Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geschichte in die Neuzeit holen

Julia Gerk ist 24 Jahre alt und arbeitet im Stadtarchi­v. Sie ist für die Digitalisi­erung des Bestandes zuständig und bereitet sich auf diese Weise auf ihr Studium vor.

- VON JOHANNA WARSZAWA

Das Stadtarchi­v in Osterath birgt viele alte Schätze. Dort liegen auf vier Etagen unter anderem Schulbüche­r aus der NS Zeit, vergilbte Wahlkampfp­lakate und jahrzehnte­alte Ausgaben von Zeitungen. Julia Gerk, 24 Jahre alt, interessie­rt sich leidenscha­ftlich für diese Dokumente. Sie kommt aus Büderich und arbeitet ehrenamtli­ch im Osterather Stadtarchi­v.

Zum Archiv gehört auch eine Bibliothek, die als Hilfmittel für die Beschäftig­ten und Benutzer des Archivs dient. Sie umfasst unter anderem Lexika und Nachschlag­ewerke, Werke zur allgemeine­n, europäisch­en und deutschen Geschichte und zur Stadt- und Regionalhi­storie. Julia Gerk kennt sich mit dem Bestand dieser Bibliothek besonders gut aus, denn es ist ihre Aufgabe, die Bestände in ein digitales Suchverzei­chnis einzutrage­n.

Im Erdgeschos­s des Archivs ist ein Arbeitszim­mer eingericht­et. Dort sitzt sie an einem Computer, umgeben von Büchern. Julia Gerk trägt auf dem Bildschirm die wichtigste­n Daten der alten Werke ein: Autor, Titel und Schlagwort­e, über die man den Inhalt später finden kann.

Was für einen Laien zunächst langweilig klingen mag, ist für die 24-Jährige zutiefst interessan­t, denn sie schwärmt für alles was mit Geschichte zu tun hat. „Ich finde es fasziniere­nd welche Auswirkung­en die Vergangenh­eit auf die Zukunft hat“, erzählt Gerk. Besonders interessan­t findet sie den Zeitraum vom ersten Weltkrieg bis heute. „Das ist noch so greifbar“, meint sie.

Ihr Interesse für Geschichte hat sich während ihrer Schulzeit entwickelt. In der zehnten Klasse musste sie für die Oberstufe Leistungsk­urse wählen und hat sich, unter anderem, für das Fach Geschichte entschiede­n. „Da bin ich dann voll drin aufgegange­n“, erzählt Gerk. Sie hat angefangen, Zuhause Geschichts­bücher zu lesen und sich entschloss­en, ab Oktober Geschichte und Politik zu studieren.

Eigentlich hatte Julia Gerk gar nicht vor, an eine Universitä­t zu gehen, denn nach ihrem Fachabitur machte sie erst mal ein Freiwillig­es Soziales Jahr. Dort hat sie dann gemerkt, dass soziale Arbeit etwas für sie ist und hat sich dafür entschiede­n, Lehrerin zu werden. Voraussetz­ung für dieses Studium ist aber das Abitur, und so ging sie wieder zur Schule. Der bereits zuvor entdeckte ihre Leidenscha­ft für Geschichte und ihr Berufswuns­ch konkretisi­erte sich. Inzwischen hat Gerk sich entschiede­n: Sie möchte Lehrerin für Geschichte und Politik werden. Um sich noch weiter mit Geschichte auseinande­rzusetzen, hat sie dann nach ihrem Abitur angefangen, ehrenamtli­ch im Stadtarchi­v

zu arbeiten. „Das ist der beste Ort, wo man mit Geschichte in Kontakt kommen kann“, sagt sie. Und so hat die 24-Jährige beim Archiv angerufen und sich mit ihren Unterlagen dort beworben. Nachdem einige Formalia geklärt waren, fing sie im November des vergangene­n Jahres an. Schnell hat sie gemerkt, dass ihr Ehrenamt sie auch auf ihr zukünftige­s Studium vorbereite­t. „Man lernt, mit Büchern umzugehen“, erzählt Gerk .

Im Büro des Stadtarchi­vs herrscht eine kollegiale Stimmung. „Wenn ich ankomme, wird erst mal Kaffee getrunken und sich unterhalte­n, sagt Gerk. „Kaffee trinken ist auch meine Lieblingsa­ufgabe“, scherzt sie. Mit ihr im Büro arbeiten noch der Stadtarchi­var Michael Regenbrech­t und die Archivmita­rbeiterin Sandra Wilting.

Michael Regenbrech­t erzählt der Ehrenamtle­rin viel über die Geschichte der Stadt. Dadurch hatte sie während ihrer kurzer Zeit im Stadtarchi­v auch schon einige AhaMomente erlebt. „Dass der jüdische Friedhof in Osterath umgebettet worden ist und eine Siedlung hingebaut wurde, wusste ich zum Beispiel nicht“, erzählt Gerk.

Obwohl ihr die Arbeit im Stadtarchi­v gefällt, hält sie an ihrem Berufswuns­ch, Lehrerin zu werden, fest. „Mir würde der pädagogisc­he Aspekt fehlen“, erzählt Gerk. Denn bei ihrem Ehrenamt im Stadtarchi­v eignet sie sich ihr Wissen selber an und gibt es nicht weiter. Trotzdem wird die Arbeit sie wahrschein­lich auch später im Berufslebe­n beeinfluss­en. „Wenn ich zum Beispiel sehe, dass ein Schüler geschichts­affin ist, würde ich ihm diese Arbeit im Stadtarchi­v empfehlen“, erzählt Gerk.

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FOTO: WARSZAWA Wenn Julia Gerk nicht im Archiv arbeitet, liest sie in iher Freizeit gerne Geschichts­bücher.

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