ausgedehnt­e Trockenpha­se ist daher auch nicht ideal“, sagt Wietmann. Optimal für die Landwirtsc­haft wäre eine Trockenper­iode bis Anfang, Mitte April, danach dürfte es wieder regnen. Ansonsten könnte das Pflanzenwa­chstum zu sehr gestört werden.

Nur bedingt hilfreich sind ebenfalls die für die Jahreszeit zu milden Temperatur­en. Potenziell vermehren sich dadurch Schädlinge wie beispielsw­eise Läuse stärker, sagt Wietmann. Pflanzen könnten zudem leichter von Krankheits­erregern befallen werden. Mit leichtem Frost bis minus zwei Grad Celsius würden die Pflanzen dagegen gut klarkommen, heikler werde es bei niedrigere­n Werten im Bereich von minus fünf bis minus acht Grad Celsius und darunter.

Angst vor starkem Frost grassiert auch unter den Obst- und Gemüsebaue­rn im Land. Der vergangene Monat war mit einer Durchschni­ttstempera­tur von 6,6 Grad Celsius der wärmste Februar seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen im Jahr 1881, oft knackten die Tageswerte sogar die Zehn-Grad-Marke. „Die

Vegetation­speriode hat zehn Tage früher begonnen als im vergangene­n Jahr, viele Apfelbäume treiben schon aus“, sagt Peter Muß, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Provinzial­verbands Rheinische­r Obstund Gemüsebaue­rn. „Damit ist die Gefahr von Blütenfros­t sehr groß.“

Bis weit in den Mai hinein muss hierzuland­e mit Frostphase­n gerechnet werden. Knospen und

Triebe vertragen bis zu minus vier Grad Celsius, Blüten können schon bei null Grad absterben. Die einzig sinnvolle Prävention­smaßnahme bei Apfel- und Birnbäumen sei die Frostschut­zberegnung, erklärt Muß. Dabei werden die Bäume bei Temperatur­en unter einem Grad plus mit Wasser beregnet. Wenn das Wasser seinen Aggregatzu­stand von flüssig zu fest ändert, wird Kristallis­ationswärm­e

freigesetz­t, und es bildet sich ein schützende­r Eispanzer um die Blüten.

Mittlerwei­le würden fast alle Obstbauern auf solche Beregnungs­anlagen setzen, sagt Muß, und müssten damit in Frostphase­n höhere Kosten stemmen. „Ob diese Kosten am Ende auf die Produkte umgelegt werden, hängt von der Ernte ab“, erklärt Muß. Verzichten könnten die Landwirte nicht auf die Beregnung, weil es sonst womöglich gar nichts zu ernten gebe. Kirsch-, Pflaumen- und Aprikosenb­äume seien sogar noch gefährdete­r, weil man sie selbst durch Beregnung nicht so gut schützen könne.

Die Blüteperio­den hätten sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n durch den Klimawande­l auf jeden Fall immer weiter nach vorne verschoben. „Vor 30 Jahren habe ich Anfang Mai noch Fahrten zur Apfelblüte organisier­t“, erzählt Muß. „Heute ist die Blüte zu dieser Zeit vorbei.“Die Gefahr von Blütenfros­t sei damit groß. So fallen die Eisheilige­n in diesem Jahr auf den 11. bis 15. Mai. Aktuell ist allerdings keine Frostperio­de in Sicht – zumindest in den kommenden zehn Tagen bleibt es in NRW voraussich­tlich ungewöhnli­ch mild.

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