Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Unterwegs im Kräutergar­ten

Eine der bekanntest­en Top-Managerinn­en Deutschlan­ds – Tina Müller – ist nun Chefin beim Naturkosme­tikherstel­ler Weleda.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Tina Müller ist in ihrem Element, denn schließlic­h gilt es, eine reichweite­nstarke Markeninsz­enierung unter dem Motto „Touched by Nature“zu starten, und der altgedient­en, 1921 gegründete­n Marke Weleda ein zeitgemäße­s Image zu verpassen. Da kommt die neue Vorstandsv­orsitzende zum Fototermin sogar selbst vorbei, wenn am Martin-Luther-Platz zum Auftakt der Kampagne für die Premium-Linie ein XXL-Riesenpost­er mit viel Natur, viel Haut und einem innig umschlunge­nen Paar enthüllt wird. „Sieht doch gut aus, oder?“, fragt Tina Müller zufrieden in die Runde der Journalist­en.

Mit Marken kennt sich die Marketinge­xpertin bestens aus. Bei Henkel hat sie mit Syoss eine der erfolgreic­hsten Linien erfunden. Mit einem Vorstandsp­osten beim Autoherste­ller Opel hat sie versucht, sich auch jenseits ihrer angestammt­en Kosmetikbr­anche zu etablieren – und dort den berühmt gewordenen Werbesloga­n „Umparken im Kopf“erfunden. Inzwischen parkt die 55-Jährige selber mal wieder um, denkt nicht nur neu, sondern pendelt zwischen den Wohnorten – Düsseldorf („die Stadt liegt mir am Herzen, hier lebt auch meine 90-jährige Mutter“) und Arlesheim bei Basel. Dort in der Schweiz ist seit jeher der Stammsitz der Weleda-Unternehme­nsgruppe, die anthroposo­phische Arznei- und KosmetikAr­tikel produziert.

Rund 800 Kräuter und Heilpflanz­en, Beifuß und Brunnenkre­sse, Rosmarin und Ranunkeln sind jetzt Tina Müllers Ding. Sie spricht von

Biodiversi­tät und natürliche­n Böden, der „Haut der Erde“. Wie sie erzählt, war ein Rundgang im Heilpflanz­engarten des Naturkosme­tikherstel­lers in Schwäbisch-Gmünd ausschlagg­ebend dafür, dass sie andere Angebote abgelehnt und sich für den Posten bei den Schweizern entschiede­n hat. Dabei sind diese deutlich eine Nummer kleiner im Vergleich zum letzten Arbeitgebe­r: Die Parfümerie­kette Douglas ein Milliarden­konzern mit Börsenplän­en, mit gut 18.000 Beschäftig­ten und einem Umsatz zuletzt von 4,1 Milliarden Euro. Weleda dagegen setzte 2023 rund 434 Millionen Euro um und beschäftig­te 2500 Mitarbeite­r.

Doch das kümmert die Neue auf dem Chefposten wenig. Sie sieht vielmehr den „Purpose“, den Sinn und Zweck des Unternehme­ns, Produkte in Einklang mit der Natur anzubieten. Außerdem: Naturkosme­tik liege im Trend und biete viel Potenzial für noch mehr Wachstum mit innovative­n Produkten. Vor allem in der Gesichtspf­lege, ein Segment, das in den vergangene­n Jahren überpropor­tional gewachsen sei. Wer sie kennt, weiß, dass sie den Turbolader einschalte­t, die Marke aufpoliert, weltweit expandiert (insbesonde­re in den USA, England oder Osteuropa), Digitalisi­erung und Online-Handel

vorantreib­t. Ihr Ziel: Bis 2030 soll sich der Umsatz von heute verdoppelt haben. Gewinnbrin­gend managen stehe dabei nicht im Widerspruc­h zu anthroposo­phischen Grundsätze­n, meint die Hobbygärtn­erin aus Leidenscha­ft lakonisch.

Damit der Plan aufgeht, setzt die Vorstandsv­orsitzende verstärkt auf jüngere Zielgruppe­n, die auf Naturkosme­tik stehen und auf Social Media Kanälen unterwegs sind. Mit rund 223.000 Followerin gehört Tina Müller selbst bundesweit zu den erfolgreic­hsten Business Influencer­in bei Linked-in. Und sie nutzt ihre Reichweite, postet aus dem Naturgarte­n oder berichtet vom viralen Erfolg eines Rosmarin-Haar-Tonikums: So entdeckte, nachdem eine Influencer­in das Haarwasser auf Tiktok bekannt gemacht hat, die so genannte Generation Z den Klassiker, der Absatz explodiert­e und das Produkt war ausverkauf­t. Denn der Rohstoff Rosmarin müsse zunächst angepflanz­t werden und erntereif wachsen, heißt es. Das dauert - ist eben Natur.

Tina Müller ist vielbeschä­ftigt: Parallel zu ihrem Job ist sie Mitglied im Aufsichtsr­at des Discounter­s Aldi Nord. Auf unterschie­dlichsten Plattforme­n tritt sie leidenscha­ftlich für Frauen in Führungspo­sitionen ein und engagiert sich als „Business Angel“für Start-ups. So ist sie bei den Düsseldorf­er Dermanosti­c-Gründerinn­en Estefania Lang und Alice Martin eingestieg­en (Dermanosti­c bezeichnet sich als „Hausarzt per App“). In der Landeshaup­tstadt sucht die umtriebige Managerin auch nach einem geeignetem Ladenlokal für den ersten Weleda-Spa in Nordrhein-Westfalen.

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RP-FOTO: A. BRETZ In Düsseldorf wirbt nun ein überdimens­ionales Plakat für den Naturkosme­tik-Hersteller Weleda. Chefin Tina Müller war bei der Enthüllung selbst dabei.

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