Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Fall Schulz – milde Strafen für Angeklagte
Die ideell geschädigte Bank hat materiell an dem 36-fachen Betrug der beiden Angeklagten sehr gut verdient, betonte die vorsitzende Richterin der vierten großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht bei der Urteilsverkündung.
Es schien der vielleicht größte Fall von Wirtschaftskriminalität in der Stadtgeschichte zu werden. Krefelder Unternehmer sollen dem legendären US-amerikanischen Investment-Guru Warren Buffett die Wilhelm Schulz GmbH mit Töchtern in den USA zu einem völlig überteuerten Preis verkauft und dafür die Bücher geschönt haben. 800 Millionen Euro inklusive aller Verbindlichkeiten soll die Precision Castparts Corporation (PCC) als Teil von Buffetts Berkshire Hathaway angeblich gezahlt haben. 653 Millionen Euro zu viel. Diese Ansicht vertrat zumindest die US-Justiz. Eine entsprechende Strafanzeige wegen Bilanz- und Urkundenfälschung sowie Betrugs ging auch in Deutschland bei den Strafverfolgungsbehörden ein.
Aus dem vermeintlichen Wirtschaftskrimi wurde nichts. Ein Betrug beim Verkauf vermochte die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Düsseldorf nicht zu erkennen. Übrig blieb eine Anklage wegen 36-fachen Betrugs zu Lasten einer FactoringBank in Deutschland. Materiell geschädigt wurde aber auch die besagte Bank nicht. Im Gegenteil: Sie verdiente an den einbehaltenen Provisionen für nicht existente Forderungen sehr gut. Direkt nach dem Firmenverkauf sei der Schaden nämlich vollständig beglichen worden, referierten Staatsanwalt, Richterin und Strafverteidiger übereinstimmend.
Beide Angeklagte hätten stets vorgehabt, den auf betrügerische Art erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Die Bank selbst habe im Übrigen darauf verzichtet, Stichproben zu machen oder sich bei den angeblichen Schuldnern der Wilhelm Schulz GmbH über die Richtigkeit von deren Forderungen zu überzeugen. Im Einzelnen waren es 48 Forderungen über eine Gesamtsumme von mehr als 20 Millionen Euro. 40 Forderungen über zusammen etwa 15 Millionen Euro kamen zur Auszahlung. Bei den acht Forderung blieb es beim Versuch eines Betrugs. Die mit dem Betrug einhergehenden Urkundenfälschungen fielen bei der Bemessung des Strafmaßes nicht ins Gewicht. Die Bank soll darüber hinaus über die Verkaufspläne an PCC unterrichtet gewesen sein
und zweifelte offenbar nicht daran, ihr Geld zu erhalten. Schließlich dauerte die Geschäftsbeziehung mit der Wilhelm Schulz GmbH zum Tatzeitpunkt bereits 15 Jahre an.
Die Vorsitzende Richtern der vierten großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Krefeld verwies in ihrer Urteilsbegründung auch auf andere strafmildernde Umstände – nicht vorbestraft, gute Sozialprognose, lange Verfahrensdauer. Im so genannten Rechtsgespräch hatten sich Gericht, Staatsanwaltschaft, Strafverteidiger und Angeklagte im Vorfeld mehr oder weniger auf einen Strafrahmen verständigt.
Voraussetzung für eine Art Vergleich war ein glaubhaftes und
deutliches Geständnis der beiden Beschuldigten im Alter von 48 und 52 Jahren. „Ja, unsere Mandanten haben Mitarbeiter angewiesen, nicht existente Forderungen gegen Kunden in das Datenerfassungsprogramm der Factoring-Bank einzutragen“, erklärten die Strafverteidiger dann unmissverständlich auf Drängen der Richterin.
In den Jahren zwischen den Betrugsfällen in der Zeitspanne Februar 2016 bis Januar 2017, dem anschließenden Verkauf der Firmengruppe, der Strafanzeige samt Ermittlungen und der Eröffnung des Hauptverfahrens habe eine große Belastung auf die Angeklagten und deren Familien gelegen. So gab es
am Ende ein einvernehmliches Urteil mit 18 Monaten Freiheitsstrafe zur Bewährung und der Zahlung von jeweils 25.000 Euro an die Staatskasse. Beide Verurteilte sind damit vorbestraft und dürfen außerdem keine Tätigkeit als Geschäftsführer ausüben.
Am Ende ging es dann ganz schnell. Erst am 6, März dieses Jahres hatte das Gericht entschieden, das Verfahren zu eröffnen. Schon am 11. März wurde verhandelt, ohne die entsprechenden Ladungsfristen eingehalten zu haben. Da sich aber alle Parteien damit einverstanden erklärten, kam der Fall Schulz nach besagten rund sieben Jahren zu einem unspektakulären Abschluss.