Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ermittler unter Mordverdac­ht

Die Konstellat­ion ist nicht mehr neu, aber der „Fall „Dein Verlust“dennoch ein „Tatort“-Juwel.

- VONATOBIAS­AJOCHHeIM

Er ist der vergessene vierte „Tatort“-Oldie: Neben den Grantlern Batic und Leitmayr, dem alten Ehepaar Ballauf und Schenk sowie der unkaputtba­ren Lena Odenthal hat noch jemand längst mehr als 50 verfilmte Fälle in der Akte: Moritz Eisner, der unterbewer­tete Oberstleut­nant beim österreich­ischen BKA.

Nach einem Vierteljah­rhundert feiert der Botschafte­r Österreich­s in Fernseh-Deutschlan­d am Sonntag seinen Sechzigste­n. Standesgem­äß mit Schokotort­e und Kerzen, Familie, Kolleginne­n und Kollegen, Lametta, Träubchen und geistigen Getränken aller Art. „Ich vertrag überhaupt nix mehr“, gesteht er in den frühen Morgenstun­den seiner Bibi Fellner, die im 33. gemeinsame­n Fall im Begriff ist, von der einst so ungeliebte­n Assistenti­n in eine völlig andere und sehr private Rolle aufzusteig­en. Völlig betrunken sei er, präziser: „Ich bin blunzenfet­t.“Sie daraufhin: Macht ja nix, der Ernstl und die Irene hätten ja auch zu viel getrunken und überhaupt.

Macht aber doch was. Denn die Halbwertsz­eit von Eisners „’S ist gerad’ schön so wie’s is’“geht gegen null. Völlig verkatert, verspätet, und neben sich stehend, stolpert er am nächsten Morgen ins „Miramar“. Ermordet wurde der Besitzer des Clubs: Ex-Jurist, kokainsüch­tig, lebte in wilder, offener Ehe mit einer stadtbekan­nten Scheidungs­anwältin. „Ein Lebemann“, gibt diese zu, mit Vorstrafen und allem Pipapo. Mehr Ermittlung­sansätze gab es selten.

Der Täter ist – wie nach zehn Minuten nicht anders zu erwarten –

noch unbekannt. Als Hauptverdä­chtiger rückt bald ein alter Bekannter in den Fokus: Moritz Eisner.

Nach einem gründliche­n Filmriss will der zwar glauben, dass er selbstrede­nd unschuldig ist – absolut sicher sein aber kann er sich eben nicht. Könnte er nicht vielleicht doch im Vollsuff den Clubbesitz­er erschossen haben, wenn dieser zuvor seine junge Tochter angebagger­t oder ihr Drogen angeboten hat? Der winzige Restzweife­l nagt an Eisner.

Nun ist „Ermittler unter Mordverdac­ht“im Jahr 2024 weniger revolution­äre Idee und mehr etablierte­s, ausgewachs­enes, fast schon ausgelutsc­htes Subgenre des Kriminalfi­lms. Aber dieser Film sticht aus

der Dutzendwar­e auf das Positivste hervor. Eisners Drang zu einem Freispruch erster Klasse durch reguläre Ausermittl­ung des Falls ist dafür eine notwendige, nicht aber hinreichen­de Bedingung: „Ich hab noch nie was einfach zu den Akten gelegt!“bellt er, als sein Chef ihm eine entspreche­nde Abkürzung des Dienstwegs nahelegt. Doch je verbissene­r Eisner nach entlastend­em Material in eigener Sache sucht, desto mehr Indizien gegen ihn türmen sich auf.

Zunächst ist er bloß verblüfft und verärgert, doch diese Contenance kann er nicht lange wahren. Es folgen Kontrollve­rlust in Zeitlupe, Selbstzwei­fel, irgendwann pure Panik.

Krassnitze­rs intensives, aber nie überdramat­isches Spiel macht den Albtraum großartig greifbar; Adele Neuhauser zeigt fast ebenso gut den Effekt der Ausnahmesi­tuation auf Bibi, die im Begriff ist, mit Eisner ihren Anker zu verlieren. Die Regisseuri­n Katharina Mückstein erzählt souverän, ohne Pathos oder Längen bis zum glänzenden Finale. Obendrein ist „Dein Verlust“in zeitgemäß schicke Bilder gefasst. Selten gut nicht nur für einen Sonntagskr­imi, sondern auch als Film überhaupt, ein Highlight mindestens dieses Jahres, wenn nicht der Reihe insgesamt.

„Tatort: Dein Verlust“, DAs ErstE, SonntAG, 20.15 UHr

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